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Nachdem die Jungs geduscht und sich gerichtet hatten, ging es in eine große Location, die extra für die Feier heute gemietet wurde. Die ersten Frauen und Kinder waren bereits da, als Marie, Karl, Elias und ich wenig später auch dazustießen. Nach und nach kamen auch immer mehr der Jungs an und so füllte sich der Saal ziemlich schnell. Stine und Rune hatten sich auch gleich zu uns dazugesetzt, danach kamen noch - wer hätte es erwartet - Eric, Magnus und Sven an unseren Tisch. Nach einer Weile wurde das Essen serviert. Ich hatte wirklich einen Bärenhunger und haute daher auch ordentlich rein.

Nach dem Essen hielt Filip noch eine kurze Ansprache und bedankte sich bei allen für diese erste Saisonhälfte und wünschte allen Spielern, die mit der Nationalmannschaft unterwegs waren eine erfolgreiche und verletzungsfreie Zeit. Danach wurde die Musik etwas lauter gedreht und es floss auch immer mehr Alkohol. Da ich Fahrerin war, musste ich mich allerdings stark zurückhalten.

Die ersten verabschiedeten sich schon relativ früh. Die Kinder mussten schließlich ins Bett. Unser Tisch war aber weiterhin stark vertreten - in der Anzahl und am Glas. Ich konnte da nicht so ganz mitfühlen, also setzte ich mich an den Nebentisch zu Niko und Harald. „Wo sind deine Kids?", fragte ich den Norweger sofort, da ich sie nicht mehr sah. „Meine Frau ist mit ihnen nach Hause. Ich wollte noch ein bisschen bleiben", klärte er mich auf. „So muss das sein", grinste ich, „Ich darf nachher die Bande dort hinten noch nach Hause fahren", lachte ich. „Alle?" Niko zählte verwundert nach. „Nein, Marie, Karl, Elias und Sven. Keine Ahnung, wie die anderen heimkommen, aber sind ja alle erwachsen", meinte ich. „Das stimmt. Da mache ich mir auch keine Sorgen", stimmte mir Harald zu. Die beiden hatten selbst noch keinen Plan, wie sie nachher nach Hause kommen würden.

Ich quatschte noch eine Weile mit den beiden, dann wurde ich von Victor angesprochen. Wir hatten beim letzten Shooting ja von diesem THW-Imagefilm geredet und er hatte nun konkrete Vorstellungen, wie das ganze aussehen könnte. Ich sagte zu ihm, dass er am besten nach den Weihnachtstagen mal ins Studio kommen solle und wir da alles besprechen konnten. Da Marie ja sowieso in Schweden umherschwirrte, musste ich mir um sie auch keine Sorgen machen. Nach wie vor wollte ich sie aus diesem Projekt raushalten.

Nach diesem kurzen Gespräch ging ich wieder zu meinem Freund zurück. „Gehen wir kurz an die frische Luft?", fragte er sofort. Ich nickte. Die anderen bekamen gar nicht mit, dass wir gingen. „Sauerstoff!", schwärmte er, „da drinnen ist die Luft so schlecht!" „Vielleicht hast du ja auch einfach schon zwei, drei Gläser zu viel getrunken. Da wird einem schnell warm", äußerte ich meine Theorie und rückte dichter an ihn heran. „Vielleicht bist auch du diejenige, die mich heiß macht", raunte er dicht an meine Lippen. Währenddessen hielten wir einen intensiven Blickkontakt. „Vielleicht macht dich ja auch Karl heiß. Ihr saht gerade sehr vertraut aus", flüsterte ich verführerisch und strich mit meinem Finger über seine Lippen. „Du kleine Spannerin", trieb er das Spielchen weiter und kam mir immer näher. Es passte kaum noch ein Blatt zwischen unsere Lippen, aber der Kuss fiel noch nicht. „Findest du nicht auch, dass Karl mit diesem schwarzen Shirt heute wahnsinnig heiß aussieht?", sprach ich weiter. Elias' Stimme wurde immer schwächer: „Genauso heiß wie du!" „Dann küss mich endlich!"

Das ließ sich mein Freund nicht zweimal sagen und löste endlich diese unerträgliche Spannung zwischen uns. Jetzt war es mir übrigens auch heiß geworden - und das obwohl wir gerade draußen in der Kälte standen. Wir machten so heftig miteinander rum wie schon lange nicht mehr. Das tat einfach mal wieder richtig gut. Auch wenn ich nichts getrunken hatte, fühlte ich diesen Moment und genoss jede einzelne Sekunde davon. Unterbrochen wurden wir dann allerdings von...

... Karl!

„Hot!", kommentierte er im Vorbeilaufen. Was hatte er vor? Wo ging er hin? Elias und ich lösten uns voneinander, er hielt aber weiterhin einen Arm um mich gelegt. Kurz darauf kehrte der Schwede wieder zurück. „Was hast du gemacht?", fragte ich. „Telefoniert", meinte er. „Muss man das jetzt verstehen?", wollte ich wissen. „Nein", beantwortete er mir die Frage. Er wirkte nervös. „Im dem Shirt siehst du so heiß aus", sprach Elias nun die Worte aus, die ich vorhin erstmals laut ausgespuckt hatte. Jetzt wirkte mein Mitbewohner überfordert. „Wollte ich dir einfach nur sagen", fügte Elias an, schaute Karl mindestens genauso intensiv in die Augen wie mir eben, hatte seinen Arm aber weiterhin um mich gelegt. „Ihr seid ein hübsches Paar", entgegnete nun Karl. Jetzt war ich verwirrt. Hier lag doch irgendeine sexuelle Spannung in der Luft?! „Wo ist Marie?", fragte Elias. „Innen", beantwortete Karl trocken, „Redet mit Rune." Die beiden Handballer blickten sich weiterhin an. „Komm, lass auch wieder reingehen", fasste Elias plötzlich eine Entscheidung, zog mich an ihn heran und küsste mich nochmal genauso leidenschaftlich wie gerade eben schon. Zu dritt gingen wir wieder hinein.

Was war denn das eben?!

Etwas nachdenklich setzte ich mich zurück an den Tisch neben Marie. Sie hatte wahrscheinlich keine Ahnung, was da draußen eben abging. Dieses Blickduell zwischen Karl und Elias war meiner Meinung nach noch lange nicht beendet. Ich hielt die beiden im Auge und immer wieder fielen mir intensive Blicke auf. Was würde der heutige Abend noch für Wendungen mit sich bringen?

Wir blieben bis kurz nach halb eins. Die meisten waren schon weg. Wir verabschiedeten uns von den Übriggebliebenen und meine Mitfahrer stiegen bei mir ins Auto ein. Als erstes setzte ich Sven zuhause ab. Danach fragte ich Karl und Marie, wo ich die beiden hinbringen sollte. „Ich will nach Hause", grummelte Marie unverständlich. Sie war auf der Fahrt fast eingeschlafen und wirkte auch allgemein ziemlich fertig. Schien am Alkohol zu liegen. Sie hatte sich ein Weinschorle nach dem anderen hinuntergekippt. War wohl doch etwas zu viel am Ende.

Bei ihrer Wohnung angekommen, wollte Karl schon mit aussteigen, doch seine Freundin hielt ihn zurück. „Ich will alleine sein", faselte sie und schwankte hin und her. „Dann lass mich dich wenigstens nach oben bringen. So lasse ich dich garantiert nicht alleine", verhandelte Karl. Marie gab zwar keine Antwort von sich, widersprach ihrem Freund aber auch nicht. Also begleitete er sie nach oben in ihre Wohnung und bat Elias und mich, kurz zu warten. Falls Marie es sich doch anders überlegen sollte, würde er uns schreiben.

Ich nutzte die Zeit, die wir alleine waren, um meinen Freund auf Karl anzusprechen. „Was war das heute?" Elias wurde etwas verlegen. „Sorry! Du weißt, dass ich nur dich liebe?" „Äh, ich hoffe es mal", meinte ich lachend. „Karl hat mich heute echt bisschen heiß gemacht", gestand Elias daraufhin. Erst wurde ich stutzig, doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich genau diese Lockerheit in letzter Zeit bei Elias so vermisst hatte. „Soll ich ehrlich sein? Eure Blicke haben mich ziemlich angetörnt", gab ich zu. Er umfasste meine Wangen und küsste mich leidenschaftlich.

Wieder wurden wir unterbrochen und wieder war es Karl. Elias und ich fuhren auseinander, doch mein Mitbewohner grinste bloß. „Geht's Marie gut?", fragte ich nach. „Sie schläft", klärte er auf. „Sicher, dass du nicht doch bei ihr bleiben möchtest?", wollte nun Elias wissen. Doch Karls Antwort folgte promt: „Nein!"

Ich fuhr zu unserer WG, um Karl dort abzusetzen, aber irgendwie hatte ich es im Gefühl, dass das auch für Elias und mich die letzte Station heute war. Irgendwas lag in der Luft. Das spürte ich. Während der Fahrt hatte Elias seine Hand die ganze Zeit auf meinen Oberschenkel gelegt. Geredet wurde nicht. Ich bog in unsere Straße ab und stellte das Auto an den Straßenrand. „Wo schlaft ihr?", fragte Karl. Elias neben mir zuckte mit den Schultern. „Wollt ihr mit hochkommen?", kam es von meinem Mitbewohner. Mein Freund suchte meinen Blick. Er wollte. Das sah ich in seinen Augen. Also meinte ich: „Ich suche schnell einen richtigen Parkplatz." Ich muss zugeben, dass ich richtig nervös wurde. Meine Hände wurden schwitzig und ich begann zu zittern. Zum Glück war es dunkel, sodass das niemand sah. Nachdem ich fast noch ein Auto gerammt hatte, stiegen wir aus und Karl kramte in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel. Bis er ihn gefunden hatte, hatte ich schon längst aufgeschlossen. Wir waren alle drei nervös. Elias stolperte direkt die erste Treppenstufe nach oben.

Auf dem Weg nach oben gingen trotzdem einige Gedanken durch meinen Kopf.

Würde gleich das passieren, was ich dachte?
Wie könnten wir das rechtfertigen?
Hätte es Einflüsse auf meine Beziehung?
Was würde aus Karl und Marie werden?

Nachdem wir dann oben angekommen waren, wurde die Situation richtig komisch. Ich war nach wie vor nüchtern, was es nicht gerade einfacher machte. Ich holte mir ein Glas Wasser aus der Küche und folgte Elias danach in mein Zimmer. Karl war im Bad verschwunden. Mein Freund lag auf meinem Bett, ich beugte mich über ihn und drückte ihm einen Kuss auf. „Was passiert hier?", formte ich mit meinen Lippen. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, dass Karl uns hört. Also redete ich so leise wie möglich. „Ich liebe dich, Vanessa, nur dich!", erklärte Elias erneut. „Ich weiß", hauchte ich dicht an seine Lippen und küsste ihn wieder. „Versprich mir eins", bat mein Freund, „egal, was heute Nacht noch passiert, es ändert nichts an uns und unserer Liebe!" Mein Herz schlug immer schneller. Wollte ich es? Wollte ich es nicht? „Versprochen!", entschied ich und setzte mich auf.

Ich warf einen Blick zur Tür und da stand er. Angelehnt am Türrahmen. Leicht verstrubbelte Haare und ein unfassbar hübsches Grinsen. Karl! Er war hier!

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt