Kapitel vierundsiebzig

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Ich war echt ein bisschen nervös, aber die Sorge war mal wieder größer als jedes andres Gefühl. Harrys Vater ließ sich nicht blicken und langsam gab ich es einfach auf. Harry tat mir leid das er einem Menschen anscheinend so wenig bedeutete.

Eigentlich wollte ich mich davor drücken ihn zu sehen. Schließlich war der letzte Satz den ich zu ihm sage ,Ich liebe dich' und das war wohl nicht der beste Moment um wieder aufeinander zu treffen. Aber ich konnte ihn auch nicht nicht sehen. Schließlich lag er ja wahrscheinlich nur wegen mir in dem Zimmer vor dem ich gerade stand.

Ich hatte bereits die Hand auf der Türklinke doch konnte mich nicht wirklich durchringen diese zu bedienen. Was sollte ich auch sagen wenn ich da jetzt rein ging? ,Hey ich war gerade mal kurz für nen Abstecher im Krankenhaus und da sah ich dich so rumliegen. Gehts dir gut?' oder ,Hi, hier ist der Typ der dich unerwidert liebt und gerne wüsste ob es seine Schuld war das du im Krankenhaus liegst.'. Alles waren eher unrealistische Vorstellungen.

Mit einem letzten seufzen öffnete ich die Tür und betrat dann das Einzelzimmer. Als aller erstes blickte ich in die selbe Ecke in der auch das Bett meiner Mum stand und erkannte darauf Harry. Seine Augen waren geschlossen und ein gleichmäßiges Piepen war as einzige Geräusch was den Raum erfüllte.

Ich sackte auf dem Boden zusammen. Meine Hände fanden den Weg zu meinem Gesicht und ich verdeckte damit meinen Mund, der darunter weit offen stand. Ein großer Verband umschling Harrys Bauch und Brust und sein Gesicht schmückten einige Nähte. Eine leicht bläuliche Verfärbung war um sein Auge zu sehe und auch seine Lippe war leicht aufgerissen. Seine Haare lagen ordentlich auf dem Kissen verteilt, doch die sonst so ausgeprägten Locken waren verschwunden. Sein Atem verlief ruhig uns sehr gleichmäßig, doch sein Gesicht war so garnicht entspannt. Genau im Gegenteil, es war sogar total angespannt und seine Augen waren zusammengekniffen. Er wand sich auch ein wenig unter der Decke die er sich bis zu der Hüfte abgestrampelt hatte.

Ich saß immer noch wie versteinert auf dem Boden. Konnte meinen Blick nicht von dem verletzen Jungen lösen und mich auch nicht bewegen. Doch ich konnte auch nicht weinen. Es war wie als wäre ich leer. Da waren einfach keine tränen mehr die zu vergießen wären. Mein Kopf viel nach unten und och schloss meine Augen.

Ein angestrengtes aufkeuchen unterbrach meine Selbstmitleid und ich blickte auf. Ich sah zu Harry, der seinen Kopf hin und her warf und die Decke fest mit seine Hand umschloss, die bereits so verkrampft war das die Knöchel weiß hervortraten. Erneut gab er ein undefinierbares Geräusch von sich und ich glaubte einen feinen Schweißfilm auf seiner Stirn zu sehen.

Ich stand auf und lief dann zu ihm rüber. Ich stellte mich neben ihn an das Bett und beäugte den schlafenden Harry.

Ohhhh.

Den schlafenden Harry!!!

Er schlief.

Ich hatte ihn noch nie schlafen sehen. Seine Augen waren noch nie für so lange Zeit vor meinen geschlossen. Immer war er drumherum gekommen. Selbst bei allen Klassenfahrten erhielt er ein eigenes Zimmer. Ich dachte immer das lag daran das er einfach total abgehoben und spießig war und sein Vater irgendwie einfach viel spendete. Ich dachte es war einfach sein reiches Ego was ihm dazu verleitete, aber so wie es aussah lag ich ganz falsch.

Erneut wurde ich von Harry unterbrochen. Ich richtete meinen Blick wieder auf ihn und legte meine Hand ganz vorsichtig auf seine leicht erhitze Stirn. Er verzog sein Gesicht wie als hätte er schmerzen und immer wieder verließen sein Mund unerklärliche laute. Völlig überfordert mir der ganzen situation strich ich ihm über sein Gesicht. Seine Wange, Stirn und Kinn. Ich achtete auf alle narben und Nähte.

„Nein... i-ich will..." schluchzte Harry hervor. Ich probierte so genau wie möglich hinzuhören doch ich konnte nur manchmal wirkliche Worte verstehen. Ich traute mich meine zweite Hand auch auf seinen Körper zu legen und strich dann leicht über seinen Arm.

„I-ich sag-... sagte... NEIN!" murmelte er weiter und ich wurde nervös. Das noch vor kurzen so gleichmäßige Piepen wurde schneller und Harry immer unruhiger.

„Harry. Ganz ruhig, okay? Okay sei einfach ganz ruhig." probierte ich ihn zu beruhigen, doch dabei begann meine stimme selber zu beben.

„Lass... mi-... mich los."

„Haz... bitte. Bitte sei ganz ruhig."

„Geh... WEG." schrie er etwas lauter und ich wurde langsam etwas ängstlich. Ich glaubte nicht das das für Harry hier gut war. Nach einer anstrengenden OP sollte man sich nicht so aufregen.

Harry begann seinen Kopf zu heben und wieder auf das Bett fallen zu lassen und auch seine Arme  schwirrten unkontrolliert durch die Gegend. Es sah so aus als wollte er sich vor etwas schützen, oder sich etwas vom Leib halten wollen. Ich wollte nicht das er sich zu viel bewegte, vielleicht würden dann die wunden wieder aufgehen, also hielt ich seine Arme erst vorsichtig auf der Matratze, doch Harry war stark und ich musste mehr Kraft aufwenden.

„LASS MICH... LOS!" schrie er und wand sich immer mehr. Ich wollte den Knopf neben seinen Bett drücken um Hilfe zu holen, doch als ich seinen Arm losließ bekam ich kurz darauf seine Faust ins Gesicht. Ich schaffte es nicht dem Knopf zu drücken, sondern musste weiter dafür sorgen das er sich nicht zu viel bewegte. Ich hoffte einfach das seine schreie laut genug waren, das sie ihn hörten.

„VERSCHWINDE!!!!!!!" schrie er und zappelte noch mehr. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt, doch seine Augen waren noch immer geschlossen. Ich musste ich wach bekommen.

„Haz... wach auf. Bitte wach auf." sagte ich total verzweifelt und schrie so laut ich konnte nach Hilfe.

„Hazza, bitte wach doch auf." bat ich und wurde immer wieder durch das knurren von Harry unterbrochen. Ich schrie erneut nach Hilfe. Wie konnte es denn sein das niemand mich hörte?

„Bitte... wach auf. Beruhige dich."

„ES... TUT WEH." schluchzte Harry, doch er wurde nur noch wütender. Mein Herz hatte schon längst einen Sprung, doch das brachte es zum brechen. Etwas tat ihm weh. Sofort zog ich meine Hände von ihm weg und entfernte mich ein paar schritte von ihm. Vielleicht war es ja meine Schuld das ihm etwas weh tat. Doch er schrie weiter und schlug um sich. Ich eilte wieder zu ihm, um ih erneut festzuhalten und kassierte sogleich einen Schlag ins Gesicht. Es war dieses mal mehr einen Ohrfeige, aber sie brannte höllisch.

Wann kamen endlich die verfickten Ärzte??? Sie mussten doch hören das hier etwas nicht stimmte?!

Das piepen der Maschinen war garnicht mehr zu hören, so laut war er und ich bekam immer mehr angst. Es war nicht gut das er sich so aufregte und ich wusste nicht mehr was ich machen sollte außer zu schreien.

„Harry, komm schon. Bitte WACH JETZT EINFACH AUF!" schrie ich und wagte einen Blick zu dem piependen Gerät. Sein Herzschlag war deutlich erhöht und selbst ich, der kaum wirklich Ahnung von Medizin hatte wusste das 154 BPM nichts mehr mir einem Ruhepuls zu tun hatten.

Auch mein Herzschlag ging immer höher, doch für mich war das kaum so ein problem wie für Harry. Die Zahlen auf dem Monitor wollten einfach nich aufhören zu steigen und das machte mich verdammt nervös. Mein Blick schneller immer wieder von Bildschirm zu Harry und zurück.

Als sein Puls schließlich bei 179 BPM lag, schaffte ich es nicht mehr mich zu konzentrieren. Ich schrie nur noch undeutliche Wörter durch die Gegend.

„Bitte... ich Brauch dich doch. Wach jetzt auf Harry." bat ich erneut und ich dachte schon das er gleich einen Herzstillstand erleiden würde, als seine Augen plötzlich aufschlugen. Ich erkannte die pure Angst in diesen und auch den Hilferuf.

„Louis..." hauchte er außer Atem.

Sein Puls lag bei 186 BPM, als die Ärzte reinstürzten.

Why? {L.S.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt