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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war die Bettseite neben mir leer. Wie spät war es überhaupt? Nachdem ich dann aber den Geruch von frischen Brötchen und Kaffee wahrnahm, lächelte ich erleichtert und stand auf. Schnell zog ich mir eine Jogginghose und einen Hoodie drüber und folgte dem leckeren Frühstücksduft. Oberkörperfrei stand mein Mitbewohner in der Küche und brutzelte Rührei. Er hatte mich noch nicht bemerkt. Leise schlich ich mich von hinten an ihn heran und umarmte ihn schließlich. Im ersten Moment erschrak er, doch dann drehte er sich zu mir um und lächelte zuckersüß: „Guten Morgen! Gut geschlafen?" Ich nickte. Danach schmiegte ich mich an seine Brust und genoss den Druck seiner starken Arme auf meinem Körper. So standen wir da, bis die Eier fertig waren. Karl holte aus dem Kühlschrank noch eine Flasche Orangensaft und füllte unsere Gläser. Ich schnappte mir sofort ein Brötchen und schnitt es in zwei Teile. „Sonntagsfrühstück?", fragte ich irgendwann und grinste. „Einmal im Leben kann man sowas machen", entgegnete Karl lässig.

„Wann ist dein Spiel heute?", wollte ich wissen. „16.30 Uhr. Ich muss so gegen 14 Uhr losgehen." „Dann müssen wir uns ja überhaupt nicht stressen", erkannte ich und aß genüsslich weiter. Keiner von uns beiden verlor auch nur ein Wort über den gestrigen Abend, aber dass die Dinge heute anders waren - anders schön - das entging uns beiden wohl nicht. Ich wusste trotzdem nicht so recht, wie ich mich verhalten sollte. Immer wieder kamen Gedanken an Elias in mir auf. „Ich habe im Sommer wahrscheinlich nicht viel Zeit", startete Karl ein neues Gesprächsthema. „Wegen Olympia? Steht euer Kader schon?", wollte ich wissen. „Naja, ich habe am Freitag doch abends noch telefoniert", erzählte Karl. Ich erinnerte mich. Da hatte ich ja schon Bedenken, dass er das nur als Vorwand genommen hatte, aber scheinbar hatte es sich doch um ein wichtiges Gespräch gehandelt. Ich sollte aufhören, an Karl zu zweifeln! „Ich habe mit unserem Nationaltrainer telefoniert, es ging um den Sommer. Eric kann vielleicht nicht dabei sein. Er muss sich operieren lassen. Ich wusste das schon. Wir reden ja. Wenn ich fit bleibe, werde ich derjenige sein, der für ihn im Kader nachrücken wird. Das habe ich am Freitagabend erfahren." Überglücklich fiel ich Karl um den Hals. Ich wusste, dass es ein Lebenstraum für ihn war, bei Olympia dabei sein zu dürfen. Ich freute mich so für ihn!

Nach dem Frühstück schauten wir uns im Wohnzimmer unsere gemeinsame Serie weiter an. Das hatten wir schon lange nicht mehr gemacht und auch dabei war heute alles anders als sonst. Während wir am Anfang noch etwas Sicherheitsabstand hielten, rutschten wir während der Folge immer dichter aneinander, bis ich schließlich in Karls Armen lag und wir ganz vorsichtig dabei Händchen hielten. Ein wohliges Kribbeln durchzog meinen Körper. Es war eine schönes Gefühl, von Karls starken Armen gehalten zu werden. Ich konnte mich fallen lassen und all meine Sorgen vergessen. Es fühlte sich überhaupt nicht komisch an - eher wie etwas, nachdem ich mich schon lange gesehnt hatte. Ich musste sogar zugeben, dass es sich besser anfühlte, als ich anfangs erwartet hatte. Ich atmete tief ein und aus, sog dabei Karls Duft ein und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Dabei wünschte ich mir, dass es für immer so bleiben würde. Ich wollte ihn nicht mehr gehen lassen. Es hatte viel zu lange gedauert, bis ich das endlich begriffen hatte. Karls freie Hand legte sich wenig später auf meinen Oberschenkel und verharrte dort zunächst. Trotzdem spannte sich bei dieser Berührung mein ganzer Körper an und ich wurde nervös.

Vorsichtig, ganz langsam, rückte Karl mit seiner Hand immer weiter an die Innenseite und zwischen meine Beine. Es fiel mir zunehmend schwerer, mich auf den Fernseher zu konzentrieren. Wieder schloss ich die Augen. Ich versuchte jeden Moment und jedes Gefühl zu genießen. Man konnte nie wissen, ob es nicht das letzte Mal war. Plötzlich beugte er sich zu mir und küsste mich. Sofort stieg ich in diesen Kuss ein. Wir harmonierten perfekt. Dieses Sanfte und Zurückhaltende, das unsere gestrigen Küsse noch dominiert hatte, war verschwunden und ich merkte jetzt wieder, dass Karl auch anders konnte. Karl war wild, Karl hatte Feuer. Wir küssten uns wirklich sehr lange, doch dann ließ er nochmal von mir ab und wir konzentrierten uns die letzten Minuten der Folge doch noch einmal auf unsere Serie. Währenddessen redeten wir gar nicht. Heute wurden keine Gedanken kommentiert oder Witze gerissen, heute war die Stimmung anders. Es lag etwas in der Luft.

Nachdem die Folge aus war, schaltete Karl den Fernseher ab und fing an, mich intensiv zu küssen. Wir machten richtig miteinander rum. Immer wieder wanderte seine Zunge zu mir herüber und erforschte mich. Ich tat es ihm gleich. Meine Hand lag an seinem Hals, seine Hand schob sich nun von langsam unter meinen Pulli und erkundete sämtliche Stellen meines Körpers.

Wir lösten uns kurzzeitig voneinander und schauten uns tief in die Augen. Sofort verlor ich mich in dem wunderschönen Blau, das diese ausstrahlten. „Wieso haben wir uns erst jetzt gefunden?", fragte er in die Stille hinein. Ich konnte ihm darauf keine Antwort geben. Ich verstand es doch selbst nicht. Er küsste mich wieder und diesmal wanderte seine Hand tiefer. Kurz zögerte er, als er meinen Hosenbund erreicht hatte, doch als kein Widerstand von mir kam, schob er seine Hand hinein und tastete sich langsam an meinen Intimbereich heran. Währenddessen küsste er meinen Hals, was mich aufstöhnen ließ. Genussvoll legte ich meinen Kopf zur Seite und bot ihm eine größere Fläche zum Küssen an. Das ließ er sich nicht nehmen. Gleichzeitig schob er seinen Finger in mich hinein und bewegte diesen in kleinen Kreisen, was mich unglaublich heiß machte. Es dauerte nicht lange, da folgte auch schon sein zweiter Finger. Kurzzeitig schmerzte es, doch dann genoss ich Karls Berührungen mit geschlossenen Augen. Seine Finger kreisten mal schneller und mal langsamer, dann blieben sie ganz stehen und ich verlor mich in diesem unglaublichen Gefühl von Geborgenheit und Liebe.

Schließlich begannen wir, uns gegenseitig auszuziehen. Keiner redete dabei. Wir wollten es in diesem Moment beide und so ignorierte ich auch all die Fragen, die sich in mir drin angesammelt hatten. Zum Reden hatten wir noch Zeit genug. Mein BH war das letzte Kleidungsstück, das noch entledigt werden musste. Mit einer geschickten Handbewegung öffnete der Schwede den Verschluss und schon fiel das Stück Stoff auf den Boden. Wieder küssten wir uns und diesmal war ich diejenige, die Karl mit der Hand befriedigte.

Unser Vorspiel ging noch einige Momente so weiter, doch nach einer gewissen Zeit konnten wir uns beide nicht mehr beherrschen und wollten uns endlich richtig spüren. Es fühlte sich an wie das erste Mal, es war dieselbe Aufregung. Das lag vor allem daran, dass unser letztes Mal einfach nur aus Frust heraus geschehen war und wir im Nachhinein betrachtet beide gar nicht bereit dazu waren. Ich war mir sicher, dass Karl genauso empfand. Gerade war ich über ihn gebeugt und küsste den Schweden leidenschaftlich und intensiv. Er war bereit. Ich war bereit. Und schon füllte mich sein bestes Stück vollkommen aus.

Es war überwältigend und schön. Ich ließ mich nun zu 100% auf ihn ein und war mir sicher, dass ich das Richtige tat. Das Richtige, mit dem richtigen Menschen an meiner Seite. Karl war die Person, die am meisten über mich und mein Leben wusste. Er kannte mich in guten und in schlechten Zeiten, glücklich und traurig, lustig und wütend. Vor ihm konnte ich ich selbst sein. Das war schon immer so.

Der Sex spiegelte unser großes Vertrauen zueinander wieder. Mit einer geschickten Bewegung drehte Karl uns um, sodass er nun über mir lag. Mir harten Stößen und seinem fesselnden Blick brachte er mich schon fast dazu, zu kommen. Ich merkte, dass aber auch er schon kurz vor dem Orgasmus stand. Wir gaben uns mit voller Leidenschaft unseren Gefühlen und Emotionen hin, waren beide völlig nassgeschwitzt. Da sackte Karl über mir zusammen und zog mich in eine tiefe und innige Umarmung.

„Wann musst du los zum Spiel?", fragte ich nach einer Weile, während ich ihm zärtlich über den Arm streichelte und wir miteinander kuschelten. Unsere Klamotten lagen nach wie vor auf dem Boden verteilt. Karl drehte seinen Kopf, um auf unsere große Uhr im Wohnzimmer schauen zu können. Dann antwortete er: „In einer knappen Stunde." „Ich will gar nicht aufstehen", jammerte ich und schmiegte mich an meinen Mitbewohner. „Ich auch nicht", meinte er, „Am liebsten würde ich den ganzen Tag jetzt so mit dir hier liegen." Immer wieder war ich kurz davor, die Worte „Ich liebe dich zu sagen", doch ich hielt mich zurück. Ich glaube, dafür war es noch zu früh und ich wollte nichts überstürzen.

Auch wenn ich mir mit Karl zu 100% sicher war, sich alles richtig und gut anfühlte, hatte ich große Unsicherheiten in mir. War ich wirklich schon wieder bereit für eine Beziehung? War ich bereit, meine Freiheit und meinen Wunsch, mich auszuleben, schon jetzt für einen Mann wieder aufzugeben? Elias war aus meinem Kopf heraus. Ich war froh, dass wir die Dinge im Nachhinein noch klären konnten. Seitdem machte ich mir auch keine Vorwürfe mehr. Natürlich hatte ich im Hinterkopf, dass auch Elias etwas für Karl empfand und sich durchaus mehr mit ihm vorstellen konnte. Auf der anderen Seite war Karl jetzt in diesem Moment bei mir. Es war nicht nur rein körperlich zwischen uns, nein, es waren Gefühle im Spiel. Echte Gefühle, auf die man aufbauen konnte. Wir mussten nur beide dazu bereit sein. Und ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich für diesen Schritt aktuell noch nicht bereit war.

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt