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Ich drehte mich um und versuchte meinen Arm aus dem Griff zu befreien, leider vergeblich. Ich blickte in braune, ungläubige Augen, die offenbar nicht fassen konnten, was sie sahen. Was war nur mit den Leuten hier los? Was hatten sie gegen mich? "Könntest du vielleicht meinen Arm loslassen, das tut langsam weh.", fragte ich nach einer Weile, in der sie mich nur merkwürdig angesehen hatte. "Oh, ja. Tut mir leid.", stammelte sie und öffnete ihre Hand. Ich rieb die Stelle, die ganz blass geworden war. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Anderen, mit denen sie vorhin getuschelt hatte, hinter ihr standen und denselben Blick drauf hatten. Ich sah vom einem zum Anderen und fragte mich, wann sie mich endlich aufklären würden. "Ich will ja nicht unhöflich sein. Ich bin schließlich zum ersten Mal hier, aber ist das bei euch üblich, dass ihr die Neuen so komisch anstarrt?", fragte ich vorsichtig.

Das Mädchen vor mir blinzelte und schüttelte entschuldigend den Kopf. "Tut mir leid. Du siehst einer Freundin von mir nur so schrecklich ähnlich. Ich bin Elena Gilbert.", stellte sie sich vor. Ich nahm ihre Hand und lächelte. "Ich bin Joy Miller. Heißt deine Freundin zufällig Sadie?", fragte ich vorahnend. Ihr Blick erhellte sich und sie wirkte aufgeregt. "Ja! Woher weißt du das?", rief sie und wartete sehnsüchtig auf meine Antwort. "Ich habe vorhin einen Jungen kennengelernt, Damon. Er hat mich mit dem Namen angesprochen. Da habe ich eins und eins zusammengezählt.", erklärte ich lächelnd. Ihre Augen hörten auf zu leuchten und sie wirkte traurig. "Achso. Du hast also Damon kennengelernt?", fragte sie und versuchte wieder normal zu wirken. Irgendwas stimmte nicht. Diese Sadie musste irgendeine Schlüsselrolle tragen und offenbar sah ich so aus wie sie. Ich blickte zu dem Rest ihrer Gruppe. "Oh, wie dumm von mir. Das sind Stefan, Bonnie, Caroline und Tyler.", stellte sie einen nach dem anderen vor. Ich winkte ihnen lächelnd zu. Stefan kam auf mich zu und begann: "Hey, Joy. Ich bin auch vor noch nicht allzu langer Zeit hergezogen. Ich weiß also, was es heißt neu zu sein. Wenn du möchtest, kann ich dich gern etwas herumführen und dir alles zeigen.", bot er an. Ich lächelte und nickte begeistert. Da jetzt Pause war, machten wir uns gleich auf den Weg. Bevor wir anfingen, küsste er Elena noch einmal zärtlich.

Als wir nebeneinander herliefen und er mir zeigte, wo was war, begann ich ein Gespräch. "Ihr beide seid also ein Paar?", fragte ich interessiert. Er nickte. "Schon seit ich hier wohne. Wir haben von Anfang an einen Draht zueinander gehabt.", erklärte er. Ich lächelte. Schön, wenn sich zwei gefunden hatten. "Aber erzähl du etwas über dich. Du bist neu hier, da bin ich wirklich neugierig auf deine Geschichte.", meinte er grinsend. Ich atmete tief durch. Irgendwann musste das kommen. Wie viel sollte ich ihm erzählen? Er sah mir tief in die Augen. Irgendetwas in ihnen sagte mir, dass ich ihm vertrauen konnte. Aber wollte ich schon jetzt, dass jemand von meinem Unfall wusste? "Meine Mom hat hier die Stelle als stellvertretende Direktorin bekommen. Deshalb sind wir umgezogen, damit sie nicht jeden Tag so weit fahren muss.", erklärte ich knapp. "Und dir macht so ein Ortswechsel nichts aus?", fragte er ungläubig. "Nicht wirklich. Huntington ist nicht gerade aufregend. Es ist schön, mal was neues zu sehen.", versuchte ich so wenig wie möglich preiszugeben. Er wirkte nicht überzeugt. "Das kann doch unmöglich alles sein. Da gibt es doch eine Story dazu. Hattest du einen irren Stalker oder hast du die Schule abgefackelt?", fragt er grinsend. Ich musste lachen. "So in der Art.", flüsterte ich. Er spürte wohl, dass ich nicht darüber reden wollte, denn er wechselte das Thema.

"Du hast also meinen Bruder Damon schon kennengelernt. Hat er irgendwas erzählt? Bestimmt hat er maßlos angegeben.", meinte Stefan, die Augen verdrehend. Deshalb erinnerte Stefan mich an ihn, sie waren Brüder. "Nein, er war ziemlich nett. Sag mal, was hat es mit dieser Sadie auf sich? Wieso hält mich jeder für sie?", fragte ich schließlich, was mich schon die ganze Zeit beschäftigte. Stefan druckste herum. "Sie war eine gute Freundin von uns allen. Sie ist vor einiger Zeit gestorben. Du siehst ihr sehr ähnlich.", erklärte Stefan tonlos. Die Erinnerung an sie schmerzte ihn offenbar. "Das tut mir leid. Sie muss aber ein unglaublich hübsches Mädchen gewesen sein, wenn sie aussah wie ich.", meinte ich grinsend. Stefans Miene hellte sich auf und er lachte sogar. "Ja, das war sie.", bejahte er. Es klingelte zum Unterricht und Stefan führte mich zu meinem Klassenzimmer. "Danke, Stefan.", meinte ich ehrlich. Er nickte nur lächelnd und verschwand. Der Tag verging wie im Flug und ich saß schon in meinem Auto, Jess neben mir, auf dem Weg nach Hause.

Damons Sicht:

"Ihr habt sie also auch kennengelernt?", fragte ich atemlos. Ich hatte mir das alles also nicht nur eingebildet. Elena sah mir ernst in die Augen. "Ja, aber sie ist nicht Sadie. Sie heißt Joy. Ich weiß nicht, wie das sein kann, aber sie sieht ganz genauso aus wie sie.", meinte Elena verwirrt. "Was ist, wenn sie ein Doppelgänger ist? Vielleicht ist sie jetzt auserkoren, das zu Ende zu bringen, was eigentlich Sadies Aufgabe war?", schlug Bonnie vor. Wir alle starrten sie an. Damit könnte sie vielleicht sogar Recht haben. "Aber warum weiß sie dann nichts davon?", fragte Caroline. "Elena wusste auch nicht, dass sie ein Doppelgänger ist. Sadie hatte schließlich ebenfalls keine Ahnung, was ihre Bestimmung war.", erklärte Bonnie. Alles ergab einen Sinn. Aber wie konnte ich leben, wenn ich eine Sadie-Imitation immer vor der Nase hatte? Ein kleiner Funke machte sich in mir breit. Möglicherweise sah sie nicht nur so aus wie sie, sondern war dieselbe Person? Dann musste ich die Geschichte einfach nur wiederholen. Sie umwerben, erobern und lieben. Doch der Funke löste sich in Luft auf, als mir einfiel, dass Katherine und Elena keinerlei Ähnlichkeit miteinander hatten. Ich seufzte.

"Ich finde, wir sollten sie besser kennenlernen. Vielleicht verstehen wir dann, was das alles auf sich hat. Sie scheint wirklich nett zu sein.", schlug Elena vor. Die Anderen waren einverstanden. Nun sahen sie mich an und warteten auf meine Reaktion. Ich nickte. "Was kann es schon schaden.", Elena sah mich aufmunternd an. "Ich habe herausgefunden, wo sie wohnt. Ich denke, ich statte ihr einen Besuch ab und lerne sie besser kennen.", meinte Elena. Bonnie und Caroline schlossen sich ihr an. Ich spürte, dass mein Alkoholpegel sank, doch zum ersten Mal seit Sadies Tod, wollte ich nichts dagegen tun.

Sie verabschiedeten sich und ich ließ mich auf die Couch fallen. Stefan gesellte sich zu mir. Jetzt stand mir wieder eine seiner Reden bevor. Ich verdrehte die Augen und seufzte. "Was hältst du von der Sache?", fragte er schließlich. "Ich weiß nicht genau. Im ersten Moment war ich so überwältigt, dass ich ihr am liebsten um den Hals gefallen wäre, bis sie mir ihren Namen gesagt hat. Ich hoffe nur, dass Bonnie unrecht hat. Sonst wird sie bald herausfinden, dass sie den Mächtigsten Ur-Vampir der Welt töten muss und ich glaube nicht, dass sie das Zeug dazu hat.", gab ich zu. Stefan nickte grüblerisch. "Ich glaube, sie hat keine Ahnung, was wir alle sind. Sie führt ein gewöhnliches Leben. Dennoch ist da irgendwas in ihrer Vergangenheit, über das sie nicht sprechen möchte. Ich denke, dass ist der Schlüssel zur Erkenntnis.", brabbelte Stefan vor sich hin. Ich horchte auf. Ein geheimnisvolles Ereignis in ihrer Vergangenheit? Klingt interessant. "Dann sollten wir das wohl herausfinden."



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