𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟚𝟙

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»Die Frage kann dir keiner beantworten.« , sagte Mara, als Isabelle nach einer Antwort bat, was sie denn nun am besten tun sollte.

»Ich liebe ihn.« , gab sie leise von sich.

»Dann hast du somit erstmal einen Ansatz.« , meinte sie. »Nennen wir es mal, eine Beziehungspause und lassen eure neuen Partner erst einmal beiseite.« , startete sie. »So eine Pause hilft, sich seinen Gefühlen nochmal klar zu werden. Du sagst, du liebst ihn, also hat sich daran nichts geändert.«

»Ich hab' Angst.« Isabelles Stimme blieb leise.

»Wovor?«

»Angst, dass wir in fünf Jahren oder so wieder am selben Punkt angelangt sind. Ob noch eine schlechte Phase oder die Realität widerspiegelt, dass ... dass wir uns nicht guttun.«

»Es gibt nie eine Garantie. Für niemanden.«

»Und wenn er wirklich nur ein Teil meiner Lebensgeschichte sein sollte, und nicht die komplette Gesamtheit?«

»Ich sag dir mal eins Isabelle. Niemand wird je deine komplette Gesamtheit sein, außer du alleine. Jeder, selbst deine Kinder, sind Teile deiner Lebensgeschichte. Aber jedes Teil, jede Person, in deinem Leben, macht dich zu deiner kompletten Gesamtheit. Ohne diese Teile, wärst du ... na ja, ... nichts.«

»Aber ohne ihn ...«

»Bleibt deine Gesamtheit, weil er sie mit Erinnerungen die dein Leben beeinflusst haben, gefüllt hat.«

»Und wenn ich mehr Erinnerungen will?«

Mara setzte sich in den Schneidersitz. »Gehen wir es mal Schritt für Schritt durch. Den kompletten Weg, um ihn abermals zu ergründen. Warum war eure Beziehung für ihn am Ende?«

»Weil ... weil ich ihn absichtslos von mir weggestoßen habe.« , antwortete sie schuldbewusst.

»Du kennst Dag. Wie schätzt du das ganz trocken und von außen betrachtet ein? Gibt es realistisch gesehen überhaupt eine Chance auf einen Neuanfang? Hat sich deine emotionale Verfassung ihm gegenüber geändert?«

Isabelle nickte. »Wir konnten uns wieder annähern, kurz bevor herauskam, das er eine Affäre hatte.« , sagte sie. »Und wir hatten Sex, als ich in Hamburg war.«

»Er hat ein Video von euch angesehen. Hat dich das dazu gebracht, mit ihm schlafen zu wollen, oder was genau was der Grund?«

»Ich ... ich weiß es nicht. Ich ... ich wollt' ihm nahe sein. Ihn spüren. Einfach seine Wärme, sein komplettes Ich ... seine Liebe zu mir ... ich ... das Video hat mir irgendwie gezeigt, das er nicht abgeschlossen hat. Das ich noch existiere ... in seiner Welt.«

Mara atmete tief ein. »Gut machen wir mal einen Sprung ... weiter. Kannst du seine Fehltritte aus der Vergangenheit verzeihen und ihm wieder vertrauen?«

»Ich weiß mittlerweile, das ich ihn in eine Ecke gedrängt habe und er quasi einen Ausweg gesucht hat, um da rauszukommen. Aber wie ich auch vorhin schon erwähnt habe, habe ich Angst ... das wir irgendwie wieder in so eine Lage geraten könnten.«

»Wie hast du dich gefühlt? Jetzt die ganze Zeit über. Ohne ihn. War es ein Gefühl von Freiheit, von Einsamkeit oder von Sehnsucht?«

»Ich habe ihn vermisst. Ich habe versucht, das Beste aus meiner Situation zu machen, aber ... er war immer da. Immer.«

»Deine Freundin hat dir mit Absicht verschwiegen, dass er sich getrennt hat. Richtig?«

»Ja, das stimmt. Sie hat mir später im Auto auch erzählt, das Carla bezüglich der Schwangerschaft gelogen hat.« Dies hatte Katja jedoch nicht freiwillig getan. Isabelle hatte sie so lange genervt mit Fragen, ob sie noch etwas verschweigen würde, bis sie dann reflexhaft mit der Sprache rausrückte.

»Also ist eine Last mehr von dir gefallen?!«

»Ja. Natürlich.«

»Ich glaube, das es für dich schwerer sein würde, wenn dem doch so wäre.«

Isabelle nickte. »Ja.«

»Du bist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch mit Ben in einer Beziehung?!«

Sie nickte abermals. »Könnte man so sagen, aber ...«

»Ja ich weiß, für dich ist es nicht so ernst, wie eventuell für ihn.«

»Ich weiß, das dies kein netter Schachzug von mir ist. Aber ich habe ihm auch nie gesagt, dass ich etwas Ernstes will ... ich bin irgendwie da reingerutscht.«

»Du bist dir aber darüber im Klaren, das du mit ihm reden solltest. Es wäre nicht fair ihm gegenüber, wenn du bereits dabei bist den Raum zu verlassen, während er schon die Möbel kauft. Du verstehst?«

»Natürlich.«

»Du wirst diesen Raum aber definitiv verlassen? Egal, wie du dich entscheidest, was Dag betrifft?«

»Ja. Ich muss nur ... die passende Gelegenheit abwarten. Er ist derzeit nicht da und wenn er kommt, steht das Sommerfest meiner Arbeitsstelle an.«

»Du schiebst es vor dir her.«

»Nein. Ich bin nicht gut in so etwas. Ich habe mich ja bereits davor sehr distanziert ihm gegenüber verhalten ...«

»Weil du die Hoffnung hattest, das er es von sich aus beendet?«

»Irgendwie schon.« Sie druckste herum. »Ich bin kein guter Mensch. Das hat mir mein derzeitiges Leben mehr als gut präsentiert. Die Sache mit Dag. Die Trennung. Meine Fehlentscheidungen. Ich verletze Menschen ... ungewollt, aber ich tue es.«

»Also hast du zusätzlich zu deiner Angst, dass dir und Dag etwas Ähnliches abermals widerfahren könnte noch die Panik, das du Ben wehtust.« , stellte Mara fest. »Isabelle, du bist nicht auf dieser Welt, um andere glücklich zu machen. Du bist auf der Welt und verantwortlich dafür, dass du selbst glücklich bist. Es ist völlig in Ordnung, dass es dir nicht leicht fällt, jemanden zu enttäuschen. Aber wenn du dein ganzes Leben lang versuchst, zu vermeiden die Erwartungen und Hoffnungen anderer Menschen nicht zu erfüllen, enttäuschst du im Endeffekt nur dich selbst.«

»O-kay.« War das Einzige, was sie darauf sagen konnte.

»So oder so, willst du keine Beziehung zu diesem Mann und solltest deswegen auch so schnell, wie es nur möglich ist, dies zur Sprache bringen.« Isabelle nickte. »Du solltest nur jetzt vorrangig mit dir selber klären, was du willst ... in Bezug auf deinen Mann. Eigentlich weißt du die Antwort schon längst, bist aber noch nicht bereit dir dies einzugestehen.«

Isabelle runzelte die Stirn.

Wusste sie wirklich innerlich, was sie tun sollte? 

Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt