18 ~ Inniger Wunsch

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„Gregori, um Himmels Willen. Lass sie endlich los!"

„Nein."

„Du kannst sie nicht ewig festhalten."

„Pf..."

„Davon wird sie auch nicht schneller wach."

„Und wenn doch?"

„Ach!" Myrtha warf die Arme in die Luft und gestikulierte energisch mit ihren Händen. Sie schimpfte leise vor sich hin, während sie aus dem Zimmer humpelte. Der schwere Gehstock verursachte selbst auf dem dicken Teppich noch ein klopfendes Geräusch. Ihr Gezeter erstarb erst, als die Tür hinter ihr lautstark ins Schloss fiel.

Gregori senkte seinen Blick wieder zu der schlafenden Frau in seinen Armen. In eine warme Decke gehüllt saß sie auf seinem Schoß in dem breiten Sessel neben dem Kamin. Das Feuer loderte hell und sandte seine wohlige Wärme in Aris Schlafzimmer. Behutsam strich er ihr eine Locke aus dem Gesicht und versuchte die Verzweiflung zu bekämpfen, die in seinem Inneren um die Vorherrschaft kämpfte.

Tausende Gedanken rasten durch seinen Kopf und doch wiederholte sich nur eine Szene vor seinem inneren Auge: Ari, wie sie blass zusammengebrochen war. Seither waren gut eineinhalb Stunden vergangen, die Gregori jedoch wie Monate erschienen waren. Nur mit Müh und Not hatten sie es zum Haus zurückgeschafft. Myrthas Bein war erstaunlicherweise so belastbar gewesen, dass sie hatte laufen können. Aber sie waren trotzdem nicht schnell vorangekommen.

Gregori hatte sich geweigert die beiden allein zulassen um Hilfe zu holen. Schließlich hatten sie es tatsächlich allein geschafft. Aber Ari war nicht mehr aufgewacht. Nichts hatte geholfen. Weder kaltes Wasser noch Worte hatten sie aufwecken können. Gregori beschlich die Angst, dass sie wieder in ihren unendlichen Tiefschlaf gesunken war.

Nein, befahl er dem Universum bestimmt und zog sie noch näher an sich. Es sickerte jetzt erst in sein Bewusstsein, für welchen Weg er sich entschieden hatte. Eigentlich war es ihm schon klar gewesen, als er ihren verzweifelten Hilferuf in seinem Kopf vernommen hatte. Er würde sie nicht behalten können, doch er würde sie um jeden Preis beschützen.

Aber der Gedanke war schwer zu ertragen sie gehen zu lassen, wenn ihr Körper so eng an ihn geschmiegt war. Ihr warmer Atem berührte sacht seinen Hals und er fühlte wie ihr Herz an seiner Brust schlug.

„Bitte, wach auf Ari", bat er leise. Seine Stimme war rau und er schloss erschöpft die Augen.

Sanft zog er die Decke etwas fester um ihren zierlichen Körper und betrachtete ihr entspanntes Gesicht.

„Du bist so unglaublich stark", murmelte er. Fast ehrfürchtig erinnerte er sich an die gewaltige magische Aura, die sie während der Heilung wie ein Kokon umgeben hatte. Es hieß zwar überall, dass Träumer wahrlich immense Energiequellen in ihren Körpern beherbergten, doch das... Gregori hätte sich nie im Leben träumen lassen, wie groß diese Quellen tatsächlich waren.

Zögernd strich er mit seinen Fingerknöcheln über ihre blasse Wange. Ihre Haut fühlte sich so weich an, als könne sie bei der ersten unvorsichtigen Berührung reißen. Gregori war kein breitschultriger Muskelprotz, dennoch kam er sich in ihrer Nähe unsagbar groß und robust vor. Sein Körper war eher sehnig und drahtig als durchtrainiert. Aber Ari wirkte so zerbrechlich, so weich und zart.

Krampfhaft schluckte er an dem Kloß in seinem Hals vorbei und versuchte zu lächeln. Sie hatte doch gesagt, dass sie alles höre was in ihrer Umgebung gesprochen wurde. Gregori atmete nochmals tief ein.

„Lass mich nicht allein." Er griff ihre Hand und legte sie an seine Wange. „Du darfst nicht wieder einschlafen. Nicht jetzt, nachdem du doch endlich wach geworden bist." Sanft verflocht er seine Finger mit ihren und betrachtete ihr Gesicht.

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt