𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟜𝟜

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Dag stieg mit einem mulmigen Gefühl aus dem Uber aus.

Zuletzt, als er hier in Andis Bar gewesen war, war der Moment, als er zum letzten Mal mit Isabelle geschlafen hatte.

Er sah automatisch an dem Gebäude hinauf zur ersten Etage.

Damals hatte er das Gefühl gehabt, alles würde sich wieder zur Normalität wenden.

Carla stieg aus und folgte seinem Blick. »Ist es dort oben?«

»Was?« Irritiert sah er sie an. »Nein. Ich ... ich hab in jungen Jahren da oben gewohnt.« Damit log er im Grunde ja nicht.

Sie nahm seine Hand, die er locker hielt. Die Musik hörte man schon von draußen.

Er hatte keinem gesagt, dass er Carla mitbringen würde.

Gerade fühlte er sich wie jemand, der etwas Verbotenes zu einem geweihten Ort mitbrachte. Etwas, was gar nicht dorthin gehörte, aber irgendwie doch zu ihm.

Er atmete tief ein und ging dann voraus in den Hausflur.

»Gibt's hier keine Garderobe?« , fragte Carla und zeigte auf ihre Jacke.

»Komm her'.« Er nahm ihr das Kleidungsstück ab. »Die nehmen wir immer mit zu unseren Plätzen.«

»Wie seh' ich aus?« Sie stellte sich nochmal in verschiedene Posen.

Er lächelte. »Du siehst immer noch gut aus.«

Dag nahm die Klinke in die Hand und zog an der Türe. Die Musik wurde sofort lauter und es war rappelvoll. Carla ergriff erneut seine Hand und er ging postwendend mit ihr rechts an den Tresen.

Auf der Bühne konnte er bereits seine Tochter mit zwei Mädchen ausmachen. Er sah rüber zu dem Tisch, wo er sonst saß, und konnte Vincent sehen, sowie Katja und Robin. Dann erspähte er noch Marc, der sich gerade dazusetzte. Ebenso wie zwei Kumpaninnen von Katja, die er mal zufällig bei einer Feier getroffen hatte. Ramona befand sich ebenfalls am Tisch. Und mit dem Rücken ihm zugewandt, erkannte er noch eine Blondine mit einem Long-Bob-Haarschnitt.

Der Tisch war voll.

»Ist noch keiner da?« , fragte Carla, die sich auf einen Hocker setzte.

»Doch, aber ... meine Tochter steht schon auf der Bühne. Ich würde gerne alles mitbekommen, danach stell ich dich vor, okay?!« , sagte er. Was auch teilweise stimmte. Andererseits jedoch, war da dieses beklemmende Gefühl in ihm. Er lächelte ihr trotzdem zu, als er ihren Blick bemerkte, der nicht fröhlich darüber zu sein schien.

Er nahm auf dem anderen Hocker platz und erkannte jetzt erst, dass es die alten Sitzplätze waren, die er und Vincent immer eingenommen hatten, als sie Isabelle und die Band noch aus der Ferne beobachteten.

So viele Jahre später und nun sah er vom gleichen Platz seiner Tochter zu. Selbst wenn sie ihm so ähnlich war, äußerlich wie vom Charakter, konnte er jetzt auch die genauen Parallelen zu Isabelle erkennen.

Wie sie darauf achtete, dass jeder an seinem Instrument war. Wie sie nochmal alles checkte. Wie sie verlegen in die Runde sah, aber dennoch Selbstbewusstsein besaß, weil sie wusste, was sie konnte ... all das war Isabelle.

»Da werden Erinnerungen wach, wa'?« , ertönte Andis Stimme hinter ihm.

Dag drehte sich um und nickte. »Ja ein wenig.« Ihm fiel auf, dass Andi abgespeckt hatte. Vielleicht hatte er ja eine Diät begonnen?! Er sah zu Carla rüber, die ihm wiederholt einen vielsagenden Blick zuwarf. »Ehm, Andi ... das ist ... Carla.«

Sie reichte ihm die Hand, der etwas verloren ihre schüttelte. Natürlich wusste er über die Trennung Bescheid und auch das Dag jemand Neues an seiner Seite hatte. Doch das er sie mit herbringen würde, damit hätte Andi nicht gerechnet.

Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt