Isabelle befand sich in dem großräumigen Badezimmer in Bens Villa. Sie trug eine weiße feine Hose mit goldenem korsettartigen Oberteil darauf.
Sie betrachtete sich im Spiegel, was aber nicht mit ihrem Outfit oder generell ihr Äußeres zu tun hatte. Im Grunde sah sie durch sich hindurch.
Sie hatte eigentlich vor, das, was sie hier tat, zu Hause zu machen, doch Nia hatte sich zeitgleich mit ihr fertig gemacht, für ihr Kino-Date mit Robin, und ließ sie zusätzlich nicht eine Minute alleine im heimischen Badezimmer.
Bei Çan wollte sie es danach durchführen, doch da schwirrte Ramona herum, die unbedingt nicht ohne Partner dort aufkreuzen wollte, und ihn schnell überredet bekommen hatte, ihr Begleiter zu sein.
Isabelle traute ihr zu, dass sie es irgendwie herausbekommen hätte, wenn sie an jenem Platz dazu gekommen wäre, um dann wie gewohnt zu tratschen und es Leuten mitzuteilen, die es gar nicht anzugehen hatte.
Hier bei Ben fand sie nun die Möglichkeit. Auch wenn es für sie ein seltsames Gefühl war, es bei ihm zu machen, aber hier hatte sie ihre Ruhe, denn er war mit geschäftlichem beschäftigt.
Die Zeit war schon längst um und doch traute sie sich nicht, weiterzumachen, sondern verharrte weiter in dieser Position, wo sie durch sich hindurchsah.
Die Anzeichen hatte sie bereits früh bemerkt, wollte sie dennoch nicht so recht wahrhaben.
Als sie nun zehn Tage überfällig war, nachdem ihre Periode sonst so pünktlich war, benötigte sie im Grunde diesen Test nur, um es anschaulich vor sich zu sehen. Sicher war sie sich dennoch jetzt schon.
Sie musste definitiv schwanger sein.
Sie schmulte zu dem Test rüber, der nicht weit entfernt von ihr lag und schloss dann doch die Augen.
Ihr wurde übel, was nicht mit ihrem eventuellen Zustand zusammenhing. Isabelle hatte Angst.
Mit weiterhin geschlossenen Augen atmete sie in kleinen Schritten ein und aus, griff blind nach dem Test und hielt diesen vor ihr Gesicht.
Sie wusste es doch bereits ... sie spürte es ... Langsam öffnete sie die Augen und zog die Lippen ein, als ihr die Tränen ziellos herausschossen.
Da war Freude ... aber auch so vieles mehr.
Was, wenn es noch mal passieren würde?
Was, wenn sie auch dieses Baby verlieren würde?
Wie sollte sie Dag das erzählen? Schließlich war es seins. Mit Ben schlief sie kaum. Sie vermied es, so gut, wie es nur ging und wenn machte sie den Seestern und hoffte innerlich, dass es schnell vorbeiginge. Zudem wurde, was das betrifft, mit einem Kondom verhütet. Was zwar nicht Hundertprozent sicher war, aber dennoch mehr als es bei ihr und Dag der Fall war.
Die angegebene Schwangerschaftswoche auf dem Test bestätigte darüber hinaus, dass es Dags Kind war. Denn kurz davor und danach gab es nichts mit Ben. Es blieb also nur Hamburg.
Sie unterdrückte ihr Schluchzen und fühlte sich mit sofortiger Wirkung verbunden mit dem Leben, das wohl in ihr heranwuchs, doch erstarrte bei dem Gedanken, dass wiederholt ein Unglück geschehen könnte ... und dieses Mal, wäre sie alleine mit allem.
Sie hatte Panik Dag davon zu erzählen, weil sie schlichtweg Angst hatte. Ihr war klar, dass er dann dem Kinde zuliebe bei ihr bleiben würde, doch sie wollte, das er von sich aus zu ihr kam und nicht wegen des Pflichtgefühls.
Sie wollte ihn wiederhaben.
Das war ihr mittlerweile mehr als ersichtlich und auch, dass sie ihm verzeihen musste ... wollte ... konnte.
Isabelle war sich darüber im Klaren, dass es eine schwere Zeit sein würde, und sie ihm vertrauen schenken musste, aber sie wollte es so sehr versuchen ... falls er dies genauso sah.
Sie sah wieder auf den Test in ihrer Hand. Isabelle wollte nicht, dass er aus den falschen Gründen bei ihr blieb. Wobei sie die Schwangerschaft an sich, nicht als falsch ansah. Sie freute sich.
Ihr ging es nicht darum, die Lücke zu schließen, die der Verlust der letzten Schwangerschaft hinterlassen hatte. Sie wusste in ihrem Herzen, dass sie immer um Rio trauern würde.
Es klopfte an der Türe. »Ich dachte, du bist fertig Isabelle?! Du bist jetzt schon eine gute halbe Stunde dadrin.« , hörte sie Ben sagen. »Ich hab noch eine kleine Überraschung für dich.«
»Ja. Sofort.« Sie rieb sich unter den Augen, nachdem sie den positiven Test blitzartig in ihrer kleinen Umhängetasche verschwinden ließ. »Mein Make-up.« , rief sie. »Ich bin mir aus Versehen über die Augen gegangen und versuche, das gerade zu richten.«
»Okay.« , sagte er nur und verschwand.
Isabelle rieb weiter, um die schwarzen Stellen, die sich durch ihr Weinen gebildet haben, zu mindern.
Sie musste mit Ben reden. Ihm klar machen, dass dies was sie hatten, zu nichts führte.
Und mit Dag musste sie ebenfalls ein Gespräch suchen. Nicht nur wegen des Kindes. Oder vielleicht doch nur deswegen? Sie tat ihm nicht gut. Sie hatte ihm mehr als wehgetan.
Möglicherweise war diese Trennung doch das Beste für beide ... zumindest für ihn.
Es wäre nicht richtig, nur weil sie ohne ihn nicht sein konnte, ihn an sie zu binden, und ihn würde es im Endeffekt nur schlechter statt besser gehen.
Nochmal kontrollierte sie ihr Augen Make-up.
Nun war sie erneut an einem Tiefpunkt angelangt. Hatte sie sich vorhin doch darüber gefreut, war der Gedanke an Dag weiterhin gebunden zu sein, ohne ihn bei sich zu haben, unerträglich. Nichtsdestotrotz wusste sie, dass sie in dem Fall nicht egoistisch denken konnte.
Dag hatte ein Anrecht darauf, glücklich zu sein.
Sie wollte ihn nicht kaputt machen. Schließlich hatte sie es bereits einmal unwillentlich getan.
Isabelle war lange emotional nicht verfügbar für ihn gewesen und hatte ihn damit zerstört.
Sie runzelte die Stirn.
Carla war für ihn da in dieser Zeit.
Das er schwach geworden war mal beiseitegestellt, aber ... sollte Isabelle im Endeffekt dieser Frau dankbar sein?
Wer weiß, was Dag in seiner Einsamkeit ... in seiner kalten Leere ... sonst noch als Ausweg gefunden hätte, wenn es sie nicht gegeben hätte.
Dieser Gedanke erschrak sie und unterstützte ihre These, das sie selbst Gift für ihn war.
Etwas, was sie nie für ihn sein wollte.
Sie sammelte sich abermals ... ein letzter Blick in den Spiegel und sie verließ den Raum.
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Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)
FanfictionBAND 3 »Ich will keinen Streit mit dir. Ich will das wir uns beide wie erwachsene Menschen verhalten und ...« »Ich verhalte mich erwachsen oder siehst du, das ich gerade kindisch bin?« , sprach Carla. »Ich weiß, das zwischen uns mehr ist und ich geb...