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Eine knappe Woche später war es soweit. Karl und die THW-Jungs hatten am Donnerstagabend noch ein Heimspiel gegen den TSV Hannover-Burgdorf. Direkt danach wollten wir losfahren. Gepackt hatten wir alles schon davor und es war auch schon alles ins Auto verladen. Es konnte also gleich nachdem Karl geduscht hatte losgehen. Er hatte mir versprochen, sich zu beeilen und heute auch nach dem Spiel nicht mehr zu den Fans hinauszugehen. Darauf verließ ich mich.

In der Halle traf ich wieder viele bekannte Gesichter. Ich gesellte mich zu den anderen Spielerfrauen dazu und wir kamen gleich ins Gespräch. „Von wem bist du heute die Begleitperson?", witzelte Stine, die ebenfalls ein romantisches Wochenende mit Rune geplant hatte. Für die beiden ging es morgen nach Frankreich. „Naja, hergekommen bin ich mit Karl und planmäßig fahre ich auch nachher mit ihm weiter", lachte ich. „Weiß Elias, dass ihr zusammen wegfahrt?", fragte sie. Ich zuckte mit den Schultern, denn ich wusste es nicht. „Ich glaube, er weiß mehr als mir lieb ist", erzählte ich kurz darauf zögernd. „Das heißt, zwischen euch läuft jetzt was?", wollte Stine lächelnd wissen. Das letzte Mal, als ich sie gesehen hatte, war ich noch felsenfest davon überzeugt, dass Karl und ich besser Freunde blieben. Heute sah die Welt schon ganz anders aus. „Ja", löste ich auf, „Ich kann nicht sagen, was genau das zwischen uns ist, aber es ist schön." „Ich freue mich für euch. Eure Verbindung ist eine ganz besondere", meinte die Norwegerin und ich nahm ihr diese Worte ab. Eine Frage hatte sie allerdings noch: „Wie geht Elias damit um? Weiß er es?" Ich nickte und sagte: „Er hat mich gefragt, ob ich weiß, dass Karl mich liebt." „WAS?", platzte es aus Stine heraus und sie hielt sich selbst die Hand vor den Mund. Sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Ich weiß aktuell selbst nicht, was ich noch denken soll", seufzte ich.

Nach Spielende suchte ich kurz noch Karl auf, bevor er in den Katakomben verschwand. Er versprach mir nochmals, dass er sich beeilen würde und wir uns in zwanzig Minuten am Auto treffen würden. Gerade wollte ich zu den Mädels zurückgehen, da tippte mich Elias an der Schulter an. Karl war bereits weg. Er bekam nichts mehr davon mit. „Ihr fahrt weg", sagte er. Es klang weniger wie eine Frage, wahrscheinlich, weil er die Antwort darauf selbst schon wusste. „Ja, wenn ihr schon mal ein freies Wochenende habt", sagte ich zögernd. „Viel Spaß!", wünschte er, aber seine Stimmlage verunsicherte mich. Wirklich happy schien er damit nicht zu sein. „Reden Karl und du miteinander?", wollte ich wissen. „Als Teamkollegen eher schwierig, nicht miteinander zu sprechen", entgegnete er humorlos. Das letzte Mal hatten wir uns an dem Abend gesehen, als ich auf der Suche nach Karl war. Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass die Stimmung zwischen uns an diesem Tag ganz gut war und wir offen miteinander sprechen konnten. Was war in der Zwischenzeit passiert? Was hatte ihn verändert? „Hast du noch Gefühle für Karl?", fragte ich ihn also sehr direkt. Anders würde ich wohl nicht an ihn herankommen. Beschämt schaute er zu Boden, dann blickte er mich wieder an und gestand: „Nicht nur für ihn!" „Was soll das heißen?", fragte ich unsicher. „Du hast mir das Herz gebrochen", faselte er kaum hörbar. Ich atmete tief durch. Das durfte doch jetzt wohl nicht wahr sein!

„Ich muss gehen. Karl wartet auf mich." Mit diesen Worten entfloh ich dieser unangenehmen Situation. Tränen stiegen in mir auf und wollten raus, aber diese Blöße wollte ich mir nicht vor den anderen Menschen hier geben. Ohne mich noch von jemandem zu verabschieden, verließ ich die Halle und setzte mich ins Auto. Dort überkam es mich dann. Meine heißen Tränen liefen wie Wasserfälle über meine Wangen. Ich zitterte am ganzen Körper und gleichzeitig schwitzte ich. Das war zu viel!

Es entging meinem Mitbewohner nicht, dass ich eben geweint hatte. Als er zu mir ins Auto stieg, sah er sofort meine roten Augen und die verlaufene Schminke darunter. Stumm nahm er mich in den Arm und fragte: „Willst du darüber reden?" Ich verneinte und erklärte ihm: „Nicht jetzt. Ich muss nachdenken." „Okay", akzeptiere er meinen Wunsch, streichelte mir über meinen Arm und startete den Motor. In der dunklen Nacht fuhren wir nach Kopenhagen. Die erste Nacht konnten wir bei einem Kumpel von Karl verbringen, mit dem er früher in Schweden zusammen Handball gespielt hatte. Ab morgen konnten wir dann ins Hotel.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 5 hours ago ⏰

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