𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟛𝟡

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Nia saß auf Vincents Couch und scrollte mit ihrem normalen Profil auf Instagram herum.

»Ich hab uns Essen bestellt.« , meinte Vincent und setzte sich auf die andere Seite hin.

Nia nickte nur. Sie war sauer. Auf alles und jeden.

Zusätzlich zu all dem Dilemma was sie umgab, hatte sie nun auch noch unwillentlich die Differenz ihrer Eltern in die Höhe getrieben. Denn nach dem Anruf ihres Vaters hatte sie beleidigt ihre Mutter angerufen und ihr mitgeteilt, das er von ihr verlangen würde, trotz Streit mit Robin, bei ihnen zu schlafen. Isabelle legte dies natürlich so aus, dass es an Carla liegen würde, damit Dag genug Zeit für sein Liebchen hatte.

Kurz danach rief dann ihr Vater das zweite Mal an, um sie mit erhobener Stimme zu fragen, was ihr Problem wäre. Sie wäre kein kleines Kind mehr und sollte sich nicht so bockig verhalten.

Nia meinte daraufhin beleidigt, dass sie nichts dafür kann, wie ihre Mutter denkt.

Vincent, der sie abgeholt hatte, bekam den zweiten Anruf von Dag live mit. Und meldete sich deshalb auch mit ein, zwei Sätzen zu Wort, um diesen unnötigen Streit zu beenden. Weshalb Dag mit der Aussage kam, dass er es leid wäre, dass irgendwie jeder gegen ihn feuert, nur weil er einen neuen Lebensabschnitt begonnen hatte.

Nia war dementsprechend auch sauer auf sich selbst.

»Dein Vater bekommt sich wieder ein. Ich kenn' ihn in- und auswendig.« , sprach Vincent, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Er spricht etwas aus und bereut es eine Sekunde später wieder.«

»Trotzdem.« , sagte sie und sah weiterhin aufs Display ihres Handys.

»Er ist auch in einer schwierigen Situation. Er versucht, es noch immer jedem irgendwie Recht zu machen.«

Jetzt blickte sie ihn an. »Inwiefern? Er verbietet mir Sachen, als wäre ich zwölf. Hat mir dich als Babysitter hingesetzt. Meine Mutter ist weg, weil sie es nicht ertragen kann, was er getan hat ... im Grunde, macht er doch alles nur für sie.«

Vincent atmete tief ein. »Hör zu Nia. Deine Eltern ... es war alles etwas schwierig in letzter Zeit. Veränderungen gehören zum Leben dazu. Sie sind absolut unvermeidlich und das ist auch gut so. Ohne Veränderungen würden wir immer nur auf der Stelle treten. Wir ...«

»Ich wollte aber nicht, das sich etwas verändert?« , unterbrach sie ihn. »Ich seh' daran nichts Positives, wenn meine Familie kaputt ist.«

»Es war aber auch nicht positiv, als deine Eltern sich nur gestritten haben, bevor sie sich getrennt haben, oder nicht?!«

»Das ist alles scheiße.« , sagte sie. »Beide sind scheiße.«

»Nia ...«

»Nein.« Sie wurde etwas lauter. »Es ist doch so. Haben sie je an mich gedacht? Nein. Denken sie jetzt an mich? Nein. Sie sagen immer, ich wäre kein kleines Kind mehr. Aber wenn ich noch klein wäre, und sie mehr benötigen würde, dann würde ihnen vielleicht mal bewusst sein, das sie auch mein Leben mit ihrer Art zerstört haben. Ich bin auch ein Teil dieser Familie.«

»Nia, das ist denen bewusst und du warst auch nie eine Außenstehende. Beide lieben dich und du bist ihnen extrem wichtig. Wenn du ihnen egal wärst, meinst du, dann hätte deine Mutter darauf geachtet, dass Robin über die Tage bei dir sein sollte? Oder dass dein Vater dich aus dem Cheedos geholt hat, hat auch nichts mit egal sein zu tun. Er wollte nicht, dass dir etwas geschieht, weil er dich von ganzem Herzen liebt.« , erklärte Vincent.

»Und warum bin ich dann alleine?«

»Wo bist du alleine? Du hast deine Eltern. Auch wenn sie getrennt sind, bleiben sie deine Eltern. Du hast mich. Katja. Und du hast natürlich Robin. Du bist nicht alleine Nia.«

Sie sah zurück in den Flur. »Hat er dir erzählt, wieso wir uns gestritten haben?«

Er nickte. »Und glaub' mir. Er hat das nicht so gemeint. Du willst gar nicht wissen, was ich alles Katja in meiner Jugend schon an den Kopf geworfen habe, nur weil ich unsicher war.«

»Er hat mich so hingestellt, als wäre ich eine Schlampe.«

»Wenn man wütend ist, sagt man oft Dinge, die einem später leidtun.« Vincent sprach es extra an, da Nia eben noch ihre Eltern als scheiße betitelt hatte, obwohl er genau wusste, dass sie nicht so empfand.

»Ich dachte ... ich dachte, wenn ich mit Robin zusammen bin, dann haben wir keinen Streit. Alles wird super, weil wir uns schon ewig kennen. Und jetzt?! Wir streiten uns so oft. Viel mehr, als vorher, bevor wir ... zusammengekommen sind.«

»In jeder Beziehung gibt es Auseinandersetzungen Nia. Nirgendwo gibt es nur Harmonie. Aber ich verrate dir jetzt ein Geheimnis, wofür ich damals wirklich lang gebraucht habe, um es zu realisieren.« , sagte er. »Streiten ist ein Zeichen dafür, das einem das Thema wichtig ist und einem wirklich etwas an der Beziehung liegt. Erst wenn einem alles egal ist und man nicht mehr auf Konfrontation aus ist, sollte man sich Sorgen machen.«

»Es ist also gut, wenn wir streiten?«

Vincent nickte. »Solange es nicht nur aus Streit besteht.«

»Papa, hattest du eigentlich das Eis geholt?« , hörte man plötzlich Robin die Stufen runterkommen, bis er schließlich ins Wohnzimmer trat und erschrocken stehenblieb, als er Nia sah.

Er hatte keine Ahnung, dass sie, laut Dags Anweisung, trotzdem bei ihm schlafen sollte.

Vincent stand auf. »Eis ist im Gefrierschrank. Ich geh' dann mal solang raus hier.«

Robin sah erst seinem Vater nach, wie er nach oben ging, danach blickte er zu Nia. Ganz langsam schritt er näher zur Couch und setzte sich auf den Platz, der vorhin noch von Vincent eingenommen wurde.

Nia sah traurig aus, weshalb er direkt wieder ein schlechtes Gewissen hatte. Auch wenn er den Fehler bei ihr sah, begann er. »Ich hab' einen Fehler gema-...« Er wurde sofort unterbrochen, weil seine Freundin sich ohne große Formalitäten auf ihn schmiss und ihn küsste.

»Nein, mir tut es leid.« , sagte sie. »Ich hätte dich nicht schlagen dürfen und ... ich hab dich angelogen, aber nicht weil ich wollte. Das passiert einfach. Ich mach' das nicht mit Absicht Robin. Du bist das Beste, was ich habe.«

Er nahm es so hin. »Okay. Uns beiden tut es leid.« Natürlich gab es da viel mehr, über was sie hätten reden sollen, aber mit dem kleinen bisschen gab er sich bereits zufrieden. Nia hatte ihre Fehler wenigstens teilweise eingesehen.

Er lächelte sie an, während sie aufstand und ihre Hand ausstreckte. »Du hast etwas von Eis gesagt?«

Er lachte und stand ebenfalls auf. »Und lass mich raten ... danach ein Disney-Film?«

Sie nickte. »Aber ich lass dich aussuchen, okay?!«

Er nickte im gleichen Sinne und überlegte, ob er Nia weismachen könnte die MARVEL-Serie What if ... wäre etwa von dieser Art, die sie so bevorzugte.

Für sich selbst zuckte er mit den Schultern und wollte den Versuch wagen. War ja schließlich auf Disney Plus vorzufinden. Daher würde sie es schon glauben. »Ich weiß, was wir gucken können.« , sagte er und ging mit ihr an den Gefrierschrank.

Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt