𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟛𝟟

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Robin holte Nia von der Schule ab.

Mit mulmigem Gefühl wartete er an dem Tor. Er hatte zum Glück früher frei, weil die letzten Stunden Sport ausgefallen waren.

Sie hatte ihn gestern Nacht noch angerufen und erzählt, was passiert war. Jedoch hatte sie ihn zusätzlich abermals belogen, indem sie ihm mitteilte, dass sie bei Kimmy zu Hause waren und es dann erst dazu kam, dass sie doch in den Club wollten.

Nia hatte ihm gesagt, wie sauer Dag wegen ihres Outfits war und das er seine neue Freundin, Schrägstrich alte Affäre, mit hatte, als er sie mit seinem Vater dort abgeholt hatte.

Von weitem sah er sie auf ihn zukommen. Sie lächelte sofort und kam angerannt, um ihm um den Hals zu fallen. »Mein Vater hat mich heut morgen hierhergebracht. Weißt du, wie peinlich das war?!« , sagte sie. »Ich kam mir vor, als wäre ich sechs.«

»Mein Vater schmeißt mich voll oft noch an der Schule raus.«

»Ja. Er schmeißt dich raus. Meiner hat mich fast bis ins Klassenzimmer gebracht.«

»Hast du denn viel Ärger bekommen?« , horchte er, weiterhin mit schlechtem Gewissen, nach.

»Na ja es geht. Ich glaube, nachdem ich gesehen habe, wie diese Trulla meinen Vater umarmt hat und er sie auch noch geküsst hat, wollte er kein weiteres Gespräch mehr mit mir, aus Angst er müsste mir davon mehr berichten.«

»Die sind also zusammen?«

Nia nickte. »Er wohnt auch bei ihr. Deswegen hat er sich nur noch draußen mit mir verabredet, statt das wir uns am Hotel getroffen haben.«

»Hmm. Weiß deine Mutter das?«

Nia zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Und ich weiß auch nicht, wie ich damit umgehen soll.« Sie hakte sich bei Robin ein. »Ich will keine Stiefmutter. Und erst Recht keine, die nur ein bisschen älter ist als ich. Nicht zu vergessen, das sie meine Familie kaputt gemacht hat und mir meinen Vater wegnimmt.«

»Also erstens müsste deine Eltern sich erst einmal scheiden lassen, damit er eine andere heiraten kann, aber ...«

»Meinst du, er wird sie heiraten?« , unterbrach sie ihn schockiert. »Ich will das nicht.«

»Ich weiß es nicht. Ich denke, es ist etwas früh, darüber nachzudenken.«

Nia öffnete ihr Fake-Profil auf Instagram und zeigte Robin das Profil ihres Vaters. »Guck ma' ab hier ungefähr, hat er sich mit ihr getroffen.« Sie scrollte durch die Bilder. »Ich hab' mir alles gestern nochmal angesehen. Er zeigt sich da voll ... ja keine Ahnung, so ... anders halt. Und dann hing er auch immer voll oft nachts im Studio und hat irgendwelche Songs geträllert und hochgeladen. Und hier die Bilder in Schweden. Die hat sie gemacht.«

»Was bringt dir das, wenn du jetzt Nachforschungen anstellst. Sie ist da, Nia.« , meinte Robin.

»Ja, aber guck mal, wie lange er gelogen hat. Und auch letztens, wo wir im Park waren. Da hätte er ja auch sagen können, dass er mit ihr zusammen ist.«

»Na ja manche halten Lügen wohl für richtig.«

Nia ging gar nicht darauf ein, obwohl Robin extra diese Vorlage rausgehauen hatte, mit der Hoffnung, sie würde wenigstens jetzt mit der Sprache herausrücken. »Meinst du, ich sollte mich mit ihr anfreunden?« , fragte sie stattdessen.

»Weil?«

»Ja, weil sie die Freundin von meinem Vater ist ... und ich ihn nicht verlieren will. Was ist, wenn sie plötzlich meint, er solle nur noch bei ihr bleiben und dann keine Zeit mehr für mich findet?«

»Ich denke nicht, das dein Vater ...«

»Wer weiß. Kimmys Onkel meldet sich auch nicht mehr bei ihrem Cousin. Der hat eine komplette neue Familie gegründet.«

»Heißt ja nicht, dass dein Vater auch so handeln wird. Und das Thema hatten wir bereits.«

»Ja, aber jetzt ist er mit ihr zusammen. Mein Vater hat eine Freundin. Weißt du, wie sich das anhört?« Sie blieb stehen und sah ihn an. »Falsch. Es hört sich sooooooo falsch an.«

Robin ging weiter. Er hatte eigentlich keine Lust, wieder mal über Dag und diese Frau zu sprechen. Denn es gab schließlich immer noch eine Sache, die ihn bedrückte. »Wer war denn gestern alles da?« , fragte er sie, nachdem sie ebenfalls weiterging.

»Wo?«

»Im Cheedos?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Hab nicht so drauf geachtet.«

»Ah.« , gab er von sich und zählte innerlich die nächste Lüge auf einen imaginären Block auf.

»Ich stand mehr in einer Ecke. Mich haben so besoffene Typen angesprochen. Das war so eklig.«

»Ah.« , gab er abermals von sich.

»Mein Kleid war durchsichtig, wegen des scheiß Lichts.«

»Freut mich.« , antwortete er schnippisch. »Ich wollte schon immer das Fremde wissen, wie du in Unterwäsche aussiehst.«

»Meinst du, mir hat das gefallen?«

»Na ja. Du bist mit dem Kleid auf die Straße gegangen.«

»Weil Kimmy ...«

»Und wenn Kimmy gesagt hätte, du sollst nackt gehen, wärst du dann im Evaskostüm gegangen?«

»Was ist das denn für ein idiotischer Vergleich?«

»Ja ich frag mich, wieso du überhaupt dahin gegangen bist ... oder hattest du einen bestimmten Grund?«

Nia sah Robin mit gerunzelter Stirn an. »Ich hatte keinen Grund. Warum fragst du?«

»Nichts. Ist gut.« Er steckte seine Hände in die Hosentaschen und ging einen Schritt schneller.

»Was hast du jetzt für ein Problem?« , fragte sie. »Weil ich doch weg war?«

»Vielleicht?! Vielleicht aber auch, weil ich schon vorher wusste, dass du es machst.«

»Was?«

»Ich hab euch gehört im Mäcces. Und du hast mir kackenddreist ins Gesicht gelogen.«

»Es tut mir leid. Ich ...« Ihre Miene veränderte sich, als sie es registrierte. »Du hast das meinem Vater gesagt?!«

»Du bist wegen Jenaro dahin.« , meinte er, statt darauf einzugehen, dass er sie verpetzt hatte.

»Ich bin nicht wegen Jenaro dahin. Zudem war er gar nicht da.« , meckerte sie ihn an. »Aber du ... du hast mich verpfiffen?! Was bist du bitte für ein Freund?!«

»Ich wollte dich gar nicht verpfeifen. Ich hab' mit mein'm Vater gesprochen und ...«

»Ach und das nennst du, nicht verpfeifen?! Stell dir mal vor, mein Vater wäre total ausgerastet.«

»Dann stell du dir mal vor, einer dieser Besoffenen hätte dich angepackt oder so. Oder dich abgefüllt. Was weiß ich. Du sagst ja zu allem ja und Amen, aus Angst nirgendwo dazuzugehören.«

Nia verpasste ihm eine Ohrfeige. »Du bist so ein Arschloch Robin.« Sie machte kehrt und ging in eine andere Richtung.

»Es tut mir leid.« , rief Robin ihr hinterher. Sie drehte sich nicht einmal um, doch er war zu stolz, ihr nachzurennen.

Nachdem er sah, dass sie abgebogen und somit außer Sichtweite war, ging auch er weiter und dachte nach, wer von beiden sich nun entschuldigen sollte.

Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt