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Nach einer unendlich stillen und unangenehmen Autofahrt, dankte ich Gott, dass wir endlich angekommen waren. Ich hatte mich noch nie in meinem ganzen Leben so unwohl gefühlt. Ich wollte Silas wieder allein tragen, doch Damon hielt mich zurück. "Lass mich einmal ein Gentleman sein und dein Gepäck für dich tragen.", bat er schmunzelnd. Ich nickte lächelnd und ging voran ins Haus. Wir hatten beschlossen ihn im Kellerverließ einzusperren. Das müsste fürs Erste sicher sein. Damon schmiss ihn auf den Boden und ließ die schwere Eisentür hinter sich zuknallen. "Und jetzt zu dir.", meinte er und trat nah vor mich. "Willst du mir jetzt eine Predigt halten, dass es mir mehr ausmachen müsste, jemanden umzubringen?", fragte ich genervt. Er prustete. "Machst du Witze? Das war echt scharf. Außerdem bin ich mir sicher, dass Elena das ganz gut allein hinbekommt.", erklärte er. Ich grinste ihn verschlagen an. "Und was machen wir zwei jetzt?", fragte er verführerisch und kam noch näher. Ich legte meine Hand auf seine Brust und stoppte ihn so. "WIR machen gar nichts. Da drinnen liegt der gefährlichste Hexenmeister überhaupt, wir sollten uns also erstmal darüber Gedanken machen, was wir mit ihm anstellen.", machte ich klar. "Du bist eine echte Spaßbremse.", quängelte Damon. Ich zuckte grinsend mit den Schultern und ging nach oben.

Auf dem Sofa saßen Elena und Stefan, die offenbar auf mich gewartet hatten. An Elenas Blick konnte ich erkennen, dass ich eine ihrer Belehrungen vor mir hatte. "Sadie, was war das vorhin? Ich meine, du hast ohne mit der Wimper zu zucken, sein Genick gebrochen. Ich weiß, er ist nicht wirklich tot, aber es sollte dir nicht so vollkommen egal sein.", fragte sie fassungslos. Ich verdrehte die Augen. "Elena, ich weiß, dass es für dich schwer zu fassen ist, aber ich bin ein Vampir. Ich tue, was nötig ist, um euch zu beschützen. Er ist der Feind, da fällt es mir wirklich nicht schwer, ihn außer Gefecht zu setzen.", erklärte ich seufzend. "Aber...", begann sie wieder. "Ich sagte euch bereits, dass ich mich verändert hatte. Natürlich liebe ich euch alle, ich meine ihr seid meine Familie und ich werde euch gegenüber noch dieselbe Sadie sein. Dennoch habe ich mich verändert. Ich bin nicht mehr so ängstlich und zimperlich. Was getan werden muss, muss eben getan werden. Skrupel halten mich nur auf und schwächen mich. Es tut mir leid, wenn du jetzt Angst hast und mich als ein Monster betrachtest. Aber ich werde alles tun, damit ihr in Sicherheit seid, und wenn ich deshalb über Leichen gehen muss.", endete ich. Ihre Augen wurden groß und sie stand auf.

Ich dachte, sie wollte den Raum verlassen, doch stattdessen kam sie auf mich zu und umarmte mich. "Es tut mir so leid. Ich wollte dich nicht verurteilen, ich war nur geschockt zu sehen, dass du so stark und selbstbewusst geworden bist. Ich weiß, dass du immer noch meine beste Freundin bist. Das ist das Einzige, was zählt.", flüsterte sie, während sie mich fest an sich drückte. Ich lächelte und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Oh, Gruppenkuscheln? Wieso hat mich keiner dazu eingeladen?", fragte Damon hinter uns gespielt quängelnd. Ich musste grinsen. Elena gab mich frei und ich drehte mich zu Damon um. Als ich ihm in die Augen sah, wusste ich, dass ich egoistisch und unfair war. Ich musste mich endlich zwischen ihm und Klaus entscheiden. Aber wenn ich mich für einen entscheide, dann verliere ich den Anderen. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Ich brauchte jetzt unbedingt meinen besten Freund, mit dem ich immer über alles reden konnte. Ich brauchte Stefan. Irgendwie schien er meine Not gespürt zu haben. "Elena, wolltest du nicht mit Bonnie über Silas sprechen? Nimm Damon mit, vielleicht fällt euch zusammen etwas ein.", schlug Stefan vor. Elena sah ihn verwirrt an, doch sein Blick ließ sie offenbar verstehen. "Ja, ist gut. Komm, Damon.", meinte sie und zog ihn an seinem Arm nach draußen.

"Also, schieß los.", sagte Stefan, als die Beiden außer Hörweite waren. Ich musste lächeln. Ich wusste nicht, wie er das machte, aber er merkte immer, wenn mit mir etwas nicht stimmte. "Ich frage mich nur, wie ich mich jemals entscheiden soll?", begann ich und ließ mich in einen Sessel fallen. Stefan sah mich nur ratlos an. "Ich weiß, dass du nicht verstehen kannst, wie ich Klaus lieben kann. Ich verstehe es selbst nicht. Aber die Beiden machen mich auf unterschiedliche Weisen glücklich. Sie verändern mich, machen mich zu Jemand anderen. Bei Klaus fühle ich mich sicher, geborgen. Ich weiß, dass er immer bei mir sein wird. Ich fühle mich stark und mächtig an seiner Seite. So, als wäre ich die einzige Frau auf der Welt, die ihn ändern kann. Ich weiß, dass ich an erster Stelle stehe. Und das ist wirklich etwas Besonderes für Jemanden, der tausend Jahre nur sich selbst geliebt hat. Und Damon...er raubt mir den Atem. Er überrascht mich immer wieder aufs Neue. Er zieht mich einfach an. Wenn er im Raum ist, ist es so als würden kleine Blitze meine Haut durchzucken. Er ist auf der einen Seite der unglaublich heiße Typ, den sich jedes Mädchen wünscht und auf der anderen Seite mein bester Freund. Ich liebe sie beide. Wie soll ich denn so zu einer Entscheidung kommen?", fragte ich verzweifelt. Stefan holte tief Luft und ich sah, dass er nach den richtigen Worten suchte.

"Ich kann dich verstehen. Es ist offensichtlich, wie schwer es dir fällt. Aber ich denke, dass es nicht mehr lang dauert, bis sie anfangen um dich zu konkurrieren und sich zu bekämpfen. Auch, wenn es dir unmöglich erscheint, du musst bald eine Wahl treffen.", sprach er meine Gedanken aus. "Ja, ich weiß.", gab ich kleinlaut zu. Er klopfte mir mitfühlend auf die Schulter. "Keine Sorge, egal wie du dich entscheidest, es wird richtig sein.", versprach er. Da war ich mir nicht so sicher. "Komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.", meinte er und stand auf. Ich zog die Augenbrauen zusammen. Er hielt mir seine Hand hin. Ich ergriff sie und ließ mich von ihm führen. Wir gingen in Damons Zimmer. "Was willst du mir denn hier zeigen?", fragte ich verwirrt. "Eigentlich wollte Damon dich damit überraschen, aber ich denke, du solltest unbedingt wissen, wie sehr er dich liebt, bevor du dich entscheidest.", meinte Stefan und drückte mir ein großes, schwarzes, ledernes Buch in die Hand.

"Was ist das?", fragte ich Stefan. "Ein Fotoalbum, das Damon für dich gemacht hat.", erklärte er lächelnd. Mein Mund klappte auf. Damon hatte ein Fotoalbum für mich gemacht? Ich hatte ihn nie für den bastelnden Typen gehalten, aber wie ich vorhin schon gesagt hatte, überraschte er mich jeden Tag aufs Neue. Ich schlug es auf. Auf der ersten Seite stand in alter, schnörkeliger Schrift: 'Für Sadie. Ich hoffe, dass das nicht unsere einzigen gemeinsamen Augenblicke bleiben.' Auf der zweiten Seite klebte ein Bild von mir in meinem Schlafanzug. Ich konnte mich noch genau an unsere erste Begegnung erinnern, als ich das peinliche Teil getragen hatte. Ich hatte mich so geschämt, dass ich am liebsten im Boden versunken wäre. Ich fragte mich, wann er das Bild geschossen hatte. Ich stand einfach da und hatte riesige Augen. Wahrscheinlich hatte er es gemacht und es mich dann wieder vergessen lassen. Darunter stand: 'Trotz des schrecklichen Teils, hast du mich total in deinen Bann gezogen. Wahrscheinlich waren die Häschen schuld.' Ich schmunzelte. Auf der nächsten Seite war ein Bild von uns beiden, dass Jemand auf Stefans Geburtstag geschossen hatte. Ich stand neben Damon und sah ihn böse an, er war bester Laune. Das war der Tag, als Katherine mich entführt hatte. Es kam mir vor, als wäre das Jahre her.

Auf jeder Seite war ein weiterer Moment abgebildet, den ich mit Damon zusammen verbringen durfte. Als ich auf der letzten Seite angekommen war, schlug ich das Buch zu. Tränen standen mir in den Augen. Er hatte sich so viel Mühe gegeben, es rührte mich zutiefst. Allerdings erschwerte das meine Entscheidung nur noch mehr. Stefan lächelte mich an. Er nahm mir das Buch aus der Hand und legte es zurück an seinen Platz. "Aber kein Wort zu Damon.", verlangte er. Ich nickte grinsend.

Auf einmal hörte man unten kein Geräusch. Stefan und ich sahen uns alarmiert an. So leise und schnell wie möglich rannte ich nach unten. Meine Augen wurden groß und ich zischte.



Love Happens...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt