32 ~ Schwierige Beziehungen

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Lautes Rumpeln und das Splittern eines Gefäßes hießen Gregori und Ari in Lorlens Haus willkommen.

„Was geht denn hier vor sich?", fragte Gregori besorgt. Der Radau kam eindeutig aus dem Obergeschoss.

Simon zuckte lediglich mit den Schultern. „Sir Gratiam und Lady Filimet streiten sich – wieder einmal."

„Wegen was denn?", wollte Ari wissen und legte ihren Mantel ab. Ihr Gesicht sah müde aus, doch sichtbare Sorge belebte ihre Züge neu.

Der Butler verdrehte die Augen. „Das weiß Gott allein."

Verwirrt sahen sich Gregori und Ari an.

„Was meinst du?", fragte Ari leise.

„Das sieht Lorlen nicht ähnlich", antwortete Gregori. Er hatte nicht gemerkt, wie sich langsam seine Sicht auf den Kollegen geändert hatte. In den wenigen Tagen war sein alter Groll auf Lorlen Gratiam fast vollkommen verschwunden. Statt dem Strahlemann, dem alles nur so in den Schoß zu fallen schien, sah Gregori einen ganz anderen Mann. Einen, der genauso Probleme hatte wie er auch.

Ein wütender Schrei – eindeutig weiblich – ließ beide zusammenzucken. Ehe Ari sich versah, hatte sie die Röcke gerafft und rannte hinauf in die Bibliothek. Wie vermutet fand sie dort Lorlen und Hanna – inmitten eines riesigen Chaos. Bücher lagen auf dem Boden, eine Teekanne war zerbrochen und überflutete den Teppich und ein kleines Tischchen lag umgekippt daneben.

„Du hast kein Recht mir Vorschriften zu machen!", rief Hanna und starrte Lorlen wutentbrannt an.

„Du lebst unter meinem Dach, ich kann machen was ich will."

„Pah!" Entrüstet riss Hanna ihre Arme nach oben und gestikulierte in der Luft. „Bilde dir nur nicht ein, dass ich nach deiner Pfeife tanze. Ich bin keines von diesen Püppchen, die nur weil sie einen Mann mit Geld sehen zu allem Ja und Amen sagen."

Unvermittelt packte Lorlen sie am Arm, doch Hanna wehrte sich und der Ärmel ihres Kleides riss ab. Der komplette rechte Arm war vom Handgelenk bis zur Schulter entblößt.

Zischend zog Ari Luft in ihre Lungen und starrte auf die nackte Haut. Oder eher das, was davon übrig war. Von der Schulter bis zum Ellenbogen zog sich vernarbtes Gewebe, das die helle Haut in groteske Falten legte. Ungläubig fixierte auch Lorlen Hannas versehrten Arm. Hastig drehte sich Hanna zur Seite. Trotzig reckte sie ihr Kinn und sah Lorlen mit vor Scham glühenden Wangen an. Tränen glitzerten in ihren dunkelblauen Augen.

„Du elender Bastard", zischte sie und gab ihm eine Ohrfeige, ehe sie fluchtartig das Zimmer verließ.

„Oh mein Gott", keuchte Ari.

Erschrocken sah Lorlen sie an. „Was machst du denn schon hier?", fragte er nach einiger Zeit.

Ari zog die Augenbrauen zusammen. „Eigentlich sollte ich eher fragen, was du hier machst. Bist du wahnsinnig?"

Mittlerweile war Gregori ebenfalls in der Bibliothek angekommen. Ari bedeutete ihm mit einem Kopfschütteln, dass er lieber wieder gehen sollte. Lauernd ging Ari in den Raum hinein und stellte sich neben Lorlen.

„Ich bin nicht wahnsinnig."

„Das sieht aber nicht so aus", konterte Ari und deutete mit einer ausholenden Geste auf die Unordnung. „Hier drin sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld."

Zur Antwort brummte Lorlen lediglich und wandte den Blick ab.

„Was ist nur in euch gefahren?", fragte sie sanfter und sah Lorlen bittend an. Sie konnte genau fühlen, dass hier einiges schiefgelaufen war.

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt