Kapitel 56

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Wincent

Die Nacht war relativ gut. Elli war nur einmal wach und ich konnte sie einigermaßen schnell wieder beruhigen. Gerade sitzen wir schon seit zwei Stunden im Auto auf dem Weg zu meiner Familie. Seit ungefähr einer Stunde schläft sie neben mir. Daran merkt man das sie doch noch nicht zu 100 Prozent fit ist. Wenn ich ehrlich bin habe ich ein wenig Angst. Angst daheim in der Nähe von Ellis Familie zu sein. Ich weiß einfach nicht wie sie reagieren wird, wenn sie so nah bei ihren Eltern ist. Ich habe auch tierische Angst vor der kommenden Zeit, stelle mir viele Fragen. Wird sie das schaffen? Kann ich sie wieder aufbauen? Wie lange wird sie brauchen? Und vor allem wird unsere Beziehung das aushalten? Keine Frage, ich werde immer für sie da sein und das bestmögliche machen, aber die Angst ist trotzdem da. Neben mir nehme ich plötzlich ein leichtes Schluchzen war. Bitte nicht jetzt, denke ich mir. ,,Shh", flüstere ich und nehme ihre Hand und lege sie auf meinen Schoß. Zu meinem Glück schläft sie aber weiter. Ich konzentriere mich wieder auf die Straße und halte ihre Hand, sodass sie spürt das ich da bin. Gegen 19:00 Uhr parke ich vor dem Haus meiner Mum. Elli hat die komplette Fahrt über geschlafen und ist gefühlt immer noch nicht so ganz fit. Kaum habe ich den Motor ausgeschaltet, öffnet sie die Haustür und Shayenne kommt rausgestürmt. Ich kann gerade so austeigen, schon liegt sie in meinen Armen. ,,Ich hab dich so vermisst Wiwi", murmelt sie an meine Brust. ,,Ich dich auch Kleine, ich dich auch", flüstere ich und drücke sie ganz fest an mich und atme den Geruch von ,,zu Hause" ein. Im Augenwinkel sehe ich wie Mum Elli fest in den Arm nimmt. ,,Du Wince? Ich weiß nicht wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll", sagt Shay leise als sie sich aus meinen Armen löst. ,,Versuch bitte normal zu sein okay?" ,,Okay, ich versuche es", lächelt sie. ,,Hallo mein Großer, schön das ihr hier seid", sagt Mama und nimmt mich ebenfalls in den Arm. ,,Hey Mum", murmle ich und genieße einen Augenblick die Umarmung. Als wir uns lösen sehe ich das Elli auf mich gewartet hat. ,,Komm", lächle ich und lege einen Arm um sie.

Nachdem wir unser Gepäck in mein Zimmer gebracht haben, gehen wir wieder hoch zu Mum und Shay. ,,Oh geil", strahle ich als ich sehe das Mum uns Spaghetti Bolognese gekocht hat. ,,Ich wusste doch das du dich darüber freuen wirst", grinst sie und setzt sich zu uns an den Tisch. Zu meiner Enttäuschung isst Elli auch diesmal nur eine ganz kleine Portion. Aber was habe ich erwartet? Dass es hier plötzlich auf jetzt und gleich anders ist? Mum lächelt mich aufmunternd an und ich versuche es einigermaßen zu erwidern. ,,Ich geh mich mal fertig machen", verkündet Shay nachdem wir den Tisch abgeräumt haben. Auch Elli will sich etwas frisch machen. Als alle fertig sind setzen wir uns zusammen aufs Sofa und schauen uns einen Film an. Elli hat sich gleich an mich gekuschelt und genießt meine kleine Streicheleinheiten. Gegen 22:00 Uhr verabschiedet sich Shayenne in ihr Zimmer, da sie morgen wieder Schule hat. Ich stehe auf und gehe in die Küche um mir etwas zum Trinken zu holen. Zurück im Wohnzimmer sehe ich wie Mum sich aufsetzt und Ellis Hände nimmt und anfängt zu sprechen. ,,Elli ich will dir nur eins sagen, egal was passiert, du bist hier immer willkommen. Wir sind immer für dich da. Du gehörst einfach zur Familie. Eigentlich bist du nicht nur Wincents Freundin, du bist eigentlich wie eine Tochter für mich. Wir können uns jetzt schon so lange und du bist mir so sehr ans Herz gewachsen. Ich will nur, dass du weißt, das du hier bei uns immer ein zu Hause hast. Egal was ist, ich bin da okay?" Als ich die Worte verarbeite, muss ich wieder umkehren und in die Küche gehen. Dort muss ich mich an der Arbeitsplatte festhalten, denn ich drohe umzukippen. Ich muss erstmal Mums Worte verdauen. Ich kann nicht verhindern, dass mir ein oder zwei Tränen die Wangen hinunter laufen.

,,Wince?", nehme ich plötzlich Ellis leise Stimme war. Schnell wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und drehe mich zu ihr. ,,Was ist los?", fragt sie besorgt und stellt ihr Glas ab. ,,Es ist nichts", lächle ich leicht. ,,Und jetzt die Wahrheit", seufzt sie und streichelt meinen Oberarm. Oh man, sie kennt mich einfach in und auswendig. Leider kann ich Elli nichts vorspielen. Als ich auf sie runter schaue, kann ich es gar nicht verhindern. Auf einmal löst sich eine Träne aus meinem Auge und rollt über meine Wange. Sachte legt sie ihre Hand an meine Wange und wischt sie weg. Plötzlich überkommt mich ein Redeschwall. Ich erzähle ihr alles. Meine Sorgen, meine Ängste, meine Gedanken und das ich Angst habe, nicht genug für sie zu tun. ,,Schatz, du machst doch alles für mich. Du bist schon die ganz Zeit für mich da und gibst mir den Halt, den ich brauche. Ich wüsste gar nicht was ich ohne dich machen würde. Du bist alles für mich und du machst das großartig. Du musst nicht mehr machen", flüstert sie und lächelt mich liebevoll an. Aber auch ihr stehen mittlerweile Tränen in den Augen. So stehen wir einfach da schauen uns an und geben uns gegenseitig den Halt, den wir so dringend brauchen.

Müsste da nicht Musik seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt