Kapitel 74

326 17 7
                                    




Wincent

,,Das ist Ellis Ex-Freund", sage ich leise und starre die beiden Beamten an. ,,Wir war das Verhältnis zwischen den beiden?", fragt Herr Englein. ,,Sie waren letztes Jahr nur knapp 5 Monate zusammen. Elli hat Schluss gemacht, da sie gemerkt hat das sie Gefühle für mich entwickelt hat. Aber im Nachhinein hat sie mir erzählt, dass er sie nicht so toll behandelt hat", erkläre ich und kribble mir an den Fingern herum. ,,Ich muss sagen, wenn ich sie gemeinsam erlebt habe, hatte ich das Gefühl als sei sie ein wenig eingeschüchtert. Aber ich weiß nicht, ob ich mir das nicht nur eingebildet habe", wirft Mum ein. Nachdem sie noch ein paar Fragen gestellt haben, verabschieden sie sich wieder. Kaum haben sie das Wohnzimmer verlassen, breche ich in Tränen aus. ,,Hey, hey beruhig dich Wince. Es wird alles gut. Jetzt haben sie wenigsten schon einen Verdächtigen", höre ich Marcos Stimme und schon kurz darauf spüre ich seine Arme dich mich vom Stuhl hochziehen und mich an sich ziehen. Ich weine wie ein kleines Baby an die Brust meines besten Freunden. Aber gerade kann ich einfach nicht anders. Irgendwann drohen mir meine Beine wegzusacken. Mit viel Kraft schleppt mich Marco aufs Sofa und auch dort lasse ich meinen Tränen freien Lauf.

Irgendwann habe ich mich dann doch beruhigt. Als ich allein auf dem Sofa sitze, habe ich das Bedürfnis raus an die Luft zu gehen. Sofort kommt mir das Verlangen auf, zu unserem Platz am Meer zu gehen. Also stehe ich auf und ziehe mich in meinem Zimmer um. Gerade als ich mir meine Schuhe und meine Jacke anziehe, kommt Mum in den Flur. ,,Wo willst du denn hin?", fragt sie mich verwirrt. ,,Bisschen raus, ans Wasser", antworte ich leise. ,,Ich komme aber mit", sagt Marco, der hinter Mum getreten ist. ,,Nicht böse gemeint, aber ich würde gerne bisschen allein sein", murmle ich. ,,Okay, das verstehe ich. Komm, ich fahre dich. Ich warte im Auto oder hole mir etwas zum Essen." Dankbar lächle ich meinen Freund an und gehe raus zu seinem Auto. 25 Minuten später laufe ich zu unserem Platz an der Ostsee und lasse mich im Sand nieder. Ich blicke einfach nur aufs Meer und lausche dem Meeresrauschen. Stumm rollen mir die Tränen die Wange hinunter. Elli wo bist du nur? Bitte geht es dir gut, da wo du gerade bist.

Mein Handy in der Hosentasche vibriert schon die ganze Zeit, aber ich ignoriere es einfach. Gerade als ich richtig zur Ruhe kommt, höre ich hinter mir jemanden meinen Namen schreien. Bitte lass es jetzt keinen Fan sein, aber momentmal. Das ist doch Marco? Verwirrt drehe ich mich um und sehe ihn zu mir rennen und sein Handy in der Hand herumwedeln. ,,Wince, komm schnell", schreit er über den kompletten Strandabschnitt. ,,Was ist denn los?", frage ich und klopfe mir den Sand von meinen Hosen. Als ich die Worte ,,sie haben Elli" wahrnehme, durchströmt mich ein Blitz und ich renne auf ihn zu. ,,W..wo ist sie?", stammle ich unter Tränen. ,,Komm mit, sie ist im Krankenhaus", lächelt er und schiebt mich vorwärts. ,,Krankenhaus?", frage ich alarmiert. ,,Wince, du musst dran denken, dass sie fast zwei Tage lang ihre Medikamente nicht genommen hat. Aber ich habe gesagt bekommen, ihr ginge es den Umständen entsprechen gut", sagt er aufmunternd. Die Fahrt nach Lübeck ins Krankenhaus fühlt sich an wie Tage. Je näher wir kommen, werde ich nervöser. Wie wird sie drauf sein? Wie soll ich mich verhalten?

Nach 40 Minuten parkt Marco und ich springe einfach aus dem Auto. ,,Wincent, jetzt warte doch mal", ruft Marco und joggt mir nach. Als wir das Gebäude betreten, sehen wir schon Mum, Nadine und Polizisten da stehen. ,,Mum", ruft ich und mach mich schnell auf den Weg zu ihnen. ,,Hey Schatz, ganz ruhig. Es geht ihr den Umständen entsprechen gut. Herr Englein und Herr Kiesewetter sind gerade noch bei ihr", erklärt sie mir. ,,Wo haben sie sie gefunden?" ,,Herr Weiss? Sind sie der Freund von Frau Kerper?", fragt mich einer der Polizisten. Nachdem ich genickt habe, fährt er fort. ,,Als sie bestätigt haben, das Herr Böhle der Ex-Freund von Frau Kerper ist, wurde gleich die Adresse ausfindig gemacht und wir sind hingefahren. Herr Böhle hat natürlich alles abgestritten, aber als wir uns Zutritt zu seiner Wohnung verschafft haben, haben wir Frau Kerper schnell entdeckt", erklärt er mir. Als er zu Ende gesprochen hat, kommen schon Herr Englein und Herr Kiesewetter aus dem Aufzug. ,,Wir wären hier dann fertig. Frau Kerper hat ihre Aussage getätigt und alles erzählt", sagt Herr Kiesewetter. ,,Was passiert jetzt mit ihm?", fragt Mum. ,,Herr Böhle wird dem Haftrichter vorgeführt und kommt bis zum Prozess in U-Haft. Also keine Sorge. Wir wünschen ihnen alles Gute", antwortet Herr Englein. ,,Vielen Dank", sage ich und nachdem wir uns verabschiedet haben, machen wir uns auf den Weg zu Elli.

,,Ich war kurz bei ihr. Am besten gehst erstmal allein zu ihr Wince", sagt Mum im Aufzug. ,,Warum?" ,,Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass es ihr mental nicht sonderlich gut geht. Zudem hat sie nur nach dir gefragt", erklärt sie. ,,Wir warten hier", sagt Marco als wir vor ihrer Tür ankommen. Ich murmle ein leises ,,Okay" und öffne die Tür. Kaum habe ich die Tür hinter mir geschlossen, höre ich ein leises ,,Wincent?" Schon allein bei ihrer zerbrechlichen Stimme würde ich am liebsten aus dem Zimmer rennen. Nachdem ich nochmal tief ein und aus geatmet habe, drehe ich mich um und gehe zu ihr. Als sie mich erblickt, fängt sie augenblicklich an zu weinen. Bei dem Anblick ihres blauen Auges und ihren blauen Handgelenken, muss ich hart schlucken. ,,Darf ich?", frage ich vorsichtig und breite meine Arme aus. Schluchzend nickt sie und lässt sich in meine Arme ziehen. ,,Bitte lass mich nicht allein", murmelt sie. ,,Ich werde dich nicht allein lassen", flüstere ich den Tränen nahe und halte sie ganz fest. ,,Er war eifersüchtig, weil ich Gefühle für dich habe und für ihn nicht. Er sagte, wenn er mich nicht haben darf, darf es niemand", weint sie an meine Brust. ,,,Shh, du musst jetzt nicht darüber reden", sage ich leise und hauche ihr einen Kuss aufs Haar.

Irgendwann hat sie sich einigermaßen beruhigt. Mittlerweile ist Mum auch hier und sitzt neben ihr auf einem Stuhl. Ich hingegen, liegen bei ihr im Bett und halte sie ganz fest. Sie lässt mich kaum noch los. Wenn ich mich nur ein Stückchen bewege, krallt sie sich an mir fest. Als es Zeit ist uns zu verabschieden, wird sie wieder panischer. ,,Schatz, es ist alles gut. Du bist hier in Sicherheit. Ich verspreche dir, morgen früh gleich wieder hier zu sein." ,,Es tut mir leid, dass ich nichts gesagt habe", weint sie plötzlich. ,,Ach das ist doch vergessen", lächle ich leicht und hauche ihr einen Kuss auf die Stirn. Als wir uns doch verabschiedet haben, fahren wir nach Hause. Erleichtert und geschafft von den Ereignissen vom Tag, falle ich müde ins Bett und schlafe mit den Gedanken, dass es Elli gut geht ein.

Müsste da nicht Musik seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt