80 ~ Unsere Träume

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Herrlich, dachte Lorlen schlaftrunken.

Er stand an der Schwelle zum Erwachen, wollte aber lieber noch ein wenig in seinem angenehmen Traum verweilen, den er fast schon wieder vergessen hatte. Er hätte schwören können, dass er schon seit Jahren nicht mehr so gut geschlafen hatte wie in dieser Nacht. Seine Muskeln waren vollkommen entspannt, ihm war angenehm warm und er fühlte sich schlichtweg rund um wohl – eben einfach herrlich.

Aber so sehr er auch diesen Schwebezustand genoss, konnte er trotzdem nicht ewig im Bett liegen bleiben. Jeden Moment würde Simon an seiner Tür klopfen, oder Warren würde ihn durch das Klopfen an seinen Gedanken wecken. Aber vielleicht würde auch seine Köchin nach ihm schreien, weil er wieder einmal heimlich die Vorratskammer geplündert hatte.

Warum bin ich nur von eigenwilligen Dienstboten umgeben?

Er seufzte innerlich.

Da alles nichts half, gab er sich einen Ruck und schälte sich aus seinem tiefen Schlaf. Langsam öffnete er die Augen, blinzelte gegen das Licht und versuchte sich zu strecken – was ihm nicht gelang. Irgendetwas war mit seinen Beinen verwickelt und lag in an seiner Brust. Er brauchte einige Augenblicke, ehe sich sein Blick soweit geklärt hatte, dass er das etwas erkennen konnte. Oder besser diesen jemand. Denn keine zehn Zentimeter von seiner Nasenspitze entfernt sah er in das entspannte Gesicht einer Frau, von der er wusste, dass er sie am Abend sicher nicht mit in sein Bett genommen hatte.

„Hanna", hauchte er lautlos und schluckte an dem plötzlichen Kloß in seinem Hals vorbei. Doch statt beim Klang ihres Namens aufzuwachen, rückte sie stattdessen ein Stück näher an ihn heran. Augenblicklich stürmten auf Lorlen alle Ereignisse der vergangenen Tage ein: Aris Hilferuf, dann der schnelle Aufbruch zusammen mit Gregori und Hanna, der Aufenthalt in Aliquas und schließlich die Schrecken in dem Keller des Ratsgebäudes. Ein Keuchen entwich seiner Kehle als ihm auch wieder einfiel, was mit Hanna geschehen war.

Unentschlossen zögerte Lorlen, ehe er vorsichtig eine Hand an ihre Wange legte. Sie fühlte sich so weich und zerbrechlich an, dass sein Herz schwer wurde.

„Hanna, bitte wach auf."

Die dunklen Wimpern hoben sich flatternd und ihm fiel ein Stein vom Herzen. Sie war nicht zu einer menschlichen Träumerin geworden, wie er es am vergangenen Abend noch befürchtet hatte.

Bevor ich ohnmächtig wurde, dachte er bitter. Gregori würde es wohl Warren erzählen und sie würden sich über ihn lustig machen.

Aber das war jetzt unwichtig, er hatte andere Sorgen. Denn Hanna sah ihn endlich an und als sie sich der verfänglichen Situation und seiner unmittelbaren Nähe bewusst wurde, weiteten sich ihre blauen Augen. Sie atmete zischend ein und sah schnell an ihnen beiden herunter. Lorlen konnte einfach nicht anders, als zu lachen. Es passte irgendwie genau ins Bild, dass Hanna sich zuerst darüber vergewisserte, dass sie nicht nackt waren.

„Was zum Teufel...?!", setzte sie an und wollte sich von ihm loslösen. Aber schon nach der ersten ruckartigen Bewegung verzog sie das Gesicht vor Schmerz und fasste sich mit einer Hand an den Kopf.

„Hast du große Schmerzen?", fragte Lorlen.

„Es fühlt sich an, als würde mein Schädel gleich explodieren."

Überrascht zog Lorlen eine Augenbraue hoch. „Konntest du schon immer telepathische Verbindungen eingehen?"

Verwirrt starrte sie ihn an, als hätte er ihr gerade vorgeschlagen, barfuß und in ölgetränkten Kleidern durch die Hölle zu gehen. „Red keinen Unsinn. Ich bin eine Hario, ich kann keine..."

Sie stutze und bemerkte scheinbar erst jetzt, dass sie sich nicht laut mit Lorlen unterhielt. Sofort wurde ihr Blick misstrauisch.

„Was hast du in meinem Kopf zu suchen?"

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt