Kapitel 83: Fury

48 3 0
                                        

Nat ist zurückgefahren und so gerast, dass wir schon nach etwas mehr als einer Stunde wieder in die Garage des Towers fuhren. Sie hatte während der Fahrt kein Wort gesagt und ich hatte auch nicht nachgefragt, schließlich sollte sie sich, wenn sie mit 250 über den Highway fährt doch eher auf den Verkehr konzentrieren.

Jarvis begrüßte uns, kaum dass wir den Helm abgesetzt hatten, und bat uns zu Tony ins Büro zugehen. Wir begaben uns auf den Weg und ein angespannter Tony öffnete uns die Tür, kaum nachdem wir angeklopft hatten. Er deutete auf die Stühle und wir setzten uns. Er schob uns eine dicke Akte entgegen. Auf dem Deckblatt stand nur ein Name: Letizia Mor. Weder ich noch Nat bewegte sich. Tony seufzte. „Fury hat gemeint, dass er den Fall öffentlich machen will um der Welt zu zeigen, was die Avengers so gutes machen", erklärte er. Ich starrte ihn entgeistert an. „Was meinst du damit?", fragte ich barsch. Erneut seufzte er. „Ich habe Letizia und alles, was ich über sie herausgefunden habe an SHIELD übergeben, damit die sie wegsperren können. Fury hat das natürlich getan, will aber die Akte da", meinte er und deutete auf die Akte, die er uns zuvor rübergeschoben hat, „veröffentlichen und eine Pressesitzung abhalten, wo du nochmal erklären sollst, was sie dir angetan hat. Als Zeuge quasi." Ich soll bitte was?! Das kann doch nicht sein Ernst sein! Der verlangt doch nicht ernsthaft von mir, dass ich vor Kameras und Journalisten darüber spreche, wie ich gefoltert worden bin! Darüber habe ich ja noch nicht einmal mit Nat gesprochen! Eine Hand auf meinem Oberschenkel ließ mich die Wut zurückdrängen. „Nein", sagte ich bemüht ruhig, „Das mach ich nicht. Veröffentlicht meinetwegen diese Akte da, aber ich werde garantiert nicht über die Folter sprechen." Unbewusst hatte ich meine Hände zu Fäusten geballt und öffnete diese jetzt wieder als meine Freundin mit ihrer Hand darüber fuhr. „Ich habe Fury auch gesagt, dass das keine gute Idee ist, aber er ist so einfühlsam wie ein Stein und wenn ich das sage, will es was heißen", probierte Tony sich zu verteidigen, „Er hat darauf bestanden. Die Pressesitzung soll schon in zwei Stunden sein." Ich sprang auf und schlug mit meiner Faust auf den Tisch. Sowohl Tony wie auch Nat zuckten zusammen, aber dafür interessierte ich mich gerade nicht. „ER KANN MICH NICHT ZWINGEN!", rief ich aufgebrachte und stürmte aus dem Raum.

Ich öffnete die Tür und Wind blies mir entgegen. Die Geräusche der Stadt erklangen von weit unten und ich blickte über die Häuser, die sich bis zum Horizont erstreckten. Ich ging zum Rand des Daches und setzte mich hin. Meine Beine baumelten runter und ich beobachtete, wie die Menschen sich wie viele kleine Ameisen ihren Geschäft widmeten. Ich seufzte einmal tief und probierte die Stille zu genießen, die hier oben herrschte. Man hörte zwar immer noch was, aber dafür, dass wir uns mitten in New York befanden, war es erstaunlich leise. Zumindest solange, bis die Tür, die aufs Dach führte, aufging. „Ich werde nicht hingehen, Nat", sagte ich als sich mir die Schritte nährten. „Doch, ich glaube, das wirst du", erklang eine tiefe Stimme. Ich stand ruckartig auf und drehte mich um. Fury stand keine drei Schritte von mir entfernt. Sofort traf mich wieder die Wut. „Ach ja?", schnaubte ich höhnisch, „Und aus welchem Grund denkst du, dass du mir befehlen kannst vor der Kamera über Sachen zu reden, über die ich sonst mit niemandem rede?" Er kniff verärgert die Augen zusammen. „Manchen Leuten muss man zu ihrem Glück zwingen", meinte er dann nur. Wieder schnaubte ich. „Auch wenn die Leute nicht wollen, dass man ihnen zu ihrem Glück verhilft, weil es auf die Kosten einer Person geht, die ihnen nahe steht?", fragte ich provokant. Er sah mich genervt an: „Ich habe von dir geredet, nicht von den Avengers." „Ich weiß", entgegnete ich, „Aber du scheinst nicht zu wissen, dass du mir somit keineswegs helfen würdest." Nun sah er mich mit einem Blick an, der besagte, dass ich dumm bin und ich wusste sofort, dass er noch ein Ass im Ärmel hat.

„Ich dachte, dass es auch dir helfen würde, wenn Letizia eingesperrt bleibt, aber wenn es nicht so ist, sage ich die Pressekonferenz auch gerne wieder ab und sie kommt wieder frei", meinte er unschuldig. Ich sah ihn böse an. „Ihr habt die Akte, dass sollte doch wohl reichen zum Festnehmen", meinte ich, aber ein Hauch Angst schlich sich in meine Stimme. Hoffentlich hat er ihn nicht gehört. „Das tut sie nicht. Die Fakten könnten gefälscht sein. Ihr seid in einer Position, wo ihr dazu durchaus in der Lage wärt", erklärte er. „Klar", schnaubte ich, „Und alles im Internet ist auch von uns gefälscht und ich werde auf der Pressekonferenz lügen, weil mir ihr Kleidungsstil nicht gefällt und ich sie so nie wieder sehen muss." „Wenn du das so vor den Kameras sagst, kommt sie garantiert wieder frei, dann musst du auch gar nicht kommen", meinte er schulterzuckend. Ich sah ihn angespannt an, wägte die Möglichkeiten ab, dass sie wirklich freikommen könnte, wenn ich nicht auftauchte. Aber jede noch so geringe Möglichkeit, dass sie freikommen könnte, war zu groß für mich. „Na gut", fauchte ich, „Ich geh hin."

Black AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt