62 ~ Im Kerker

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Ari nahm zwei Dinge wahr, als sie endlich vollkommen zu Bewusstsein kam: Es war kalt und dunkel. Eine widerwärtige Kombination, wenn man nichts weiter als ein dünnes Nachthemd trug. Ihre Glieder schmerzten bei jeder Bewegung, als sie sich langsam aufrichtete. Erst als sie ihre Hände hob, um sich das Haar aus dem Gesicht zu streichen, bemerkte sie die schweren Ketten an ihren Handgelenken.

Eigentlich überrascht mich das nicht, dachte sie und versuchte ihre Umgebung genauer zu betrachten. Dämmriges Licht fiel lediglich durch einen winzigen Spalt in der Decke. Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, dennoch konnte sie nur vage Umrisse und Schatten erkennen. Im Großen und Ganzen befand sie sich in einer gemauerten kleinen Zelle. Ihr gegenüber befand sich eine Holzluke, etwa einen Meter über dem Boden. Ansonsten war die Zelle kahl, nicht einmal ein Strohsack lag auf dem Boden.

Vorsichtig tastete Ari mit ihrem sechsten Sinn ihre Umgebung ab und stieß einen leisen Fluch aus, als sie gegen eine glühende Mauer stieß. Instinktiv rieb sie ihre Finger, als hätte sie mit ihnen die heiße Barriere berührt. Entsetzen breitete sich in ihr aus, als sie begriff was das bedeutete. Sie war nicht nur physisch hier gefangen, sondern auch psychisch. Die Mauern waren aus Stein und Magie gefertigt und hielten sie hier unerbittlich fest.

Mutlos zog Ari die Knie an ihren Körper und schlang ihre Arme um die Beine.

Ich sitze hier fest und kann nicht einmal um Hilfe rufen, dachte sie und unterdrückte ein Wimmern. Sie fragte sich, was ihre Entführer wohl mit ihr machen würden. Sie war der Schlüssel zur Befreiung der Träumer – eine äußerst gefährliche Position, wie sie nun feststellen musste.

Es war offensichtlich, dass die Männer nicht versuchen würden weiter nach einer Lösung für die im Schlaf gefangenen Emendi zu suchen – das hätten sie ohne weiteres Eriel überlassen können. Auch wenn Ari sich während seiner Untersuchungen nicht wohl gefühlt hatte, zog sie diese diesem Ort vor. Wer würde sich denn nicht unwohl fühlen, wenn er oder sie wie ein seltenes Insekt unter die Lupe genommen wird?

Aber es würde Ari nicht helfen, sich in ihrem Selbstmitleid und Vorwürfen zu suhlen. Sie musste etwas tun, einen Weg aus diesem Schlamassel finden.

Sie werden mir irgendwann etwas zu essen oder trinken bringen müssen, dachte sie und schöpfte Hoffnung. Hätten sie ihren Tod gewollt, hätten sie sich nicht die Mühe gemacht sie zu entführen. Sie hätten es an Ort und Stelle getan. Also war Aris Leben immer noch etwas wert.

Entschlossenheit machte sich in ihr breit. Sie würde herausfinden, was ihre Entführer mit ihr geplant hatten und einen Weg finden, aus diesem Loch zu entkommen.

Ich bin eine Träumerin gewesen, rief sie sich ins Gedächtnis. Ein kleines Lächeln verzog ihre Lippen.

Meine Magiequelle ist größer, als die der normalen Emendi – also bin ich mächtiger als sie.

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt