𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟚𝟛

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»Du hast was?« Katja sah ihren Mann mit erboster Miene an, als dieser wieder in Berlin war und ihr alles berichtet hatte.

»Ihm gesagt, das er mit ihr reden soll.« , antwortete Vincent.

»Sie weiß doch gar nicht, wie ...«

»Natürlich weiß sie das. Und du weißt es auch.« Er schmiss sich auf seine Couch.

»Du bist ja auch nicht derjenige, der sich ihr Geflenne reinziehen muss, wenn er doch wieder ...« , begann sie, wurde jedoch sofort unterbrochen, als Vincent ihr autoritär ins Wort fiel.

»Nein, muss ich nicht. Weil sie damit zu dir kommt. Ich hab dafür den deprimierten männlichen Part und der ist auch nicht besser zu handhaben.«

Ihre Augenbrauen schnellten in die Höhe. »Hast du mir gerade das Wort abgeschnitten?«

Er symbolisierte mit seinen Fingern eine Schere. »Schnipp schnapp.«

Katja schnalzte mit der Zunge. »Ich schneid' dir gleich etwas ab.«

Vincent fuhr sich durch die Haare. »Was denn? Haarausfall hab ich wegen dir noch nich', aber hier ...« Er zeigte unter seine Augen. »Die Falte habe ich, als du mich angeschrie'n hast, weil ich das Besteck links statt rechts hingelegt habe. Und die da, siehst du die? Die kam, als ich nicht angerufen habe, weil ich wie ein Blödmann nach einem Parkplatz gesucht habe, während du mit einer Riesen-Torte vor deinem Laden auf mich gewartet hast. Überall gibt es Krach. Auch bei den beiden wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann wieder ein Tief geben, aber ... so ist das. So ist eine Beziehung. So ist eine Ehe. So ist die Liebe.«

»Ach. Ich bereite dem werten Herrn Stein also Falten?! Das liegt nicht an seinem, nicht mehr jugendlichem, Alter, sondern an dem Drachen, den er zu Hause besitzt?!«

»Ja.« , antwortete er und wich gekonnt dem Apfel aus, den Katja nach ihm schmiss. »Aber weißt du was?! Ich liebe diese Falte und diese ... und die da ... weil ich meinen Hausdrachen liebe. Ich benötige dieses Feuer ... und genauso benötigen die zwei sich. Sie selbst entscheiden, wie viel sie aushalten können. Auch wenn deren Umgebung, also wir, die Auswirkungen miterleben, liegt es nicht an uns, inwieweit die beiden miteinander zu tun haben.«

»Ich weiß.« , gab sie von sich und setzte sich ihm gegenüber im Schneidersitz hin. »Aber ist es denn schlimm von mir, wenn ich nicht will, dass meiner Freundin erneut das Herz gebrochen wird?«

»Nein. Ich will auch nicht, dass Dag nochmal leidet, aber ist dir auch klar, wie lange er mit einem beschädigten Herzen rumgerannt ist?« Fragend sah er sie an, ehe er weitersprach. »Damit lief er nämlich bereits in deren Beziehung mit herum.«

»Das weiß ich. Ich hab' Isabelle auch nie als Heilige oder unschuldig angesehen.«

»Katja, die zwei können nicht ohneeinander. Vielleicht auch nicht so richtig miteinander ... aber sie sollten es versuchen.«

»Isabelle ist mit Ben zusammen, und ...«

»... den sie nicht liebt.« Wiederholt schnitt er seiner Frau das Wort ab und hielt abermals seine Finger in die Lüfte, um ihr die Schere zu präsentieren.

»Natürlich liebt sie ihn nicht.«

»Also ... wo liegt dein Problem?«

»Mein Problem liegt erstens bei dir. Wenn du mir noch einmal ins Wort fällst, lernst du mich so richtig kenn'n.«

Vincent lachte auf, zuckte jedoch zusammen, als Katja mit strengem Blick aufstand und sich ihm näherte. »Ey, war doch nur Spaß.«

Fantasien auslösend nahm sie rittlings auf seinem Schoß platz. »Zweitens ich liebe Dag, wie einen Bruder, aber er hatte seine Triebe nicht im Griff.« Sie wuselte durch sein Haar und griff dann einige Strähnen mit Ruck, um seinen Kopf nach hinten zu ziehen. »Das ich ihm dann ebenfalls kein übermäßiges Vertrauen schenke, seinen Hengst im Stall zu lassen, solltest du mir da also nicht vorwerfen.«

»Ich werf' dir nichts vor.« , beteuerte er. »Aber ...« Mit immer noch selber Haltung blickte er hinab. Zumindest so weit, wie er konnte, als er bemerkte, dass Katja mit ihrer anderen Hand seinen Körper hinabfuhr. »Was tust du?«

»Warum? Hast du Angst?« , flüsterte sie mit leicht bedrohlicher, jedoch auch verführerischer, Stimme.

»Nein.« , kam es piependhell aus ihm heraus und er räusperte sich sofort, um abermals ein Nein zu brummen.

Ihre Hand griff seinen Schritt, woraufhin er wiederkehrend zusammenzuckte. Ihr Mund näherte sich seinem Ohr. »Du hältst ein wachsames Auge auf ihn, falls Isabelle ja sagt.« Sie gab ihm einen fetten Schmatzer auf die Wange, ließ seine Haare los und stand auf.

»Also bist du ... einverstanden?« Er fand es lächerlich, sie um Erlaubnis zu bitten. Schließlich war es eine Sache, die nur Dag und Isabelle anzugehen hatten. Dennoch wollte er sich absichern, um nicht den Drachen in ihr heraufzubeschwören.

»Natürlich. Es ist im Grunde nicht unsere Angelegenheit. Die beiden müssen selbst wissen, was sie wollen ... und wie viel sie aushalten.«

Verdutzt sah er sie an.

War es nicht das, was er vorhin so angedeutet hatte?

»Ja genau.« , sagte er mit einem Lächeln und stand auf, um ihr in die Küche zu folgen. »Er ist übrigens eben zu ihr gefahren, als du dich fertig gemacht hast.« Er zeigte auf ihr schickes Outfit, das aus einem weiblichen blauen Hosenanzug bestand.

»Er wird niemanden dort antreffen. Nia ist mit Selina unterwegs und trifft sich später am Abend mit Robin, die danach hier penn'n werden und Isabelle ist bei Çan, wo sie jede Minute von Ben abgeholt wird.«

»Du fährst nicht mit ihr?«

»Ich fahre alleine hin und treffe sie dort.«

»Wieso fährt sie mit ihm?«

»Weil sie mit ihm hin muss, wegen der Fotografen. Ben hat das doch riesig aufgezogen, damit genug Spenden in die Kasse klingeln.«

»Gut, dann ... sehen wir uns da. Ich komm' mit Dag dahin.«

»Nein. Nein. Nein. Nein. Erstens kann da kein Heckmeck stattfinden. Wie gesagt, ist auch die Presse da und zweitens kommt ihr gar nicht rein. Ihr benötigt Karten.«

»Du hast doch eine.«

»Ja. Eine.« Sie hielt ihren Zeigefinger hinauf. »Auch wenn ihr mit dem Spruch, es kann nur einen geben Vince und Dag, ankommt, werdet ihr nicht zu einer einzigen Person verschmelzen.«

»Wie kommen wir rein, Katja?«

»Gar nicht. Wartet bis morgen.«

»Das geht nicht.«

»Geht aber nicht anders.« , sprach sie und ging Richtung Flur.

Vincent folgte ihr. »Wie lang geht das?«

»Keine Ahnung.«

»Er muss jetzt mit ihr reden. Nicht erst morgen.«

»Ich versteh' dich ja, aber diese Arbeit ist ihr wichtig. Stell' dir nur mal vor, sie sagt doch nein.« Sie küsste seine Wange. »Wir seh'n uns später.« , beendete sie das Gespräch und verließ die Wohnung.

Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt