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„Fahren wir jetzt endlich zur Halle?", fragte Theo nach dem Essen ungeduldig. „Ja, ich will sowieso noch kurz mit Karl sprechen." „Weiß er das schon mit Elias?", kam mein Bruder wieder auf das Thema zurück. „Ja." Dass Karl erst der Grund dafür war, ließ ich aus. „Sind die beiden nicht auch gute Freunde?" „Gute Freunde und Teamkollegen", ergänzte ich und nickte. „Denkst du, das wird komisch?", fragte Theo. Ich dachte nach: „Naja, ich bekomme ja nicht viel davon mit. Karl werde ich natürlich weiterhin sehen, aber ob er Elias noch zu uns nach Hause einladen wird, weiß ich nicht."

Wir kamen an der Lanxess-Arena an. So eine gigantische Halle! Theo war schon richtig nervös, vor allem weil wir sehr früh hier waren und ich ihm versprochen hatte, dass wir uns noch kurz mit Karl treffen würden und er dadurch sehr wahrscheinlich auch andere Spieler sehen konnte. Sofort nach Einlassbeginn steuerte ich auf das Spielfeldrand zu, wo ich Karl auch schon sah. Theo folgte mir.

„Schön, dass du da bist", lächelte mein Mitbewohner und nahm danach auch meinen Bruder in Arm. Oft hatten sich die beiden noch nicht gesehen, aber immerhin so oft, dass sie sich erkannten. „Mit Theo hätte ich als letztes heute gerechnet", lachte Karl. „War auch eine sehr spontane Entscheidung." Mein kleiner Bruder war am Starren. So lange, bis Karl Jim antippte und ihn bat, ein Foto mit Theo zu machen. Die zwei redeten auch kurz miteinander. Das gab uns die Gelegenheit, unter vier Augen zu sprechen. Im Augenwinkel sah ich, dass Theo auf die Spielerbank sitzen durfte. Für ihn erfüllte sich gerade ein Traum.

„Ich habe wirklich gedacht, du kreuzt hier heute mit Elias auf", äußerte sich Karl. „Wie kommst du da drauf?" „Ich weiß nicht. Ich hatte es irgendwie im Gefühl. Dass ihr es nochmal versuchen wollt oder einfach so. Das war wirklich mein erster Gedanke." „Wir haben seither nicht mehr geredet. Vielleicht auch besser so", seufzte ich niedergeschlagen. „Ab morgen oder spätestens Dienstag bin ich wieder zurück in Kiel. Dann können wir endlich wieder richtig miteinander sprechen, ohne dass ständig jemand dabei ist", meinte Karl. Er ging auf meine Aussage eben gar nicht ein. „Ich hab Angst, Marie gegenüberzutreten", sprach ich meine Sorge aus. „Ihr müsst reden. Vielleicht sollten wir uns auch mal zu dritt hinsetzen. Ich denke, sie sollte das mit uns wissen. So wie Elias die Wahrheit verdient hatte, hatte es Marie auch zu erfahren", schlug er vor. Verzweifelt legte ich meinen Kopf in den Nacken. Ich wusste, dass er recht hatte. „Eigentlich weiß sie es doch schon", sprach ich trotzdem dagegen. „Sie hat scheinbar einen Gesprächsfetzen gehört, aber das heißt noch lange nicht, dass sie die Unstände oder die Details kennt." „Details? Willst du ihr erzählen, wie du deinen Schwanz in mich geschoben hast?", lachte ich amüsiert. Ich versuchte, das Ganze mit Humor zu sehen. „Vielleicht kapiert sie es ja dann endlich mal, dass ich nicht sie will und sie nie wollte", stieg Karl in mein Lachen ein. Waren wir bösartig?

Selbst wenn, es tat mir gerade gut, mit jemandem lästern zu können. Jemandem, der auf meiner Seite stand und der gerade dasselbe durchmachte. Ich hatte Karl vermisst. Als besten Freund oder als was auch immer!

„Ich muss mich langsam aufwärmen. Ich schicke Theo mal wieder zu dir, nicht, dass er nachher aus Versehen noch ein schwedisches Trikot trägt und sein erstes Länderspiel absolviert." „Ach, so schlimm fände er das glaub auch nicht", grinste ich und nahm Karl nochmal in den Arm.

„Das war so cool!", strahlte mein kleiner Bruder, als wir unsere Plätze einnahmen. „Glaub ich dir. Waren die Jungs nett?" wollte ich wissen. „Super nett. Habe mit fast allen ein Foto machen dürfen", erzählte er und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd. Stolz zeigte er mir die Bilder auf seinem Handy. Einmal waren Karl und ich im Hintergrund zu sehen, wie wir miteinander redeten.

Endlich ging das Spiel los. Ich war so fokussiert auf die Schwedische Nationalmannschaft gewesen, dass ich fast schon wieder vergessen hatte, dass sie im kleinen Finale ja gegen Deutschland spielten. Es war schön mitanzusehen, wie viel Freude Theo hatte. Es war die richtige Entscheidung gewesen, ihn hierher mitzunehmen.

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt