Kapitel 4: Zugeständnisse

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Ich hörte die Tür zugehen und wappnete mich innerlich für die folgenden Kommentare, als mich etwas oder vielmehr jemand am Flügel berührte. Ich zuckte vor Ekel zurück, den ich immer bekam, wenn jemand meine Flügel berührte. Nur an den oberen Seiten war es nicht so, was zum Kämpfen ziemlich praktisch war und eine weitere Ausnahme gab es auch noch. Ich ging in Angriffshaltung und wollte gerade einen giftigen Kommentar ausspucken an wen auch immer es ist, der mich berührt hat, als ich sah, dass es Nathaniel war. Ich entspannte mich etwas, war aber immer noch angespannt. Mein zweiter Flügel war rausgekommen und die anderen waren alle aufgesprungen. Laura kam rein und zog ihrem Sohn mit einem: "Entschuldigung, in dem Alter kann man sie nicht mal 10 Sekunden aus den Augen lassen" aus dem Zimmer. Wir setzten uns wieder an den Tisch. Die Russin, die meine weiterhin andauernde Anspannung bemerkte, fuhr mir leicht über den Flügel und ein wohliger Schauer überfiel mich. "Was war das denn?", fragte Clint bestürzt. "Es fühlt sich immer komisch an, wenn jemand meine Flügel berührt, irgendwie unangenehm und ekelerregend... ich kann es nicht genau beschreiben", probierte ich mich zu erklären. "Außer bei Nat, oder was?", kam die Gegenfrage von den Bogenschützen. Seinen Augen blieb auch gar nichts unbemerkt. Ich seufzte leicht und sah meine wunderschöne Freundin an. Sie war etwas rot angelaufen, was sie nur noch süßer machte und nickte mir zu. Na gut, Zeit für dir Wahrheit. "Außer bei ihr", nickte ich bestätigend. "Also seid ihr wirklich zusammen", fragte Tony ungläubig. Die Liebe meines Lebens nickte: "Ja, seit einem knappen Jahr" Clint schien nicht ganz so überrascht und murmelte etwas das nach "Wieso weiß Laura immer so Sachen" klang.

Nach dem Frühstück gingen Nat und ich hoch und sie bestand darauf nach meinen Verletzungen zu sehen. Mein Flügel verheilte nur verhältnismäßig langsam, sah aber soweit ganz ok aus. Als ich mein T-Shirt auszog und sie den Verband löste zog sie kurz die Luft ein: "Ich weiß ja, dass du schnell heilst, aber da sieht man gar nichts mehr", stieß sie erstaunt hervor. Ihre Finger fuhren so leicht über die Stelle, wo ich gestern noch verletzt war, unterhalb der Kette, die einen Engel aus schwarzem Bernstein zeigte, dass ich mir gar nicht sicher war, ob es nicht doch nur Einbildung war. "Ich habe dir gesagt, du musst dir deswegen keine Sorgen machen", erwiderte ich lediglich und wollte meinen Oberkörper etwas nach vorne beugen, um den Druck ihrer Finger zu erhöhen, als sie sie schon wieder zurückzog. "Und ich habe dir gesagt, dass ich mir immer Sorgen machen werde, wenn du verletzt bist", erwiderte sie mit angespannter Stimme. Ich blickte in ihre schönen, grünen Augen und lächelte sie leicht an: "Und dafür liebe ich dich nur noch mehr." Sie entspannte sich augenblicklich und küsste mich sanft auf die Lippen. Der Kuss wurde etwas tiefer und als ihre Zunge um Einlass bat gewährte ich in ihr. Ich ließ mich nach hinten aufs Bett fallen und zog sie mit mir, als ein Klopfen an der Tür uns unterbrach.

Die Rothaarige zog sich zurück und ich seufzte enttäuscht,bevor ich mir ein T-Shirt überzog. Vor der Tür stand Tony, der nach Worten zu suchen schien: "Du solltest... ähm... naja... Wir brauchen bald Infos", sagte er schließlich doch noch, wenn auch mit etwas schlechten Gewissen und sah mich an. Ich merkte, wie ich sofort alle Gefühle zurückdrängte, sorgsam hinter der Mauer verstaute und jegliche Mimik von meinem Gesicht verbannte. Dann setzte ich meine Maske auf, schenkte Tony ein kleines Lächeln und erwiderte, dass ich gleich gehen werde. Ich ging zu meiner Tasche und nahm eine Brille hervor, die ich immer mit dabei habe. Ein Freund aus meiner Kindheit, der sich gut in Technik auskannte, hatte sie für mich angefertigt. Sie nahm auf was ich sah, konnte Wahrscheinlichkeiten für Wahrheiten berechnen und außerdem selbst nach sinnvollen Erklärungen suchen, dass alles ohne Internet und war somit unhackbar, sofern man sie nicht direkt in der Hand hat. Sie war auf mein Gesicht gespeichert und funktionierte nur, wenn ich sie aufhatte oder einen Code eingab und ein weiteres Gesicht hinzuzufügen.

Nat sah mich an, als ich die Brille anzog und anfing vor mir in der Luft Sachen anzutippen, die nur ich sah. "Bist du dir sicher?", fragte sie mich zögerlich. Ich nickte nur, dann ging ich, ohne ein weiteres Wort zu sagen, in den Keller. Ich kann nicht riskieren, dass ich jetzt Gefühle zeige.

Black AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt