31 ~ Folgenschweres Treffen

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Verwirrt runzelte Hanna die Stirn und blieb auf der Türschwelle stehen. Lediglich Lorlen saß an dem langen Esstisch und blätterte in einigen Papieren.

„Wo sind Ari und Sir Sileri?", fragte sie und stellte sich neben den Hausherrn, wenn auch in gebührlichen Abstand. Dieser Mann hatte die herausragende Fähigkeit, dass sie sich in seiner Nähe ständig bedroht fühlte.

Ohne von den Dokumenten aufzusehen antwortete er: „Keine Ahnung. Ich habe sie heute noch nicht gesehen."

Hanna unterdrückte ein aufgebrachtes Schnauben – warum machte er sie nur immer so wütend?

„Ich werde nach ihnen sehen", verkündete sie und ging aus dem Raum. Während sie die Treppe wieder hinaufstieg, dachte sie nach.

Ari ist die Träumerin von Gregori Sileri.

Bei diesem Gedanken wurde ihr auch klar, wieso die junge Frau auf die Frage nach der zurückgelassenen Träumerin so seltsam reagiert hatte.

Gregori Sileri hat die Träumerin nicht zurückgelassen – sie ist von allein mit ihm mitgegangen.

Immer noch mit ihren Überlegungen beschäftigt klopfte Hanna an Aris Tür. Als sich nichts rührte runzelte sie die Stirn und versuchte es nochmals – wieder ohne Antwort zu erhalten. Sie drückte die Klinke herunter und räusperte sich laut.

„Ari, bist du wach?", fragte sie und spähte vorsichtig in das Zimmer. Doch ihre Zurückhaltung war vergebens, denn niemand befand sich im Raum. Das Bett stand unberührt da, der Kamin war kalt.

Seltsam, sie ist doch gestern auch hoch gegangen, dachte Hanna und sie beschlich eine böse Vorahnung. War Ari vielleicht weggelaufen, weil nun ihr Geheimnis bekannt geworden war? Ohne weiter zu überlegen ging Hanna über den Gang und klopfte an die Tür von Gregori Sileri. Weil sie es vor Ungeduld nicht aushielt, trat sie ohne Einladung ein.

Nach dem ersten Schritt bereute sie ihren Entschluss. In dem Bett, keine fünf Schritte vor ihr, lag nicht nur Sir Sileri, sondern auch Ari. Ihre langen Locken lagen wie ein Fächer auf den weißen Kissen, einen Arm hatte sie über die Brust des Conex gelegt. Dessen Arm wiederum umschlang Aris Taille und hielt sie nah an seinem Körper.

Verflucht!, rief Hanna in Gedanken, schlug sich eine Hand vor den Mund und eilte aus dem Zimmer. Die Tür schloss sie so leise wie möglich. Sie stand einige Minuten regungslos auf dem Flur. Das Bild, das sich ihr gerade geboten hatte, geisterte unkontrolliert durch ihre Gedanken.

Ach du meine Güte, dachte sie, als sie die Erkenntnis traf.

„Die beiden sind ein Liebespaar", murmelte sie leise vor sich hin.

„Wer ist ein Liebespaar?"

Fast hätte Hanna geschrien, als plötzlich Lorlen neben ihr stand. Eine Augenbraue fragend hochgezogen stand er nur Zentimeter von ihr entfernt. Heiße Röte überzog Hannas Wangen und sie trat aus seiner Reichweite.

„Also... nun ja... dass..."

„Hör auf zu stottern", unterbrach Lorlen sie und schloss die Lücke zwischen ihnen wieder. Unsicher fuhr sich Hanna über den Nacken und machte einige Schritte zurück.

„Ähm... Scheinbar sind Ari und... Sir Sileri..."

Zu Hannas Überraschung lachte Lorlen leise, während er sich wieder neben sie stellte. „Ach das." Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Es scheint wohl so zu sein, dass sich die beiden zueinander hingezogen fühlen."

Hanna räusperte sich und ging wieder rückwärts – bis sie plötzlich eine Wand im Rücken spürte. „Nun, dass erklärt auch... warum sie in einem Bett liegen."

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt