75 ~ Böse Vorahnung

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Lorlen fühlte sich berauscht, geradezu euphorisch und trunken vor Macht und Magie.

„Lorlen Gratiam, ich weiß genau, was du gerade denkst", riss ihn sein Meister aus seiner Unaufmerksamkeit. Wie ein Hund schüttelte Lorlen kurz den Kopf, um wieder klar denken zu können.

„Du darfst nie vergessen, dass du dich dieser Macht nicht ergeben darfst. Sei ihr Herr oder sie wird dich vernichten."

„Ich werde auf ihn aufpassen", schaltete sich Gregori ein. Den ungehaltenen Blick, den Lorlen ihm zuwarf, ignorierte er.

Warren seufzte. „Womit habe ich nur solche Kindsköpfe verdient?"

„Du hast uns selbst ausgebildet", sagte Lorlen und grinste. Der ältere Conex machte eine wegwerfende Handbewegung, womit das Thema für ihn vorerst erledigt war. Doch Lorlen hätte viel lieber weiter über seine und Gregoris Unzulänglichkeiten diskutiert, als die nächste Frage beantworten zu müssen.

„Wie geht es meiner Nichte?"

„Recht gut. Sie hatte einige Probleme, nachdem wir den Fluss durchschritten hatten, aber die sind behoben." Lorlen war dankbar, dass Gregori für ihn geantwortet hatte.

„Sehr schön", sagte Warren und wirkte beruhigt. „Ich will, dass ihr gut auf sie aufpasst."

Beide nickten.

„Nun... dann ist wohl alles gesagt. Haltet mich auf dem Laufenden. Und Gregori?"

„Ja?"

„Ich habe deiner Großmutter Bescheid gesagt." Gregori nickte dankbar und sie verabschiedeten sich voneinander. Als Lorlen sich seines Körpers und der Umgebung wieder bewusst wurde, fühlte sich sein Innerstes ohne die Magie schal und leer an.

Aufmunternd klopfte er auf Gregoris Schulter, ehe er zum Fenster hinüber ging und es öffnete. Die Abendluft war angenehm, roch nach blühender Vegetation und Freiheit. Gierig sog Lorlen dieses Aroma in sich auf und fühlte, wie er etwas zur Ruhe kam.

„Es wird alles gut", sagte er vertrauensvoll und sah seinen Kollegen an.

Gregori zuckte hilflos mit den Schultern. „Das sagst du so leicht." Er erhob sich und stellte sich neben ihn. „Du musst dir nicht ständig Gedanken machen, was mit ihr passiert. Dir gehen nicht ständig Horrorszenarien durch den Kopf und du musst nicht fürchten, dass du sie nie wiedersiehst."

Tiefe Gramesfalten hatten sich in Gregoris Gesicht eingegraben und er wirkte um viele Jahre älter. Verbittert wandte er sein Gesicht von Lorlen ab und sah aus dem Fenster.

„Du hast Recht", gestand Lorlen und seufzte leise. „Im Vergleich zu dir habe ich überhaupt keine Probleme."

„Nein, deine sind alle hausgemacht."

Unmut machte sich in Lorlen breit. „Fang nicht schon wieder damit an, in Ordnung?"

Emotionslos sahen ihn Gregoris dunkelgrüne Augen an. „Schon mal den Spruch gehört, nutze jeden Tag als wäre es dein letzter?"

„Pf", machte Lorlen und schnaubte missbilligend. „Du entwickelst dich zu einem spießigen Sprücheklopfer."

Gleichgültig zuckte Gregori mit den Schultern. „Wenigstens beherzige ich meine eigenen Ratschläge, das kannst du mir nicht vorwerfen."

Lorlen sagte nichts darauf, denn all seine Worte würden nichts an der Wahrheit drehen können.

Er versteht mich nicht, sagte er sich und versuchte seine Gedanken wegzulocken von der einen Frau.

Aber das verfluchte Schicksal machte ihm einen gehörigen Strich durch die Rechnung, als die Tür schwungvoll aufgestoßen wurde und krachend gegen die Wand donnerte. Hanna stand wie vom Donner gerührt im Türrahmen, das Haar zerzaust und die Augen ungewöhnlich weit aufgerissen.

„Was...?", setzte Gregori an, doch Hanna ließ ihn seine Frage nicht zu Ende formulieren.

Keuchend presste sie die Worte hervor: „Ari... Schmerzen, Gefahr..."

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt