Gabea die Linguali - Kapitel 13.1

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Furchtbar früh trat die Linguali ihren Weg an

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Furchtbar früh trat die Linguali ihren Weg an. Ihr Nasikgefährte Bonsti war schon am Abend Richtung Giptos aufgebrochen, um ihrer Hoferzeugnisse zu verkaufen. Wie immer würde sie die nächsten Tage alleine verbringen, es war ein unausgesprochenes Gesetz zwischen ihnen. Callo, ihr Schäferhund, schloss sich ihr an, aber als sie den Kopf schüttelte und murmelte: „Heute nicht. Kümmere du dich um die Kühe, solange ich weg bin." Der Hund setzte sich und seine Ohren zuckten besorgt, doch er ließ sie ohne Kommentar ziehen.

Sie lief Richtung Berge. Giptos lag an den Ausläufern des Zinngebirges, aber Bonsti und sie hatten sich ein paar Stunden westlich in den etwas höheren Gebieten niedergelassen, um ihren Bauernhof zu bewirtschaften. Oft führten sie ihre Kühe in den Sommermonaten sogar bis hinauf in die Zinnen, weil dort das beste Futter zu finden war. Sie hatten sich eine Berghütte errichtet, die sie regelmäßig aufsuchten. Dorthin war sie unterwegs.

Der Weg stieg nur langsam an, aber stetig verlangte er mehr Kraft ab. Gegen Mittag erreichte sie den ersten Aussichtspunkt und schaute auf das grüne Tal, das sich unter ihr ausbreitete. Die Berge im Rücken atmete sie tief durch. Bisher hatte sie sich nur auf sich selbst konzentriert, einen Schritt vor den anderen gesetzt und sich kaum um ihre Umgebung gekümmert. Doch endlich öffnete sie sich der Schönheit um sich herum, die sie liebte und fürchtete.

Die höchsten Berge waren das gesamte Jahr über mit Schnee bedeckt, aber auf der Höhe, auf der sie sich befand, würden die weißen Flocken erst später fallen. Sie hörte das laute Gurgeln des kalten Gebirgsbachs, der in der Nähe mehrere Schritte in die Tiefe stürzte und sich dann einen etwas sanfteren Weg suchte. Weiter unten gab es kleine Becken, die sie nutzen, um sich abzukühlen, die Kleidung zu waschen und Trinkwasser zu holen.

Langsamer führte sie ihren Weg fort und erreichte endlich am späten Nachmittag erschöpft aber zufrieden die Hütte. Sie aß den Proviant und spazierte gleich zu ihrem eigentlichen Zielort. Hinter der Berghütte lag ein schroff abfallender Felsen, der die wackelige Behausung vor Wind und Wetter schützte. Auf der Seite fiel der Berg steil ab, aber Gabea wusste von einem schmalen Weg, den die Bergtiere nahmen, um zu einer versteckten Höhle zu gelangen. Dort fanden sie Zuflucht, wenn das Wetter einem doch einmal übel mitspielte. Bonsti kam nicht mehr hierher, weil der Ort zu viel Schmerz für ihn bedeutete. Aber sie hatte eine kleine Gedenkstätte errichtet, an die sie sich setzte, wann immer sie ihr Weg heraufführte. Sie zündete eine Kerze an und sprach zu ihrer Tochter, die sie vor einigen Jahren durch einen Unfall in der Höhle verloren hatte. Jenada war damals nur vier gewesen. Sie hatte die gleiche Gabe wie ihre Mutter und tollte gerne mit allen möglichen Wesen herum. In der Abgeschiedenheit hier oben, waren sie so weit weg von der sie bedrohenden Welt, dass sie ungestört ihre Kräfte benutzten. Im Einklang mit ihrem Umfeld genossen sie das Zusammensein mit den Bergtieren. 

Die Wölfe hatten Jenada immer am meisten fasziniert. An diesem verhängnisvollen Tag hatte Gabea ihre Tochter mit ihnen, wie schon so oft, alleine gelassen. Die Linguali konnte nach all der Zeit nicht mehr sagen, was sie damals fortgeführt hatte. Als sie zurückkam, saß nur der wartende Rudelsführer am Höhleneingang.

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt