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Meine Laune sank schlagartig nach unten. Was hatte sich Karl dabei bloß gedacht? Wahrscheinlich mal wieder gar nichts! Vor einer Woche hatte er ihn quasi aus unserer Wohnung geschmissen und jetzt spazierten sie in aller Selbstverständlichkeit gemeinsam hier rein. Warte... wollten sie mir jetzt vielleicht verkünden, dass sie nun offiziell ein Paar wären? Dass ich mich aus deren Beziehung raushalten soll? „Was soll das?", fragte ich mürrisch. „Es war meine Idee, tut mir leid, wir hätten dir Bescheid geben müssen", antwortete Elias höchstpersönlich. „Ich habe nur für zwei Personen gekocht... müssen schauen, wie wir uns das Essen aufteilen", grummelte ich. „Das kriegen wir schon hin", meinte Karl und holte einen dritten Teller aus dem Schrank. Elias nahm Platz. Als er gerade nicht hinschaute, warf ich meinem Mitbewohner drohende Blicke zu. Ich hasste ihn so für diese Aktion!

Beim Essen war es zunächst still. Offensichtlich hatten die beiden mir etwas zu sagen, also sollten sie auch den Anfang machen. „Wie war es in Köln?", fragte Karl stattdessen bloß. „Fangen wir hier jetzt mit Smalltalk an?", reagierte ich zickig, „Von mir aus können wir auch direkt zur Sache kommen und uns den netten Teil davor aussparen." Elias hätte sich bei diesen Worten fast verschluckt. „Warum ist Elias hier?", fragte ich noch einmal, diesmal allerdings direkter und in aller Deutlichkeit. „Wir dachten, es wäre gut, wenn wir vielleicht mal zu dritt reden würden", beantwortete Karl meine Frage. „Ich sehe da keinen Sinn drin", sagte ich weiterhin schlecht gelaunt. „Was schlägst du stattdessen vor?", kam genervt die Frage von meinem Mitbewohner. „Ja dann reden wir halt. Wir werden Elias ja jetzt wohl kaum heimschicken", gab ich schließlich auf, „Aber scheiße find ich's trotzdem von dir."

Elias fühlte sich unwohl. Das sah man ihm an. Verständlich. Wir redeten immerhin gleich darüber, dass er mit uns beiden was hatte - zur selben Zeit. Es könnte durchaus unangenehm für ihn werden. Ich fragte mich nur, was die Lösung von alldem werden sollte. Denn eines war mir klar: So konnte es nicht weitergehen!

Letztendlich überwand ich mich und stellte die erste Frage, die mich in den letzten Tagen sehr beschäftigt hatte: „Seit wann läuft das zwischen euch beiden schon?" Elias und Karl warfen sich für mich undefinierbare Blicke zu. Karl erzählte schließlich: „Genau kann ich's dir nicht sagen. Als wir im Trainingslager waren, haben wir beide gemerkt, dass wir eine Anziehung für den jeweils anderen spüren. Da war aber noch nichts. Ich glaube, es war das erste oder zweite Saisonspiel. Wir waren die Letzten in der Kabine, alle anderen waren schon weg. In der Dusche ist es zu einem Kuss gekommen." Elias nickte und ergänzte: „Wir haben uns hin und wieder getroffen - meistens heimlich. Wir wollen auch nicht, dass das in der Mannschaft die Runde macht. Wir haben von Anfang an gesagt, dass es was Lockeres zwischen uns ist. Darüber sind wir uns auch einig." „Also eine Freundschaft Plus?", hakte ich nach. „Ja, sowas in der Art. Wir haben dem Ganzen keinen Namen gegeben", klärte Karl auf. Ich war etwas schockiert über die Wahrheit. Mein Mitbewohner führte weiter aus: „Wir haben auch gesagt, dass wir uns mit anderen Männern, Frauen, was auch immer treffen können. Ich wusste auch, dass Elias jemanden datete - hätte nur nicht damit gerechnet, dass du es bist." „Und wie lange hattest du vor, so weiterzumachen?" Diese Frage richtete ich direkt an Elias. Er zuckte jedoch nur mit den Schultern. Es brachte nichts, weiter nachzubohren.

„Eric, er hat erzählt, dass du mit jemand schreibst", fuhr ich fort und schaute wieder zu Elias. „Bei eurem Champions League Auswärtsspiel vor kurzem", schob ich hinterher, „Deshalb habe ich mich auch nicht mehr gemeldet." Elias dachte scharf nach. Karl mischte sich ein: „Ich war es. Wir haben uns im Bus geschrieben. Aus diesem Grund habe ich Eric auch so schnell unterbrochen als er das beim Abendessen hier erzählt hat. Ich hatte Angst, es würde irgendwas rauskommen." Sein Lover wusste nach wie vor nicht, von welchem Tag wir sprachen. Karls Antwort hatte mich aber tatsächlich beruhigt. Scheinbar war er meine einzige Konkurrenz in Bezug auf Elias Ellefsen á Skipagøtu, dem 21-Jährigen Toptalent von den Faröischen Inseln.

Sweet LiesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt