»Wow, ihr wart der Wahnsinn!«, schwärmte ich nach dem Auftritt und sah in den klaren Sternenhimmel. Danny ließ sich neben mich auf die Bank fallen. Von drinnen dröhnte die Musik bis nach draußen.
»Schön, dass es dir gefallen hat!«, grinste er mich an. Sein Lächeln war wunderschön, so wie alles an ihm. Ich könnte Danny die ganze Nacht anstarren. Er war eine Augenweide. Vor allem nach direkt nach einem Auftritt. Sein Haar war ein einziges Chaos. So chaotisch, dass ich am liebsten mit den Fingern durchfahren wollte.
Trotz der angenehmen Wärme in mir drin, war es eiskalt. Zitternd legte ich die Arme um mich. »Ist dir kalt?«, fragte Danny und musterte mich. Ehe ich antworten konnte, fing er an, sich sein kariertes Hemd aufzuknöpfen. Dann zog er es aus und legte es mir um die Schultern.
»Danke!«, lächelte ich verlegen und biss mir auf die Unterlippe. Geschah das hier gerade wirklich oder träumte ich?
»Weißt du, an wen ich gedacht habe, als ich den Song gesungen habe?« Danny rückte näher an mich heran. Seine Augen funkelten im Mondlicht.
Mich durchlief ein Schauder, als er mir eine Antwort gab. »An dich, Allyson.«
Mein Herz machte vor Freude einen kleinen Aussetzer. Alles in mir begann zu kribbeln.
Ich merkte, wie sein Gesicht meinem immer näher kam. Er wollte mich küssen. Er wollte mich definitiv küssen.
Und wollte ich das auch? Aber sowas von!
Gerade als ich meine Augen schließen wollte, erblickte ich aus dem Augenwinkel plötzlich Jayden, der aus dem Club trat und sich suchend umsah.
Scharf zog ich die Luft ein und sprang von der Bank. Danny musterte mich verwirrt. Und für einen Moment schien ich die Enttäuschung in seinen Augen ablesen zu können, was mir einen Dämpfer gab.
»I-ich«, stammelte ich und wusste nicht, was ich sagen sollte. Überfordert starrte ich erst zu Danny und dann zum Eingang, wo Jayden noch immer stand und sich suchend nach mir umblickte.
Was ich dann tat, geschah aus purer Überforderung.
Ich lief einfach davon.
Ich stürmte durch den anderen Eingang wieder in den Club in die Richtung der Toiletten. Ich ließ Danny einfach sitzen.
Sofort schloss ich mich in einer der Kabinen ein und setzte mich verzweifelt auf den Toilettendeckel. Ich hatte versagt! Ich war so eine Idiotin! Danny dachte jetzt bestimmt, dass ich ihn nicht küssen wollte und deshalb abgehauen war. Aber das stimmte nicht! Ich sehnte mich nach nichts mehr, als seinen Lippen. Und Ablenkung. Verdammt! Wieso musste ich auch mit zwei Leuten gleichzeitig hier aufkreuzen?
Verbittert raufte ich mir das Haar. Wenn ich dort auf der Bank sitzen geblieben wäre und Jayden uns gesehen hätte, wäre er höchstwahrscheinlich an die Decke geflogen. Aber ein anderer Grund, warum ich aufgesprungen war, war auch, dass ich ihn nicht verletzen wollte. Er liebte mich vielleicht wirklich. Ich konnte ihm doch nicht einfach das Herz brechen. Jayden bedeute mir etwas. Er war für mich ein Freund. Der Einzige in der Schule, der mich wie immer behandelte. Der mich noch immer als die Allyson sah, die ich war.
Trotzdem könnte ich mich für mein Verhalten ohrfeigen. Wie sollte ich Danny denn jetzt noch unter die Augen treten? Er wollte mich bestimmt nicht mehr sehen. Sollte ich ihm vielleicht von dieser Doppel-Date Geschichte erzählen? Würde er das verstehen?
Nachdenklich legte ich die Stirn in Falten. Ich wusste es nicht, aber zumindest eine Erklärung war ich ihm schuldig. Das war wohl das Mindeste, was ich tun konnte.
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, machte ich mich auf den Weg nach draußen, um mich bei Danny zu entschuldigen. Sein Hemd hatte ich mir inzwischen ausgezogen. Ich hatte es nicht verdient, seine Sachen zu tragen, auch wenn das Hemd so himmlisch nach ihm duftete.
Suchend sah ich mich um. Doch weder Jayden noch Danny waren irgendwo zu sehen. Also lief ich wieder rein und steuerte Richtung Bühne. Mit Verwunderung musste ich feststellen, dass er sich nicht einmal im Instrumentenraum aufhielt.
Stirnrunzelnd ging ich auf Zoey zu, die gerade an ihrem Schlagzeug spielte.
»Hey«, ich zwang mich zu einem Lächeln, »Weißt du zufällig, wo Danny ist?«
Mit einem der Sticks deutete sie auf eine schwarze Tür. Schnell bedankte ich mich bei ihr und lief schnurstracks auf die Tür zu. Entschlossen, mich zu entschuldigen, öffnete ich sie. Doch was ich dann zu Gesicht bekam, ließ mir die Luft weg.
Mit offenem Mund beobachte ich Danny dabei, wie er eng umschlungen mit einem wildfremden Mädchen herumknutschte. Ich musste mich beherrschen, nicht sofort los zuschreien.
Er hatte fest die Arme um ihre Taille gelegt. Die Brünette fuhr ihm stürmisch durch das Haar. Ihre Zungen tanzten miteinander. Sie waren so sehr miteinander beschäftigt, dass sie mich nicht einmal bemerkten.
Plötzlich fielen mir die Worte von Dannys Arbeitskollegen Brad wieder ein. Ich stöhnte. Er hatte mich nicht angelogen. Er hatte von Anfang an die Wahrheit gesagt!
Brad hatte mich gewarnt, aber ich war so naiv gewesen, dass ich auf Dannys lächerliche Masche einfach reingefallen war! Er hatte von Anfang an, nur mit mir gespielt!
Ich spürte, wie ich vor Wut zu beben begann. Wütend warf Danny sein Hemd vor die Füße. Irritiert sahen er und das Mädchen auf. Sofort verzog sich seine Miene. »Allyson!«, rief er überrascht, »Was machst du denn hier?« Die Nervosität in seiner Stimme war kaum zu überhören.
Verbittert schüttelte ich den Kopf. »Du mieses Arsch!«, schrie ich aufgebracht, »Ich habe dir vertraut und du hast nur mit mir gespielt!« Am liebsten hätte ich ihm den Hals umgedreht, aber ich war einfach viel zu enttäuscht.
Wütend drehte ich mich um und wollte einfach nur weg von hier. Doch dann stieß ich aus Versehen mit Josh zusammen, der die ganze Szene beobachtet haben musste. Auf seinen Lippen lag ein Grinsen.
»Du findest das ganz lustig, nicht wahr?«, fuhr ich ihn an und verpasste ihm einen Schlag in die Seite. Dann stapfte ich verbittert davon.
Gekränkt ließ ich mich auf einen der Barhocker nieder. Ich konnte es einfach nicht fassen, wie Danny mit mir gespielt hatte! Plötzlich war ich Jayden unglaublich dankbar, dass er mit seinem Auftauchen einen Kuss zwischen mir und Danny verhindern konnte. Fast hätte ich ein treuloses Schwein geküsst!
Aufgebracht ballte ich meine Hände zu Fäusten. Ich hätte ahnen sollen, dass Danny mich nur ausgenutzte. Nach den Geschehnissen der letzten Wochen, war doch eigentlich klar, dass ich vom Pech verfolgt wurde. Allmählich verwandelte sich meine Wut in Frust. Verbittert legte ich den Kopf auf meine Arme, die auf dem Tresen ruhten.
Wieso passierte dieser ganze Mist ausgerechnet mir? Warum musste ich so leiden? Was hatte ich getan, das ich so dermaßen bestraft wurde?
Ich hatte in meiner Vergangenheit doch schon genug gelitten! Würde ich jetzt immer Paranoia kriegen, wenn ich in ein Auto stieg? Müsste ich dann ständig an meinen Verfolger oder die zahlreichen Morddrohungen denken? Müsste ich mir jetzt immer Sorgen um Max machen? Oder schlimmer: Was war, wenn ich Moms Unschuld nicht beweisen konnte?
Die dröhnende Musik und die tausend Ängste und Sorgen, die mir im Kopf schwirrten, machten mich verrückt. Ich wollte nach Hause.
»Was darf's sein?«, fragte eine Stimme plötzlich. Ich hob den Blick. Der Barkeeper wartete auf meine Bestellung.
Ich seufzte. »Irgendetwas Starkes.«
Ich konnte einfach nicht fassen, wie sich mein Leben innerhalb von drei Wochen komplett auf den Kopf gestellt hatte. Es machte keinen Spaß mehr, ich zu sein. Ich wollte, dass alles wieder normal wurde, dass ich mir keine Sorgen machen musste und dass Mom nicht im Knast saß.
Es fehlte nicht mehr viel und ich würde mir einfach einen Koffer schnappen, um auszuwandern, um vor meinen Problemen zu fliehen, um einfach alles zu vergessen.
Keine Minute später hielt ich ein Glas voll mit irgendeiner alkoholisierten Flüssigkeit in der Hand. Das Zeug roch unglaublich stark, aber trotzdem trank ich einen kräftigen Schluck. Augenblicklich machte sich ein brennendes Gefühl in meinem Hals breit. Ich verzog das Gesicht. Genauso wie ich es wollte, stark. Erst schmeckte es fürchterlich, aber je mehr ich davon trank, desto besser wurde es.
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Underrated
Mystery / ThrillerABGESCHLOSSEN ✓ Allyson Parkers Leben ähnelt einer rasanten Achterbahnfahrt - bloß ohne Anschnallgurt. Es passiert schließlich nicht alle Tage, dass die eigene Mutter wegen Mordes festgenommen wird. Die 17-jährige Highschoolerin ist sich sicher: Jem...