Müsste da nicht Musik sein

Kapitel 81

Wincent

Frisch geduscht laufe ich runter ins Wohnzimmer und schmeiße mich aufs Sofa. Es ist wirklich komisch mal derjenige zu sein, der alleine zu Hause ist. Elli ist seit drei Tagen in Deutschland unterwegs und hat ein paar Termine. Nachdem wir von den Proben nach Hause gekommen sind, haben wir noch ein paar ruhige Tage in den Bergen genossen. Auch wenn es Elli wieder ein bisschen besser ging, war es mir nicht ganz so wohl dabei sie gehen zu lassen. Deswegen bin ich auch froh, dass Anna sie begleitet. Nach gut einer halben Stunde lege ich mein Handy wieder zu Seite und räume ein bisschen die Wohnung auf. Ich möchte ja nicht das Elli einen Schrecken bekommt, wenn sie nach Hause kommt. Zwischendurch telefoniere ich noch ein bisschen mit Mum und bringe sie auf den neuesten Stand. Gerade als wir aufgelegt haben, bekomme ich eine Nachricht von Elli.

Schatz: ,,Hey Wince, die Aufzeichnung für die Quizshow mit Kai ist zu Ende. Sind nun auf dem                           Weg zu Talkshow. Hoffe du hast einen schönen Tag."                                                                          Ich: ,,Hi Süße, hoffe es macht dir Spaß. Ich habe bisschen aufgeräumt. Denke fahre noch                           bisschen ins Studio. Liebe dich.                                                                                                                            Schatz: ,,Ohje, steht die Wohnung noch ? :) Telefonieren wir später ? Lieb dich auch.                          Ich: ,, Haha witzig :) Ja natürlich, melde dich einfach.                                                                                          Schatz: <3

Um kurz nach 16:00 Uhr mache ich mich fertig und fahre zu Kevin ins Studio. Dort angekommen berichten wir uns erstmal gegenseitig von den vergangen Wochen und setzen uns an den Rechner. Als wir einer Zeile hängen, schaut mich Kevin aufmerksam an. ,,Und wird's mal kompliziert, will ich, dass du nie vergisst, ich steh auch hinter dir. Es geht um Elli oder?", fragt er vorsichtig. Seufzend lasse ich mich im Stuhl zurücksinken. ,,Es ist gerade nicht so leicht. Ellis Gesundheitszustand ist wieder schlechter geworden", gebe ich leise von mir. ,,Allgemein oder nur gerade?", besorgt schaut er mich an. ,,Seit dem Koma ist es viel schlimmer geworden. Sie ist so schnell außer Puste und bei der kleinsten Anstrengung ist sie fix und fertig. Jede Nacht findet sie vor lauter Hustanfällen keinen Schlaf. Das schlimmste ist, dass sie wegen ihrem Vater nicht sagen will, wenn es ihr schlecht geht." Fragend schaut er mich an. ,,Sie hat mir erzählt das sie jedes Mal gesagt haben, dass sie sich nicht so anstellen soll und das es gar nicht so schlimm sei. Sie haben ihr Vorwürfe gemacht, dass sie wegen ihren Krankenhausaufenthalten zurückstecken mussten." ,,Sie hat ihre Kindheit und Jugend ja auch bestimmt freiwillig im Krankenhaus verbracht", schnauft Kevin aufgebracht. ,,Hoffentlich schafft sie die Tour", ergänzt er noch. ,,Mmh, dass hoffe ich auch", murmle ich leise.

Gegen 19:00 Uhr verabschiede ich mich den Jungs und fahre nach Hause. Als ich mir eine Kleinigkeit zum Essen gemacht habe, setze ich mich an den Esstisch und rufe Elli per Facetime an. Müde blinzelt sie mich durch die Kamera an. ,,Du liegts ja schon im Bett", sage ich überrascht. ,,Ja, bin echt müde", lächelt sie sanft. ,,Willst du schlafen?" ,,Nein, habe mich den ganzen Tag auf dich gefreut", antwortet sie direkt. ,,Wie war dein Tag?" ,,Anstrengend, aber es war echt schön", sagt sie und kuschelt sich mehr in ihr Kissen. Nach einer Stunde verabschieden wir uns, denn ich sehe wie sie jeden Moment einschläft. Ich setze mich noch ein bisschen aufs Sofa und zocke mal wieder nach einer Ewigkeit. Auch am nächsten Morgen mache erstmal eine Runde Sport und nach einem gesunden Frühstück mache ich mich auf den Weg zu Kevin. Am Nachmittag bekomme ich ein Nachricht von Elli. ,,Können wir später bitte telefonieren. Ich muss mit dir reden." ,,Wir können auch jetzt reden." ,,Nein, sitze schon in der Maske." ,,Okay, ich liebe dich." ,,Ich liebe dich auch." Zurück bei Kevin produzieren wir den Song weiter. Kaum bin ich zu Hause, klingelt schon mein Handy. Am anderen Ende höre ich nur ein Schluchzen. ,,Hey Süße, was ist los", frage ich alarmiert. ,,Ich vermisse dich so sehr", weint sie. ,,Och Kleine, wir haben doch schon vier Tage geschafft. Übermorgen kommst du doch schon wieder", sage ich aufmunternd. Schnell wechsle ich zu einem Facetime-Anruf und sehe sie weinend im Bett liegen.

,,Es ist doch noch was oder?", frage ich vorsichtig. Denn ich sehe, dass ihr noch etwas bedrückt. ,,Ich habe Angst", druckst sie irgendwann. ,,Wovor?" ,,Es wird immer schlimmer. Ich hatte heute schon wieder eine Attacke", wimmert sie. Besorgt schaue ich sie an und suche nach Worten. ,,Warum hast du nicht angerufen?" ,,Ich wollte dich nicht stören. Du warst ja bei Kevin", murmelt sie. ,,Ach El", seufze ich und fahre mir durch die Haare. ,,Schau mal, die Tour beginnt knapp drei Wochen. Vorher gehen wir einfach nochmal zu Arzt", sage ich leise. ,,Ich habe aber so Angst. Was ist, wenn es wieder schlimmer geworden ist", flüstert sie erstickt und schaut mich traurig an. Ich kann darauf nichts sagen, denn ehrlich gesagt, habe ich auch Angst. ,,Ich bin da okay? Egal was passieren wird, ich bin für dich da. Okay?", sage ich leise und versuche sie aufmunternd anzuschauen. Irgendwann konnte ich sie einigermaßen beruhigen, aber ich selbst lag die ganze Nacht wach. Um ehrlich zu sein mache ich mir mehr Sorgen, als ich vor Elli zugebe. Das letzte Mal, hat sich ihr Gesundheitszustand vor ungefähr fünf Jahren verschlechtert. Die Ärzte meinten damals, dass sich ihr Zustand in den nächsten 5-6 Jahren wahrscheinlich nochmal verschlechtern wird. Und zeitlich passt das genau. Okay, Wincent ganz ruhig bleiben, vielleicht ist es gar nicht so und es ist einfach nur, weil wir momentan viel Stress haben.

Auch der nächste Tag verlief ähnlich, auch da habe ich wieder kaum Schlaf abbekommen. Jetzt gerade stehe ich in der Küche und mache mir einen Kaffee. Ich kann es kaum erwarten, bis es endlich 13:00 Uhr ist und ich zum Flughafen fahren kann. Endlich kann ich Elli wieder in die Arme schließen. Auch wenn es nur 5 Tage waren, hat es sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Zur Ablenkung ziehe ich mich um und gehe in meinen Fitnessraum und mache eine Runde Sport. Gegen 11:00 Uhr gehe ich duschen und setze mich nochmal hinter den Rechner und beantworte ein paar Mails. Pünktlich verlasse ich 1 1/2 Stunden später die Wohnung und fahre zum Flughafen. Nach einem kurzem Stau betrete ich fluchend das Gebäude und halte Ausschau nach Elli. Gerade als ich nachschaue, ob sie mir schon geschrieben hat, höre ich ein paar Mädels quietschen. Als ich aufschaue, sehe ich vier Mädels um Elli stehen. Schmunzelnd beobachte ich kurz die Situation, bis ich Elli husten höre. Sofort gehe ich auf die Truppe zu und stelle mich neben sie. ,,Hey Elli, alles gut?", frage ich direkt besorgt. ,,Ah Wincent", schreit mir das Mädchen neben mir ins Ohr. ,,Alles gut", lächelt Elli. Skeptisch schaue ich sie an und wende mich zu dem anderen Mädchen, dass mich angetippt habe. ,,Könnten wir Fotos machen? Mit dir auch Elli?", fragt sie und holt schon ihr Handy heraus. Elli fasst sich mit einem schmerzerfülltem Gesicht an ihre Brust und atmet schwer. ,,Tut mir leid Mädels. Gerade geht das leider nicht", sage ich und schaue alle entschuldigend an. ,,Wir können uns ja auch beeilen", wirft die andere an. ,,Tut mir echt leid, wir müssen jetzt gehen", sage ich und lege meine Hand an Ellis Rücken, um ihr zu signalisieren weiterzugehen.

Im Auto gebe ich ihr sofort ihr Spray und gottseidank geht es danach wieder. Sofort starte ich den Motor und fahre nach Hause. In der Wohnung angekommen ziehe ich sie sofort in meine Arme. ,,Ich habe dich so vermisst", murmelt sie und legt ihre Arme um. ,,Ich dich auch, ich dich auch", flüstere ich und hauche ihr einen Kuss aufs Haar. ,,Die fünf Tagen waren schon schlimm. Wie soll das erst nach der Tour werden", murmelt sie in meine Brust. ,,Darüber machen wir uns jetzt keine Gedanken Süße. Lass uns jetzt erstmal noch ein paar Tage entspannen, bevor der Stress erst so richtig los geht." Ein paar Stunden später, hat sie schon ihren Koffer ausgepackt, danach haben wir gekocht und waren eine Runde spazieren. Den restlichen Abend haben wir kuschelnd auf dem Sofa ausklingen lassen und haben über die nächsten Wochen philosophiert. Bis wir letztendlich auf dem Sofa eingeschlafen sind.