48 ~ Eigene Lügen

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„Ich kann immer noch nicht fassen, dass keiner von euch es für nötig erachtet hatte, mir früher davon zu erzählen", wetterte Warren Filimet und schritt in dem imaginären Raum auf und ab.

Gregori versuchte ihn zu beschwichtigen. „Letztendlich hast du es ja erfahren, oder nicht? Es war keine Absicht von mir, dir Informationen vorzuenthalten. Ich fand es nur nicht... so wichtig."

„Nicht so wichtig?" Warrens Stimme überschlug sich fast. Aufgebracht fuhr er sich mit beiden Händen durch sein schütteres Haar. Mit den schwarzen Strähnen, die ihm danach vom Kopf standen, sah er aus wie ein verrückter Wissenschaftler.

„Diese Träumerin ist aufgewacht und du findest das nicht wichtig?"

„Sie heißt Ari", schaltete sich Lorlen ein. Er hatte die Worte bewusst geduldig und ruhig gesprochen, da ihr beider Meister sonst vielleicht einen Herzanfall erlitten hätte. Warren machte eine wegwerfende Handbewegung.

Tief atmete er ein und aus, ehe er in gemäßigtem Ton sagte: „Morpheus Adveralsa hat mich zwecks eines neuen Träumers für Gregori kontaktiert." Nachdenklich sah er seinen einstigen Schüler an. „Aber als er sagte, du hättest dir eine Auszeit genommen, dachte ich mir schon, wie du zu diesem Thema stehst."

Missmutig verschränkte Gregori die Arme vor der Brust. „Ich denke gar nicht daran wieder zu arbeiten, ehe Ari nicht zurück ist." Warren seufzte und sah zu Lorlen hinüber.

Der hob abwehrend die Hände. „Sieh mich nicht so an, ich werde nicht versuchen ihn umzustimmen."

„Das würdest du auch nicht schaffen", prophezeite Gregori und Lorlen glaubte ihm aufs Wort.

„Nun gut... Lassen wir das." Sir Filimet schwieg einige Augenblicke, ehe er sich an Lorlen wandte. Seine Miene hatte etwas von ihrer Wut verloren, wirkte nun jedoch wachsam und lauernd.

„Wie geht es Hanna?" Kaum merklich versteifte sich Lorlens Rücken und sein Mund wurde zu einer geraden Linie.

„Gut."

„Sicher?"

„Willst du sie selbst fragen?", konterte Lorlen und wirkte gereizt.

Um Warrens Mundwinkel zuckte ein Lächeln, doch er ließ es nicht heraus. „Ich habe noch einmal über ihren Entschluss nachgedacht, noch nicht wieder zu mir nach Effero zu kommen."

„Und?" Lorlen versuchte unbeteiligt zu wirken, doch Warren kaufte es ihm nicht ab.

„Vielleicht sollte sie sich endlich eine eigene Existenz aufbauen. Schließlich ist sie die Erbin des Vermögens Eltern und könnte sich ohne Probleme selbst versorgen."

Warren begann auf und ab zu wandern. Er hatte sich diese Sache wirklich gründlich überlegt und war zu dem Schluss gekommen, dass seine Nichte dringend mehr Freiraum brauchte. Er wusste, dass sie unter der Tatsache litt, ihm zur Last zu fallen. Nicht, dass es so wäre. Er möchte das Mädchen und freute sich, wenn sie bei ihm war. Trotzdem bemerkte er hin und wieder, dass sie sich wie ein Vogel im goldenen Käfig fühlte.

Er sprach mehr mit sich selbst, als er fortfuhr: „Sie scheint mir wirklich alt genug zu sein, ihren eigenen Weg zu gehen. Vielleicht könnte ich mit ihrem Meister Sir Taree sprechen, damit sie endlich ihren eigenen Träumer bekommt."

„Das hört sich vernünftig an", sagte Gregori und nickte.

Warren stimmte ihm zu. „Ich werde sie fragen, ob ihr diese Idee gefällt."

„Du willst sie tatsächlich ganz allein in irgendeiner Stadt wohnen lassen?", platzte es aus Lorlen heraus. Beide Männer starrten ihn entgeistert an.

Till I Wake UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt