Kapitel 4 - Feuchter Kuss

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Direkt am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zur Bank. Ich musste wissen, warum meine Kreditkarte nicht mehr funktionierte. Mr. Summer hatte mir sogar angeboten, mich zu fahren, aber ich wollte Familie Summers nicht noch mehr Umstände bereiten. Dass Max und ich bei ihnen übernachten durften, war großzügig genug. Außerdem würde die frische Luft mir guttun.

Meggie war leider nicht mitgekommen. Mit einer leichten Erkältung war sie aus dem Schlaf geschreckt und ihre fürsorgliche Mutter hatte es für besser gehalten, sie zu Hause zu behalten. Max war ebenfalls bei Mrs. Summers geblieben. Ich meinte, dass sie sich gerne um ihn kümmerte. Niemand konnte seinen großen blauen Kulleraugen widerstehen.

Ich fragte mich, wie es Mom ging. Ununterbrochen machte ich mir Gedanken um sie. Ob sie sich schon erholt hatte? So wie sie gestern ausgesehen hatte, bezweifelte ich das. Später würden Max und ich sie auf jeden Fall besuchen.

Gerade als ich die Straßenseite wechseln wollte, kam ein Wagen mit einem ohrenbetäubenden Quietschen neben mir zum Stehen. Es war ein Lamborghini, der so vor Sauberkeit blitzte, dass meine ebenfalls weißen Chucks aussahen wie Dreck. Jayden.

Fast hätte ich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Was wollte der denn hier? Und wieso ausgerechnet jetzt?

Eher weniger begeistert beobachtete ich ihn dabei, wie er aus seinem Luxuswagen stieg. Erst als er mit einem Grinsen auf mich zu kam, fragte ich mich, warum ich überhaupt stehen geblieben war. Sofort setzte ich mich wieder in Bewegung.

»Ally! Warte!«, rief Jayden mir hinterher. Augenblicklich tat ich so, als würde ich ihn nicht kennen und beschleunigte meine Schritte. Schnell, weg hier.

Jayden holte mich ein. »Wohin so eilig?«, wollte er wissen und joggte vor mich. Heute trug er eine zerschlissene Jeans und ein armygrünes Shirt, das nur nach Aufmerksamkeit schrie. Die Lederjacke rundete das Outfit ab. Ich blickte an mir herab. Ich hatte immer noch die Sachen von gestern an und ehrlich gesagt, müffelten die schon ein bisschen.

Ich stützte die Hand in die Hüften. »Was willst du, Jayden?« Ich verbarg nicht, dass ich tierisch genervt war. Ich zeigte es offen. Und doch schien genau das ihn magisch anzuziehen.

»Es ist auch schön dich zu sehen«, lächelte er und bemühte sich dann einer ernsteren Miene. »Ich will wissen, wie es dir geht.«

Ich konnte Jayden einfach nicht ernst nehmen. Das war sicherlich wieder eine seiner blöden Tricks, um mich rumzukriegen. In Wahrheit interessierte er sich gar nicht für meine Gefühle.

Also ging ich erst gar nicht darauf ein. »Du verschwendest meine Zeit!«, murrte ich und tippte auf meine Armbanduhr, »Ich muss dringend zur Bank!«

Doch dieses Mal ließ sich Jayden nicht so leicht abwimmeln. Ehe ich mich versah, lag seine Hand an meinem Arm. »Geht es dir gut?«, fragte er mit Nachdruck.

Für einen Moment fiel ich auf die Mitleidsnummer ein, dann schob ich seine Hand weg. »Lass das.«

Jayden trat trotz meiner Defensive einen Schritt auf mich zu und kam mir für meinen Geschmack viel zu Nahe. Wie ich es hasste, wenn er das tat!

»Ich will doch nur wissen, wie es dir geht...«, flüsterte er jetzt. Ich blickte in seine olivgrünen Augen, die perfekt von dunklen Augenbrauen eingerahmt wurden. Wieso mussten ausgerechnet die hübschesten Kerle die Herzensbrecher sein?

Ich seufzte auf. »Hey, ich habe echt keine Zeit für Spielchen. Such dir ein anderes Mädchen, dem du auf die Nerven gehen kannst. Ich muss dringend los.« Ich wandte mich ab, da es keinen Sinn mehr hatte, wertvolle Zeit an einen Blödmann zu verschwenden.

Plötzlich machte Jayden mir ein verlockendes Angebot. »Ich kann dich fahren« , schlug er vor und deutete auf seinen Wagen.

Ich bereute es mitzufahren. 

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