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Ich saß in meinem Zimmer, den Koffer neben mir, verzweifelt versuchend meine Hände in den Griff zu kriegen. Wie konnte ich so dumm sein, zu glauben, dass ich eine Chance auf echtes Glück hatte? Bei der verkorksten Familie war doch klar, dass ich nicht "einfach" nur ein normaler Vampir sein konnte. Ich schmiss meine gesamten Klamotten in den Koffer. Ein Schmunzeln schlich sich auf mein Gesicht. 'Da wo ich hingehe, werde ich die nicht brauchen', dachte ich bitter. Ich musste an das Gespräch mit Bonnie zurückdenken. Sie war bereit sich für mich zu opfern. Doch das konnte ich auf keinen Fall zulassen.

"Ich werde dir nicht einfach dabei zu sehen, wie du stirbst. Ich weiß, was ich unternehmen werde.", ließ ich verlauten. Sie sah mich verunsichert an. Offenbar konnte sie nicht einschätzen, was ich vorhatte. "Ich schwöre dir, wenn du dich umbringst, hole ich dich zurück und dann bringe ich dich um!", drohte sie mir. Ich sah zu Boden und grinste. "Ich werde mich nicht umbringen. Ich werde das Problem aus der Welt schaffen.", versprach ich. "Du meinst...?", fragte sie, ohne es auszusprechen. Ich nickte fest. "Soll ich dich begleiten?", bot sie liebenswerterweise an. Ich schüttelte dankend den Kopf. "Versprich mir bitte, dass du niemandem etwas davon sagst, ja? Ich weiß, dass sie mich nicht allein gehen lassen würden. Ich werde ihnen erzählen, dass ich mich für Klaus entschieden habe.", bat ich sie. "Aber...", setzte sie an, doch ich unterbrach sie. "Bonnie, bitte.", beharrte ich. Sie gab sich schließlich geschlagen und nickte. Wir hatten uns verabschiedet, doch sie hatte keine Ahnung, dass es vermutlich das letzte Mal sein würde, dass wir uns sahen.

So saß ich auf meinem Bett und kämpfte mit den Tränen. Mein Flug war gebucht, meine Tasche gepackt, Klaus aufgespürt. Doch das Schlimmste lag noch vor mir. Ich musste mich von allen verabschieden. Wie sollte ich es ihnen so erklären, dass sie es verstanden? Ich wusste, Damon würde mich begleiten wollen, egal, was ich tat. Deshalb musste ich ihm das sagen, was ihn am meisten verletzen würde.

Ich lud meinen Koffer ins Auto und fuhr zum Salvatore-Anwesen. Mechanisch ging ich auf die Haustür zu und öffnete sie, ohne zu Klopfen. Sofort stand ein besorgter Damon vor mir. "Wo warst du? Ich hab dich tausend Mal angerufen! Ich wache auf und du bist ohne ein Wort der Erklärung einfach verschwunden.", schimpfte er und kam auf mich zu. "Es tut mir leid.", war alles, was ich herausbrachte. Er nahm mein Gesicht in seine weichen Hände, so dass mir das Folgende noch schwerer fiel. Ich schob sie weg und atmete tief durch. "Damon, ich weiß, dass du mich dafür wahrscheinlich hassen wirst, aber ich habe mich falsch entschieden. Ich muss zu Klaus. Ich...ich kann nicht mehr erklären, aber es tut mir so leid, dass ich dir das antun muss. Ich wünschte, wir hätten uns nie kennen gelernt, dann müsste ich dir jetzt nicht so wehtun.", sprudelte es aus mir heraus und ich war den Tränen nahe. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und er sah aus, als würde er gleich einen Herzinfarkt bekommen. Ihn so leiden zu sehen, brach mir das Herz. Ich wollte ihm nicht wehtun, aber es war besser, als ihm die Wahrheit zu sagen. Er würde mich nie gehen lassen und dann würde Bonnie sterben. Das musste ich verhindern. Er brachte kein Wort heraus. Ich nutzte die Gelegenheit und verschwand aus dem Haus. Mein Herz brach, wenn ich an Damons Gesicht dachte.

Ich stieg in meinen Wagen und ließ den Tränen freien Lauf. Wenn es nicht einem höheren Zweck diente, würde ich mich auf der Stelle dafür umbringen. 'Jetzt, reiß dich zusammen!', schalt ich mich in Gedanken. Ich hatte gehört, dass Damon allein im Haus war, also mussten Elena und Stefan woanders sein. Ich fuhr zu Caroline, um mich von ihr zu verabschieden. Ich wischte mir die Tränen und den verschmierten Mascara aus dem Gesicht und ging zielstrebig die Verandatreppe hinauf. Zu meinem Glück waren alle dort. Elena, Stefan, Matt, Tyler, Bonnie und Caroline.

"Sadie!", rief Caroline überrascht, als sie mir die Tür öffnete. Ich lächelte und wurde hereingelassen. "Findet hier etwa ohne mich eine Party statt?", fragte ich gespielt empört. "Eigentlich war das die Planung für eine. Für deine Abschiedsparty um genau zu sein. Bonnie hat uns alles erzählt.", gab Caroline ertappt zu. "Ach, hat sie das?", fragte ich und sah Bonnie eindringlich an. "Wir können es zwar nicht gutheißen, dass du Klaus liebst, aber wir sind deine Freunde und stehen hinter dir und deinen Entscheidungen. Immer.", versprach Caroline. Ich atmete erleichtert auf. Bonnie hielt sich also an ihr Versprechen. "Wisst ihr, mir ist nicht sonderlich nach Feiern. Ich möchte einfach nur aufbrechen.", gab ich zu und sah sie entschuldigend an. "Oh, ja. Natürlich. Wie du willst.", meinte Caroline und ich hörte deutlich, dass sie versuchte sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.

"Aber ich danke euch für eure Mühe. Ihr seid wirklich die Besten.", sagte ich und umarmte einen nach dem Anderen. Mit jeder Verabschiedung wurde es schwerer die Tränen zurückzuhalten. Als Letztes umarmte ich Elena. Sie sah mir tief und abwägend in die Augen. Offenbar wollte sie herausfinden, ob ich die Wahrheit sprach. Ich versuchte ihrem Blick standzuhalten, aber er zuckte immer wieder weg. Ich drehte mich schließlich zur Tür. "Ich hab euch wirklich lieb, Leute. Bitte, vergesst das nicht.", waren meine letzten Leute, bevor ich verschwand. Ich raste mit meinem Auto davon, bereit mich von niemandem aufhalten zu lassen. Nun liefen die Tränen in Strömen, aber es war mir egal. Noch durfte ich mir erlauben, schwach zu sein. Ich fuhr auf den Highway und von da aus ging es immer weiter in Richtung Hölle auf Erden.



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