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„Ich mag dich, Vanessa. Das sollst du als erstes wissen." Irgendwie klang es so, als würde gleich ein Aber folgen. Ich wartete einen Moment ab. Es kam jedoch nichts von ihm. „Ich mag dich auch", sagte ich verwirrt. Es war die Wahrheit. Er lächelte mich an. „Kommt da jetzt noch irgendwas hinterher?", fragte ich zur Sicherheit nach. „Nein, eigentlich nicht", grinste Elias schüchtern. Okay?! Eigentlich sollte ich mich freuen, aber ich fand diese Unterhaltung bisher eigenartig. Vielleicht waren es einfach seine Sprachkenntnisse, die ihn an einer eindeutigeren Antwort hinderten. „Ich denke, wir haben es am Anfang überstürzt", meinte der Handballer auf einmal. Automatisch musste ich grinsen, wenn ich an unsere Abende, unsere heißen Abende, zurückdachte. „Sehe ich genauso", blieb ich dann aber auch sachlich, „Ich bereue es nicht. Verstehe mich nicht falsch, aber ich denke auch, wir hätten anders an die Sache herangehen können." „Beruhigt mich, dass du das auch so siehst", lächelte Elias und es schien, als fiele ihm eine Last von den Schultern. „Wir waren beide unehrlich und sind nachdem wir uns drei Stunden kannten im Bett gelandet. Ich würde sagen, es gibt bessere erste Dates", lachte ich verlegen. Elias nickte zustimmend: „Aber der Sex war ja gut." „Dem widerspreche ich jetzt mal nicht." Wir schauten uns tief in die Augen. Ich sah Leichtigkeit und Lockerheit. Das, was er auch auf seinem Datingprofil angegeben hatte. Das erste Mal nahm ich diese Eigenschaften bewusst an ihm wahr. Und es war nicht die letzte Eigenschaft, die ich heute noch zu Gesicht bekommen würde.

„Hast du eigentlich bewusst nicht gesagt, dass du Handballer bist oder war das so ein spontanes Ding?", wollte ich wissen. „Nein, ich hatte von Anfang an vor, dass die andere Person unvoreingenommen an mich rangeht. Deshalb habe ich bewusst nichts gesagt. Ich konnte nicht wissen, dass du mich quasi schon einmal von oben bis unten abgescannt hattest. Ich habe daraus gelernt. Aber ich muss auch sagen, dass du echt gut schauspielern kannst. Ich habe dir wirklich abgenommen, dass du mich nicht kennst", gestand er. „Du aber genauso", gab ich zurück, „Ich habe immer wieder versucht, dich aus der Reserve zu locken, aber du bist standhaft geblieben. Andere Frage - war der Rest von dem was du sagtest ehrlich?" „Es stimmt alles. Bis auf meinen Beruf habe ich dir die Wahrheit gesagt." Erleichtert atmete ich aus: „Das beruhigt mich!"

„Hey, hast du Lust bisschen Handball zu spielen?" fragte er nach einer Weile. „Jetzt? Hier?" „Na klar! Hier ist kein Mensch mehr. Wir haben die ganze Halle für uns alleine." Sein begeistertes Grinsen war ansteckend. Da war die Abenteuerlust, mit der er auf seinem Profil geworben hatte. Bei seinem Anblick konnte ich einfach nicht Nein sagen. „Ist aber schon ne Weile her, dass ich das letzte Mal gespielt habe", klärte ich ihn auf dem Weg zur Halle auf.

Elias knallte seinen Ball mit voller Wucht gegen die Latte, sodass er fast zu uns zurückkam. „War das gewollt?", fragte ich lachend. „Natürlich!" Verräterisch grinsend schaute er mich an. „Hey, keine Lügen mehr!", lachte ich und boxte ihm gegen die Schulter. „Okay, ich geb's zu. Der Ball sollte schön in den Winkel gehen. Rechts oben. Ich habe versagt." Elias' Lachen war ansteckend. Ich war so glücklich in diesem Moment. Es war so unbeschwert mit ihm. Ich musste an nichts anderes denken. Nur daran, dass ich eine tolle Zeit hatte. „Darf ich mal?", fragte ich und deutete auf den Ball. „Klar." Als ich den Ball in der Hand hielt, ekelte ich mich erstmal. „Klebrig?" „Oh ja!", bestätigte ich und betrachtete das Harz an meinen Händen. „Okay, also Ziel ist es ab sofort, die Latte zu treffen. Wir starten vorne und gehen mit jedem Treffer ein Stück weiter zurück", erklärte Elias die Spielregeln. Ich war einverstanden und startete meinen ersten Versuch.

Dieser misslang mir völlig.

Der Ball wollte sich nicht von meiner Hand lösen und fiel schon einen Meter vor mir wieder auf den Boden. Peinlich.

Elias musste lachen, gab mir dann aber Tipps, wie ich den Ball besser von der Hand bekommen würde. Mit der Zeit wurde es immer einfacher und ich hatte richtig Spaß am Werfen. Elias war inzwischen schon an der Mittellinie angekommen. „Wenn ich den treffe, muss ich vom anderen Tor aus treffen", machte er eine Ansage. Wurf. Treffer. Wow. Ich war begeistert. Mein nächster Treffer landete erstaunlicherweise auch an der Latte, aber ich hatte eigentlich keinerlei Chance, Elias noch irgendwie einzuholen. Aber das war auch nicht mein Anspruch. Es machte trotzdem unglaublich viel Spaß. Elias hatte sich inzwischen auf der anderen Hälfte des Spielfelds positioniert und ich hatte ihm den Ball zukommen lassen. Er machte sich zum Wurf bereit, war zu 100% fokussiert und der Ball flog wirklich gut. Er flog sehr gut. Doch er traf nicht die Latte, sondern perfekt den oberen rechten Winkel.

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt