9 ~ Harte Arbeit

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„Gregori, warst du gestern Abend noch mal in Aris Zimmer?", fragte Myrtha und goss sich Tee ein. Geschirr schepperte ihr gegenüber und sie sah ihren Enkel fragend an. Dieser hatte vor Schreck sein Besteck auf seinen Teller fallen lassen und starrte sie an.

„Bitte?"

„Schau nicht so. Ich war heute Morgen in ihrem Zimmer und fand das Buch aufgeschlagen auf dem Tisch vor", erwiderte Myrtha gelassen. Sie ließ es absichtlich unerwähnt, dass sie ihn heimlich beobachtet hatte. Ihr Enkel war ein anständiger Mann und sie wusste, dass er oft mit seinem Schmerz allein blieb. Und wenn er bei der stummen Träumerin Trost fand, wollte sie ihm diesen gönnen.

Aber als sie heute Morgen nach der jungen Frau gesehen hatte, war ihr das Buch aufgefallen. Myrtha war sich sicher gewesen, dass sie es geschlossen auf den Tisch gelegt hatte.

Gregori trank einen Schluck Tee und räusperte sich. „Nein, ich war den ganzen Abend in meinem Arbeitszimmer."

„Hm, seltsam", murmelt Myrtha und runzelte die Stirn. Schließlich zuckte sie mit den Schultern und meinte: „Wer weiß, vielleicht hab ich es doch vergessen zuzuschlagen."

Es läutete an der Haustüre, ehe einer der beiden wieder das Wort ergriff.

„Bleib sitzen Großmutter, ich gehe", sagte Gregori und stand auf. Neugierig spitzte Myrtha ihre Ohren, als sie das vertraute Ächzen der Türscharniere hörte.

„Hallo Lorlen", hörte sie Gregoris Stimme gedämpft. Myrtha atmete hörbar aus. Sie mochte den jungen Mann, doch aus einem ihr unbekannten Grund hegte ihr Enkel eine Abneigung gegen seinen Kollegen.

Sie setzte ein Lächeln auf, als Gregori zusammen mit Lorlen das Esszimmer betrat. „Guten Morgen Lorlen."

„Ihnen auch Lady", sagte der Conex und verbeugte sich galant. „Es tut mir leid, dass ich Ihr Frühstück unterbrechen muss."

Myrtha machte eine wegwerfende Handbewegung und meinte: „Keine Sorge, das Essen läuft uns schon nicht weg." Sie sah zu ihrem Enkel hinüber. „Außerdem werdet Ihr einen triftigen Grund haben, warum Ihr zu so früher Stunde aus dem Haus geht."

„In der Tat", bestätigte Lorlen.

„Dann sollten wir keine Zeit verlieren, damit Sir Gratiam wieder gehen kann." Gregori versuchte gar nicht zu verheimlichen, wie unwillkommen Lorlen in seinem Haus war.

Wortlos drehte er sich um und verließ den Raum. Lorlen sah ihm hinterher, zuckte mit den Schultern und folgte ihm.

~

Das Schicksal hat es auf mich abgesehen, murrte Gregori stumm, als er sein Arbeitszimmer betrat. Nicht genug, dass er trotz Beruhigungstropfen kaum Schlaf gefunden hatte. Nein, nun musste auch noch Lorlen ihn mit seiner Anwesenheit beehren.

Er machte keinen Hehl daraus, dass er den anderen Conex nicht leiden konnte. Es war üblich, dass in größeren Städten mehrere Telepathen wohnten, um im Notfall die Verbindungen aufrecht zu erhalten. Während Gregori und seine Großmutter etwas außerhalb von Drijra wohnten, lebte Lorlen mitten in der Stadt.

Und da hätte er bleiben sollen, dachte Gregori, als er die Tür hinter Lorlen wieder schloss. Der gleichaltrige Telepath sah ihn aus seinen haselnussbraunen Augen erwartungsvoll an.

„Was ist so wichtig, dass du es mir nicht aus der Ferne sagen konntest?"

Gregori deutete auf einen der Sessel nahe dem Kamin. Während Lorlen sich hinein sinken ließ, blieb Gregori stehen. Er war zu unruhig, um sich jetzt ruhig hinzusetzten.

„Meister Warren meint, ich solle mal wieder bei dir nach dem Rechten sehen."

Gregori zog fragend eine Augenbraue nach oben. „Ich brauche keinen Aufpasser."

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt