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Karl war weg und ich konnte mich nicht mal mehr von ihm verabschieden. Elias und ich hatten noch so lange im Bett geredet, dass er mit Marie schon zum Flughafen aufgebrochen war. Für uns wurde es langsam aber auch Zeit. Es war schon fast Mittag und in zweieinhalb Stunden wollten wir bei meinen Eltern sein.

Ich schminkte mich, währenddessen kochte Elias für uns beide ein schnelles Mittagessen. Wir aßen gemeinsam und fuhren dann wenig später schon los Richtung Neumünster. Ich hatte meinem Freund versprochen, ich würde ihm noch ein bisschen die Stadt zeigen und Orte, mit denen ich irgendwelche Erinnerungen verband. Wir liefen an meiner alten Schule vorbei, an meinem Lieblingsspielplatz und an der besten Eisdiele der Stadt, die über die Wintermonate aber leider geschlossen hatte. Danach ging es zu meinen Eltern, die uns schon sehnlichst erwarteten.

„Mama, Papa, das ist Elias!", stellte ich ihnen meinen Freund vor und lief dabei knallrot an. Es war das erste Mal, dass ich in einer solchen Situation war. Damals mit Maurice war es etwas anderes, da meine Eltern ihn von klein auf kannten. Zu diesem Zeitpunkt war es einfach nur die Überwindung zu sagen, dass wir nun zusammen wären. Da meine Mutter uns aber eines Tages knutschend vor der Haustüre erwischt hatte, war das auch schnell geklärt. Elias brachte zumindest den Vorteil mit sich, dass man im Internet einiges über ihn nachlesen konnte. Schnell merkte ich, dass meinen Eltern seine Eckdaten bereits bekannt waren. Theo kam nun ebenfalls nach unten. Seine Begrüßung gegenüber Elias fiel ziemlich verhalten aus. „Alina hast du schon kennengelernt?", wollte meine Mutter wissen, während sie einen Apfelkuchen anschnitt. „Ja, dadurch dass sie in Kiel wohnt, hat sich das vor ein paar Wochen mal ergeben." „Und hast du Geschwister?", fragte mein Vater.

Elias antwortete brav, aber ich merkte, dass er sich etwas unwohl fühlte. Es klang wirklich fast wie in einem Verhör. In der Küche sprach ich meine Mutter darauf an und bat sie, ihn vielleicht mehr in Gespräche zu verwickeln, anstatt ihn mit Fragen über sein Leben und seine Person zu durchlöchern. Theo hatte sich inzwischen schon wieder in sein Zimmer verzogen. Meine Eltern gaben sich Mühe, aber irgendwie hatte ich das ungute Gefühl, dass sie Elias nicht so toll fanden. Das stimmte mich mehr als traurig. Vor allem wenn ich daran dachte, wie gut ich mich mit seiner Familie verstanden hatte. Ich freute mich auch schon unglaublich darauf, sie bald wiederzusehen. Ich wusste, morgen würde ich die Quittung für den heutigen Besuch erhalten. Es gab dafür keinen besseren Anlass als Heiligabend...

Nach dem Abendessen brachen wir wieder auf. Im Auto kamen mir die Tränen. Elias fuhr rechts ran und tröstete mich. Er verstand nicht, warum ich so traurig war. Ich wollte ihm nicht direkt unter die Nase reiben, was meine Eltern von ihm hielten. Also sagte ich lediglich: „Deine Familie war so nett damals und meine Eltern sind so voll kühl und distanziert." „Ach Quatsch, ich fand den Nachmittag total nett", beschwichtigte Elias sofort. Ich zwang mir ein leichtes Lächeln auf. Immerhin einer, der das ganze Positiv sah...

Wir gingen relativ schnell schlafen an diesem Abend. Diesmal schlief ich wieder neben ihm ein. Besser gesagt in seinen Armen. „Ich werde dich so vermissen die nächsten Wochen", machte er mir kurz vor dem Einschlafen klar. Innerlich musste ich grinsen. Wie schön Überraschungen doch waren... „Keine Antwort?", fragte er verwundert nach. Oh! Vor lauter Gedanken und innerlichen Freundensprüngen war mir das wohl entgangen. „Ich werde dich genauso vermissen", sagte ich also brav und schlief kurz darauf ein.

...

Elias war unterwegs auf die Faröer Inseln und ich war unterwegs zu meinen Eltern. Meine Schwester saß neben mir, sie kümmerte sich um die Musik. Ich beschloss, ihr vom gestrigen Tag zu erzählen und sie damit schon mal vorzuwarnen, was Mama und Papa heute wohl noch zu sagen hätten. „Wie kann man Elias denn nicht mögen?", konterte sie sofort. Ich musste lachen. „Ich wette, wenn du ihn mit nach Hause gebracht hättest, dann hätten sie ganz anders reagiert." „Warum das?" „Der Altersunterschied hat sie doch schon schockiert als ich ihnen vor ein paar Monaten das allererste Mal von ihm erzählt hatte. Mein Gott, es sind drei Jahre, das ist jetzt wirklich nicht die Welt", meinte ich. „Achso, und du meinst, weil ich jünger bin als er, würden sie es eher akzeptieren?", fragte Alina nach. „Du sagst es", entgegnete ich, „Eher! Gutheißen würden sie es glaub trotzdem nicht." „Weil er Profihandballer ist?" Ich nickte und fügte an: „Ist zumindest meine starke Vermutung. Aber wir werden es ja gleich sehen. Hast du alles eingepackt, was du für die Nacht brauchst?"

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt