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„Also siehst du dich auch in Zukunft nicht an Karls Seite?", fragte Stine. Ich zuckte mit den Schultern und meinte: „Keiner weiß, was die Zukunft bringt. Solange ich aber nicht zu 100% über Elias hinweg bin, sehe ich da keine Chance." „Liebst du ihn noch?", mischte sich Emma nochmal ein. „Wen jetzt? Elias?" Sie nickte. Ich dachte nach: „So ganz vergessen kann ich ihn nicht, aber in einer Beziehung sehe ich uns definitiv auch nicht mehr... ach ich habe selbst keine Ahnung!" Stine lächelte. Warum tat sie das? Das machte mich ganz nervös. „Ich denke, ihr beiden solltet nochmal miteinander reden", schlug sie am Ende vor und deutete auf das Spielfeld, wo unsere Männer gerade Autogramme verteilten und gezwungenermaßen in Handykameras lächelten. So richtig glücklich wirkte keiner. Verständlich nach dieser bitteren Niederlage gegen den Erzrivalen aus Flensburg.

„Da unten ist Elias. Geh zu ihm hin", riet Stine. „Jetzt?!" Der Schock stand mir ins Gesicht geschrieben. „Natürlich jetzt! Sonst ist er weg!" Jammernd stand ich auf und bewegte mich Richtung Spielfeldrand. Abgefangen wurde ich von Karl höchstpersönlich. Dazu hatte er sogar ein kleines Kind versetzt, das ein Autogramm auf seinem Ball haben wollte. „Was hast du vor?", fragte er mich. „Mit Elias sprechen... Du hast Kundschaft, die solltest du nicht warten lassen", sagte ich trocken, doch das kümmerte meinen Mitbewohner herzlichst wenig. „Worüber willst du denn mit ihm sprechen?" „Über die Scheiße, die er jedem erzählt! Sogar Stine und Emma haben gefragt, ob wir zusammen sind", gab ich wieder. „Okay", lächelte er schließlich und widmete sich wieder dem ungeduldigen Kind zu. Naja, der Junge hatte allen Grund ungeduldig zu sein.

Elias' eiskalte Augen blickten mich an. Er hatte mich entdeckt. Und offenbar merkte er, dass ich auf dem Weg zu ihm war. Daraufhin drehte er sich von mir weg und lief Richtung Umkleidekabine. Das war eindeutig! Er wollte nicht mit mir sprechen. Karl schlang von hinten seine Arme um mich, doch ich befreite mich sofort wieder aus seinem Griff. Nicht hier. Nicht in dieser Situation. Wir mussten die brodelnde Gerüchteküche nicht noch weiter anheizen. „Warum will er nicht mit mir sprechen?", fragte ich Karl trotzdem. „Wir haben gerade verloren. Glaub mir, der Moment ist nicht der beste." „Ich glaube aber selbst wenn ihr gewonnen hättet, wäre er mir davongelaufen." „Lass gut sein für heute. Ihr habt die Möglichkeit", versicherte der Schwede. Ich seufzte laut auf.

„Ich würde auch duschen, wir treffen uns so in einer halben Stunde am Parkplatz, okay?" Ich nickte und ging zurück zu Emma. Stine unterhielt sich gerade mit Rune. „Alles gut?", wollte Svens Freundin wissen. Ich schüttelte den Kopf und sagte: „Ich hätte niemals was mit beiden anfangen dürfen!" „Warte?! Mit beiden?", fragte Stine ganz entsetzt. Auch Emma war sichtlich schockiert: „Karl und du, ihr hattet doch was miteinander?" „Ja, hatten wir. Warum glaubt ihr denn, sind Elias und ich nicht mehr zusammen?", entgegnete ich frustriert. Ich war trotzdem froh, dass wenigstens das nicht die Runde in der Mannschaft gemacht hatte. „Das heißt, das lief alles während der Beziehung ab?", hakte Runes Freundin zum Verständnis nach. „Ich habe keine Lust, dafür verurteilt zu werden. Da steckt noch so viel mehr dahinter." „Keiner verurteilt dich, Vanessa", lächelte Emma. Stine stimmte ihr zu: „Lasst uns über was anderes sprechen. Was habt ihr im Sommer geplant?" „Bis dahin ist es ja noch eine halbe Ewigkeit", lachte ich. „Naja, für mich ist es einfach nur Vorfreude. Die Olympischen Spiele stehen an. Es wäre so schön, wenn Rune und ich beide nach Paris fahren", schwärmte die Norwegerin. „Stimmt ja, natürlich", fiel jetzt auch Emma ein, „Das wäre ja absolut romantisch." „Wenn Karl spielt, bin ich sicherlich auch dort", meinte ich. „Davor wollen wir aber erstmal noch in Urlaub fahren. Die wenigen Tage nutzen, die uns bleiben, bis die Vorbereitung beginnt", erzählte Stine. „Ich habe noch gar keine Pläne diesen Sommer. Karl wollte mit paar Kumpels wegfahren. Wahrscheinlich bin ich alleine." „Sven und ich haben noch gar nicht geredet. Würde aber schon gerne mit ihm wegfahren", sagte Emma. Plötzlich vibrierte mein Handy in der Hosentasche. Karl rief an. „Wo bist du?", meldete er sich aufgebracht. „Habe mich verquatscht. Bin in zwei Minuten unten", versprach ich und legte auf. „Ich muss los. Karl wartet", verkündete ich den beiden Mädels und nahm sie zum Abschied in den Arm. Es tat mal wieder richtig gut, so offen und locker zu quatschen. Schade, dass Stine in Ungarn wohnte und nur selten hier sein konnte.

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt