Kapitel 68 - Immer auf der Spur

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»Allyson!«, Dean rief meinen Namen. Hastig steckte ich die Visitenkarte des Anwalts ein und sah zu ihm und Josh. Neben ihnen stand ein Polizist, der uns vermutlich nach Hause fahren sollte. Mit wackeligen Beinen ging ich die drei zu.

Bei Dean und Josh hatte ich mich heute Abend bestimmt schon gefühlt tausend Mal bedankt. Wobei ich sagen musste, dass mir das bei Dean eindeutig leichter gefallen war. Sich bei Joshs zu bedanken, war nach wie vor ungewohnt und äußerst merkwürdig.

»Was gibt's?«, fragte ich, nachdem der Polizist wieder gegangen war. Josh zog noch ein letztes Mal an seiner Zigarette und ließ sie dann auf den Boden fallen. Ich fragte mich, wie er nur so gelassen bleiben konnte. Den Beamten konnte er ohne jegliche Emotionen auf alle Fragen eine Antwort geben. Dean dagegen war etwas aufgeregt gewesen. Von mir wollte ich gar nicht erst anfangen zu sprechen.

»Kommt«, meinte Dean und setzte sich in Bewegung.

Verwirrt sah ich ihn an. Weder er noch Josh waren mit dem Auto hier. »Zu Fuß? Wollte uns der Polizist nicht fahren?«, fragte ich verwundert.

Dean zeigte schuldzuweisend auf Josh, auf dessen Lippen sich ein Grinsen schlich. »Doch, aber ich hab abgelehnt. Die frische Luft wird dir gut tun, Parker.«

Mir fiel der Mund auf. »Der Weg dauert zu Fuß aber über eine halbe Stunde!«, beschwerte ich mich lautstark.

Josh wusste doch, dass ich heute einen Albtraum erlebt hatte! Warum tat er mir das an?

»Wenn du willst, kann ich dich ja tragen?«, schlug er plötzlich lachend vor. Dean stimmte in das Gelächter mit ein.

»Sicherlich nicht!«, schnaubte ich beleidigt und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann ging ich einfach los.

Während Dean und Josh über irgendetwas redeten, trottete ich den beiden in der Dunkelheit hinterher. Ich wollte ihnen zuhören, um mich abzulenken, aber das klappte nicht. Meine Gedanken drifteten immer wieder ab.

Die ganze Zeit hatte ich gedacht, dass Collin mein Freund wäre. Ich hätte ihn niemals verdächtigt. Aber er hatte mich die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Wie konnte man sich in einem Menschen nur so täuschen? Niedergeschlagen schüttelte ich den Kopf.

Plötzlich musste ich an die Wahrsagerin von der Halloweenparty denken. Sie hatte eigentlich doch Recht gehabt. Ich hatte Gut mit Böse vertauscht. Collin war der Teufel und nicht Josh.

Unzufrieden ließ ich den Kopf hängen. Ich fühlte mich immer noch so, als wäre ich ihm etwas schuldig. Aber was sollte ich Josh schon geben, um mich zu revanchieren? Zigaretten? Drogen?

Ich hatte keine Ahnung. Was mochte Josh überhaupt? Plötzlich fiel mir auf, wie wenig ich eigentlich über ihn wusste. Er unterrichtete Selbstverteidigung und gab Kurse, spielte unfassbar gut Basketball und Gitarre. Mehr wusste ich aber nicht. Ich dagegen war für ihn wie eine offene Zeitung. Er schien alles über mich zu wissen. Und durchschaute mich so gut wie immer. Vielleicht sollte ich anfangen, mir ernsthaft Sorgen darüber zu machen?

»Tschüss, Allyson«, hörte ich Dean plötzlich sagen. Überrascht sah ich auf und bemerkte erst jetzt, dass wir schon den halben Weg hinter uns gebracht hatten. Dean musste abbiegen, da er in der Innenstadt wohnte. Überfordert winkte ich ihm zum Abschied zu und sah dann zu Josh. Bis nach Hause waren es noch zehn Minuten. Schafften wir das, ohne uns zu streiten?

Josh ging einfach weiter, ohne auf mich zu warten, was mir Recht war. Ich hatte jetzt keine Nerven mehr, um mich mit ihm anzulegen. Ich fragte mich aber, ob er immer noch dachte, dass Onkel Harry mein Verfolger sei. Erst fand ich die Vorstellung vollkommen absurd. Aber nachdem, was heute passiert ist, könnte es eigentlich jeder gewesen sein... Collin hätte ich auch niemals verdächtigt und plötzlich steckte er hinter einigen Angriffen.

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