14 ~ In seinen Gedanken

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Gedankenverloren starrte Gregori auf sein gemachtes Bett. Er hatte versucht zu arbeiten, nachdem Myrtha ihn aus dem Wohnraum gescheucht hatte. Doch er hatte sich bei aller Liebe nicht konzentrieren können. Schließlich hatte er es aufgegeben und sich seinen längst überfälligen Schreibarbeiten gewidmet. Aber auch dieser Aufgabe hatte er nicht genügend Aufmerksamkeit schenken können.

Diese kreiste äußerst hartnäckig um die Träumerin, die im Erdgeschoss saß.

Sie ist keine Träumer in mehr, rief er sich ins Gedächtnis. Er lächelte freudlos. Diese Aussage war genauso unwahrscheinlich, als würde ihm jemand weiß machen wollen, dass der Mond plötzlich lila geworden war und singend über den Nachthimmel tanzte.

Dennoch ist es wahr, sagte er sich.

Sein Blick blieb an einem einzelnen roten Haar hängen, das auf seinem Kopfkissen lag. Zudem meinte er den schwachen Geruch nach Lavendel in der Nase zu haben. Nur zu gut war er sich des Gefühls bewusst, das ihr warmer Körper an seinem heraufbeschworen hatte. Einerseits wünschte er sich, dass ihn jemand zwickte, er aufwachte und alles nur ein Traum war. Andererseits fürchtete er sich genau davor. Frustriert stöhne er auf und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar.

Hilflos ließ er sich in einen Sessel fallen und sah aus dem Fenster. Die Sonne stand mittlerweile höher und durch den weißen Schnee wirkte draußen alles hell und rein. Unwillkürlich schweiften seine Gedanken zu Aris heller Haut und ihren unschuldigen Augen.

Sie werden sie mir wegnehmen, wenn sie von ihrem Erwachen erfahren, dachte er sachlich. Aber seine Reaktion auf diese Tatsache hatte überhaupt nichts von der Nüchternheit dieser Aussage.

Gregori war noch nie ein Freund von vagen Vorahnungen gewesen, doch dieses Mal war es anders. Irgendetwas sagte ihm, dass es besser für Ari und ihn wäre, wenn ihr Wachzustand so lange wie möglich geheim blieb. Zumindest solange bis er sicher war, dass ihr keine Gefahr drohte. Ob diese jetzt von den Menschen oder den Emendi kam spielte keine Rolle.

Ihm kam zugute, dass nur wenige wussten wie die Träumer der einzelnen Magiebegabten aussahen. Da sie ihre Betten nie verließen und Besucher nicht in ihre Räume gelassen wurden, war das Aussehen der Träumer weitestgehend unbekannt. Lediglich einige Emendi und die Mitglieder eines Haushalts bekamen die Träumer zu Gesicht.

Aber ich muss sie aus meinen Konferenzen fernhalten, dachte Gregori und massierte seine Nasenwurzel. Irgendwie musste er ihr verständlich machen, dass er sie nicht in seinen Gedanken haben wollte. Sie geisterte so schon genug durch seinen Kopf.

Dieses Mal sollte ich netter sein, mahnte er sich und seufzte. In Situationen wie diesen wünschte er sich beinah den Charme, den andere Männer scheinbar mühelos versprühten. Ihm drehte sich noch immer der Magen um bei der Erinnerung daran, wie grob er vorhin zu Ari gewesen war.

Er fühlte ihre Anwesenheit, bevor er das leise Schaben der Tür über den Teppichboden hörte. Ihre Schritte verursachten kaum ein Geräusch, als sie durch sein Arbeitszimmer an die Tür des Schlafbereichs trat.

„Gregori?", fragte sie unsicher und blieb stehen.

„Ja?" Er drehte sich um und sah sie an. Eine schlanke Hand auf dem dunklen Türrahmen sah sie zu ihm hinüber.

„Störe ich dich?"

„Nein." Sie lächelte und betrat das Zimmer. Erst jetzt bemerkte er das Buch, das sie in der anderen Hand hielt.

„Myrtha sagte sie geht über den Mittag weg. Sie hat mich nach oben geschickt. Aber..." Mittlerweile war sie neben seinem Sessel stehen geblieben und sah zu ihm hinunter. Ihr Lächeln wirkte verlegen, als sie hinzufügte: „Ich wollte nicht allein sein. Macht es dir etwas aus, wenn ich hier lese?"

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt