„Frohe Weihnachten, Oma!", entgegnete ich freundlich und ging gar nicht auf ihren Tadel ein. Ich hatte es Elias ja versprochen. Es fiel mir nur mehr als schwer, jetzt nicht irgendeinen dummen Spruch zu bringen. Ich grinste aufgesetzt. Warum hatte ich Elias dieses Versprechen nochmal gegeben, mich zu benehmen?
Sie benahmen sich mir gegenüber doch auch nicht...
„Vanessa! Wir haben uns schon Sorgen gemacht", empfing mich meine Mutter und ich hatte das Gefühl, sie war tatsächlich erleichtert, mich zu sehen. „Papa war schon kurz davor loszufahren und nach dir zu schauen gestern, die Anrufe gingen gar nicht mehr durch, dann hat Alina aber gesagt, dass du wohl mit einem Freund unterwegs wärst." Fragend schaute ich meine kleine Schwester an. „Elias hat es mir geschrieben", zwinkerte sie.
Auch wenn es sich doof anhörte, fand ich diesen Moment schön, weil ich spürte, dass ich ihnen doch nicht so egal war, wie ich befürchtet hatte. Vor allem Alina schien in keinster Weise sauer auf mich zu sein. „Wie bist du denn jetzt hergekommen?", fragte mein Vater. Ich wedelte mit Karls Autoschlüssel herum. „Wie geht es Karl denn? Du hast schon ewig nichts mehr von ihm erzählt", kam es von meiner Mutter.
Bei diesen Worten lief ich knallrot an. Ja... wie ging es Karl denn? Seit er mit Marie in Schweden war, hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Von beiden nicht. „Gut", beantwortete ich knapp die Frage. Gerade wollte meine Mutter weiterreden, da servierte meine Oma das Essen. Sie schien aufgrund meiner Verspätung in Hektik gekommen zu sein - das Essen war offensichtlich schon längst fertig.
Jedenfalls herrschte dann erstmal gefräßige Stille. Gut für mich, denn so ging einerseits Zeit vorbei, andererseits konnte niemand was Dummes sagen. Weder ich, noch die hier Anwesenden. Meinem Bruder war diese Stille aber scheinbar zu langweilig: „Schaust du die Handball EM an, Vanessa?" „Klar, ich muss ja meine Freunde unterstützen - ich kann nur echt nicht sagen, für wen ich bin", lachte ich. „Sollte das nicht klar sein?", stichelte nun Alina. „Nur weil ich mit Elias zusammen bin, muss ich nicht automatisch für die Faröer Inseln sein", sagte ich schnippisch. Und Zack! Schon hatte ich es mir selbst versaut. Alina entgegnete: „Eigentlich meinte ich Deutschland."
Fuck!
„Schaust du das Auftaktspiel?", fragte mein Bruder glücklicherweise, „Die wollen wohl den Zuschauer-Weltrekord beim Handball knacken." „Seit wann interessierst du dich denn so für Handball?", wollte ich von Theo wissen. Und mit dieser Frage war ich schon ins nächste Fettnäpfchen getreten: „Äh, ich spiele selber seit drei Jahren Handball?!" „Ich dachte, du kickst", äußerte ich mich. „Damit habe ich doch schon letztes Jahr aufgehört - hörst du mir überhaupt zu, wenn ich dir etwas erzähle?"
Nein, offensichtlich tue ich das nicht...
Am besten wäre es wohl, ich würde den ganzen Nachmittag über schweigen. Damit konnte man nichts falsch machen. War nur leichter gesagt als getan. Meine Schwester griff wieder das Thema von vorhin auf. „Elias spielt für die Färinger, Karl für Schweden, Rune für Deutschland... wen vergesse ich?" „Eric, aber der gehört auch zu Schweden. Niko ist mit den Österreichern dort und dann halt noch die ganzen anderen, mit denen ich halt nicht so viel zu tun habe. Harry, Samir, Dule, ach und Magnus, den hätte ich ja fast vergessen. Er ist mit Dänemark natürlich großer Titelfavorit", zählte ich meiner Schwester auf. „Und die kennst du alle persönlich?", wollte mein Vater nun ganz angetan wissen. Ich nickte stolz. Im Prinzip kannte ich sie auch schon vor meiner Beziehung mit Elias - zumindest diejenigen, die Karl halt regelmäßig mit nach Hause geschleppt hatte.
Mein Handy klingelte. Es war Marie. Was wollte die denn jetzt? Ich ging ran, verließ dabei aber das Zimmer. Sie fragte, ob ich Zeit zum Reden hätte. Ich musste sie leider vertrösten, versprach aber, dass ich sie später auf der Rückfahrt nach Kiel anrufen würde. Damit gab sie sich zufrieden und wünschte mir einen schönen Weihnachtstag mit meiner Familie.
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Sweet Lies
FanfictionEine Beziehung, die bereits auf einer Lüge aufbaut, kann keine Zukunft haben. Das weiß auch die 23-Jährige Vanessa, doch der Reiz und die Versuchung ist größer. Sie kann einfach nicht widerstehen, auch wenn sie genau weiß, dass ihr Verstand etwas An...