Kapitel 76: Wut

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Ich öffnete die Tür zu Letizias Zelle und sie blickte mir lächelnd entgegen. Ich sah sie wutverzerrt an und sie schien nun etwas verwirrt. „25.03.2016", schrie ich sie schon fast an, „Sagt dir das Datum etwas?" Sie blickte noch immer verwirrt und zuckte jetzt so gut es geht die Schultern: „Das ist schon ein paar Jährchen her. Keine Ahnung, was da war... dein Achtzehnter Geburtstag?" Ohne es gemerkt zu haben hatte ich mein Messer hervorgeholt und zuckte mit meiner Hand im letztem Moment so zur Seite, dass es sich nicht in ihre Schulter bohrte. „Lass den Scheiß", mahnte ich sie, „beim nächsten Mal kann ich für nichts mehr garantieren." Ich zwang mich, meine geballten Hände zu entspannen. „Der Flughafen in Nordfinnland, Kittila. Fällt die dazu was ein?", sagte ich bewusst ruhig, auch wenn es echt Mühe kostete, nicht zu schreien. Sie sah mich an und nickte dann langsam, dann hellte sich ihr Gesicht plötzlich auf. „Ah, das war am ... an dem Datum, dass du genannt hattest. Da ist mal der Flughafen statt den Flugzeugen in die Luft geflogen", sagte sie jetzt und ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Diesmal zuckte meine Hand nicht zu Seite und das Messer bohrte sich tief in ihr Bein. Sie schrie auf und Tränen des Schmerzes liefen ihre Wange runter. „Zieh es raus, bitte. Ich sag dir, was du willst", flehte sie mich an. Nun, sie scheint Schmerz wahrlich nicht zu mögen. Nat hätte ihr nur androhen müssen, sie zu foltern, damit sie geredet hätte. „Sicher, dass du das willst?", fragte ich mit zuckersüßer Stimme, „Dann fängt es erst so richtig an zu bluten und wir wollen doch nicht, dass du zu viel Blut verlierst, oder?" Sie sah mich an und man konnte förmlich sehen, dass sie gerade einen inneren Konflikt führte. Offenbar wusste sie nicht, dass diese Verletzung keinesfalls tödlich enden kann, solange sie sich nicht infiziert. Sie schüttelte minimalistisch den Kopf: „Dann nicht. Bitte, hol einen Arzt oder so." Ich schnaubte nur kurz. „Dann lass mich wenigstens in Ruhe", fuhr sie fort. Wieder schnaubte ich nur. „Du meinst, so wie du mich in Ruhe gelassen hast?", fragte ich sie scharf, „Hm, vielleicht verdrehen wir mal die Rollen und du darfst durchmachen, was ich durchgemacht habe." „Nein", schluchzte sie panisch auf, „Dass darfst du nicht, dass ist gegen die Menschenrechte. Dafür gehst du ins Gefängnis." Unbewusst ballte ich meine Hand zur Faust und ließ meine Knöchel knacken. „Ach ja?", fragte ich höhnisch, „Ich gehe dafür ins Gefängnis. Und was ist mit dir, meine Liebe? Du darfst andere Foltern ohne Konsequenzen? Oder vielmehr foltern lassen, ich glaube kaum, dass du wirklich das Zeug dazu hättest, jemanden selbst zu foltern. Solange du mich folterst, war alles gut, oder? Die böse Marie hat deine Leute hinter Gittern gebracht, deine Leute, die auf deinen Befehl hin Tausende unschuldige getötet haben. Einen so bösen Menschen, der Mörder hinter Gitter bringt darf man ja wohl foltern, was soll daran schon falsch sein? Aber die Person, die die ganzen Terroristen beauftragt hat, die Rechte von Tausenden von Menschen zu hintergehen, die darf nicht gefoltert werden. Ist schließlich ihr Recht, dass ihr kein Leid zugefügt wird. Sag mal, wie krank im Hirn bist du eigentlich?!" Ich war ihr immer näher gekommen und blickte ihr nun direkt in die Augen, die ängstlich meinem Blick begegneten. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und meine Faust traf ihr Gesicht so heftig, dass es einmal komplett zur Seite flog und ihre Lippen aufplatzen und anfingen zu bluten. Erneut schrie sie auf, scheint sich jedoch nicht mehr zu trauen, etwas zu sagen. „Soll ich dir das ironischste an der ganzen Sache erzählen", fragte ich sie und wand mich wieder ab. Es kam keine Antwort und nachdem ich mein erstes Messer aus der Wand gezogen hatte wand ich mich wieder ihr zu. „Du hast das alles selbst zu verantworten", meinte ich und ein hämisches Grinsen zierte mein Gesicht, „Wenn du nicht den Flughafen in Kittila in die Luft gejagt hättest, hätte ich niemals Terroristen gejagt. Und viel interessanter..." Ich machte eine kurze Kunstpause und fuhr meine Flügel aus: „Dieses kleine Extra und die schnelle Heilung hätte ich auch nicht. Ich habe sie bekommen, als ich unter dem Schutt des Flughafens begraben war, und das zwei ganze Tage lang!" Ich stand wieder direkt vor mir uns sie probierte sich so klein zu machen, wie es ihr im Sitzen möglich war. „Findest du nicht auch, dass das ein schöner Zufall ist?", fragte ich sie. Stille. Stille, die dazu führt, dass ich mein eigenes Blut im Ohr rauschen hörte und meine Wut noch weiter anfachtete. Meine Hand bewegte sich blitzschnell und ich verpasste ihr eine Ohrfeige, die ihren Kopf erneut herumwarf und dafür sorgte, dass jetzt auch ihre Nase blutete. Sie wimmerte auf, anscheinend traut sie sich nicht mehr zu schreien. „Antworte mir, wenn ich dich etwas frage!", schrie ich und musste mich beherrschen, ihr nicht erneut eine zu knallen. Sie sah überall hin, außer mir ins Gesicht, als sie leise meinte: „Ich weiß nicht, wieso du deine Flügel und alles andere hast. Ich wusste nichts über dich, bis du meine Leute hinter Gitter gebracht hast. Ich hatte gesehen, dass mein Vater zu Unterlagen gesammelt hatte für den Tag und den Flughafen und habe ihm etwas Arbeit abgenommen. Ich wusste nichts von dir." Plötzlich war meine Wut verdampft und mit einem letztem Schnauben zog ich ihr das Messer aus dem Bein, wand ich mich ab und ging aus der Tür raus. Kaum schloss diese sich hinter mir brach ich zusammen und spürte, wie mir die warmen Tränen die Wange herunter liefen. Meine Flügel schlossen sich um mich, hüllten mich ein und schirmten mich vom Rest der Welt ab.

Black AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt