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Für mich hatte es gar nicht schnell genug gehen können, bis wir endlich umgezogen waren. Wir hatten ein süßes, kleines, uriges Häuschen am Rande Mystic Falls gefunden. Ich musste ehrlich zugeben, dass ich Huntington nicht besonders vermisste. Der Einzige, der mir fehlte, war Ben. Wir hatten uns so gut verstanden und er war ein richtig guter Freund geworden. Ich musste ihm versprechen, dass wir jeden Abend skypen würden. Ich musste sogar eine Träne verdrücken, als wir uns verabschiedet hatten. Ich hoffte, dass ich hier einen Neuanfang wagen und Freunde finden konnte, die mich so mochten, wie ich jetzt war. Jess war nicht so begeistert gewesen, wie ich. Ihr gesamtes Leben hatte sich in Huntington abgespielt. Sie musste ihre Freunde, ihre Schule, ihre Gewohnheiten hinter sich lassen. Trotzdem hatte sie es verstanden. Sie war mir so wichtig geworden, es fühlte sich wirklich an, als wären wir Schwestern. Auch Mom und Dad hatten sich über einen Tapetenwechsel gefreut. Am Anfang war es komisch gewesen, sie so zu nennen. Sie hatten mir so sehr geholfen und versucht mich wieder ins Leben einzugliedern. Sie waren meine Familie, egal, was ich am Anfang auch gedacht hatte. Es war so, als wäre der Unfall nie passiert. Als wären wir einfach nur umgezogen. Hier kannte uns niemand. Ich konnte nicht anders, als grinsend zur Schule zu laufen. Mein neues Leben hatte begonnen, ich konnte entscheiden, wer ich sein wollte.

Wir waren gerade auf dem Weg zum Sekretariat um uns anzumelden, als mir Jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um und blinzelte. Vor mir stand ein unglaublich gut aussehender Mann. Er hatte schwarze, wuschelige Haare und blaue, wunderschöne Augen. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, als wäre er verwirrt. Seine schwungvollen, roten Lippen öffneten und schlossen sich wieder. Ich konnte seine Züge nicht deuten. "Sadie?", fragte er atemlos. Ich kniff die Augen zusammen. Er musste mich wohl verwechseln. "Ehm, nein, tut mir leid. Ich bin Joy.", musste ich ihn enttäuschen. Das schien ihn noch mehr zu verwirren. "Oh. Du siehst jemandem, den ich kannte, sehr ähnlich. Ich wollte dich nicht belästigen.", entschuldigte er sich, blieb dennoch, wo er war. "Schon in Ordnung. Gehst du auch hier zur Schule?", fragte ich, weil er viel zu alt für einen High-School-Schüler aussah. Er lächelte leicht. "Nein. Ich besuche hier nur meinen Bruder. Ich bin Damon Salavtore.", verriet er mir nun endlich seinen Namen und hielt mir seine Hand entgegengestreckt. Ich ergriff sie. "Joy Miller.", entgegnete ich. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er nachdachte. Ich würde gern wissen, was ihn beschäftigte, aber ich fand es unhöflich, ihn so einfach zu fragen. Ich konnte mich nicht von seinen Augen losreißen, so sehr ich es auch versuchte. Meine Schwester, die immer noch neben mir stand, räusperte sich. Erst da fiel mir auf, dass ich immer noch seine Hand hielt. Ich ließ sie schlagartig los und drehte mich zu ihr. "Ehm, Damon, das ist meine Schwester Jess.", stellte ich sie vor, um einen klaren Kopf zu erlangen. "Hey.", sagte sie grinsend. Damon nickte ihr zu. "Ich denke, wir müssen jetzt zum Unterricht. Es ist schließlich unser erster Tag, da wollen wir ja nicht gleich einen schlechten Eindruck hinterlassen.", meinte ich und drehte mich wieder zu Damon. Er grinste, doch seine Gedanken waren unergründlich. "Vielleicht sieht man sich.", sagte ich lächelnd. Er nickte und sah mich dabei so intensiv an, dass mir Schauer über den Rücken jagten. Ich wandte mich schnell an und betrat das Sekretariat. Die Frau hinter der Theke gab uns unsere Stundenpläne und erklärte uns das Nötigste.

Als wir auf dem Weg zu unseren Klassenzimmern waren, spürte ich Jess durchdringenden Blick auf mir. Ich ignorierte ihn einfach. "Also, was war das mit dem Typ vorhin?, fragte sie schließlich. "Ich weiß nicht, was du meinst.", leugnete ich das Offensichtliche. Sie grinste. "Das weißt du ganz genau. Ihr habt euch angesehen, als wärt ihr die einzigen Menschen hier im Raum. Ich meine, er ist heiß, aber das war schon übertrieben.", kicherte sie. Ich seufzte. "Ich weiß auch nicht, was das war. Als er mich berührt hat, habe ich mich ihm so verbunden gefühlt. Als wären wir irgendwie...ach, ich weiß auch nicht.", versuchte ich zu erklären. Jess wollte gerade nachhaken, als die Klingel uns zeigte, dass der Unterricht begann. Ich nutzte den Augenblick und ergriff die Flucht. Wir mussten zu unterschiedlichen Klassenzimmern, deshalb konnte sie mich nicht weiter löchern. Ich war in der Abschlussklasse und sie zwei Klassen unter mir.

Als ich das Zimmer endlich gefunden hatte, trat ich ein. Ein großgewachsener Mann, der sich mir als Mr. Tenner vorstellte, verlangte von mir, mich der Klasse vorzustellen. Mir war von Anfang an klar, dass er niemals mein Lieblingslehrer werden würde. Also stellte ich mich neben das Pult und brachte es schnell hinter mich. "Hey, mein Name ist Joy Miller und ich bin gerade mit meiner Familie aus Huntington hierher gezogen. Reicht das?", fragte ich Mr. Tenner. Er brummte irgendwas und wies mir einen Platz an.

Ich setzte mich und erst jetzt fielen mir die komischen Blicke auf, die mir einige Schüler zuwarfen. Es waren 5 um genau zu sein. Ein Mädchen mit blonden, gelockten Haaren und blauen Augen, ein Junge mit schwarzen, kurzen Haaren und braunen Augen, ein dunkelhäutiges Mädchen mit schwarzen, langen Haaren, ein Junge mit braunen, hochgegelten Haaren, der mich irgendwie an Damon erinnerte, obwohl sie sich nicht besonders ähnlich sahen und ein Mädchen mit braunen, langen Haaren und ebenso braunen Augen. Sie starrten mich an, als wäre ich irgendein Absonderling. Sie hatten ungefähr denselben Blick, wie Damon vorhin. Ich fragte mich langsam, ob mit mir irgendwas nicht stimmte. War meine Geschichte vielleicht bis hierher vorgedrungen? Ich hoffte es nicht. Ich ignorierte die Blicke so gut es ging, aber etwa ein paar Minuten nach Stundenbeginn begannen sie zu tuscheln und es war nicht gerade schwer zu erraten, um wen es da ging. Ich seufzte und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Er war langweilig und bot kaum Ablenkung. Ich dankte Gott, als endlich die Schulglocke klingelte und ich aus dem Raum flüchten konnte. Allerdings hinderte mich Jemand daran, als er nach meinem Arm griff



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