Kapitel 30 - Weiche Knie

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Am nächsten Tag war ich ziemlich ausgelaugt. Eigentlich genauso wie jeden Tag in den letzten zwei Wochen. Seufzend machte ich mich nach Unterrichtsschluss auf den Weg in die Chemieräume. Collin war mir nämlich noch eine Erklärung schuldig.

Kraftlos klopfte ich an der Tür an. Sofort wurde sie mit Schwung aufgerissen und ich bekam einen gut gelaunten Collin zu Gesicht. Doch als er mich sah, dass ich es war, die angeklopft hatte, schlug er mir entsetzt die Tür vor der Nase zu.

Nicht schon wieder.

Ich war aber viel zu fertig, um mich irgendwie davon aus der Fassung bringen zu lassen. Ich wartete ab. Im Raum war ein angestrengtes Murmeln zu hören. Dann öffnete Chris mir die Tür. »Hallo, Allyson!«, grinste er und deutete auf den Schrank in der Ecke, »Collins Lieblingsversteck!«

Grinsend ließ er mich vorbei. Ich schlürfte direkt auf die Schranktür zu und erntete von den Nerds belustigte Blicke. Wahrscheinlich dachten auch sie, dass Collin und ich irgendetwas am Laufen hatten. Dieses verdammte Video!

Stöhnend öffnete ich die Schranktür. Collin entwich ein überraschter Schrei. »Es tut mir leid, Allyson!«, rief er hysterisch und drückte sich panisch gegen die Schrankwand, »Ich war es nicht! Ich habe dich nicht bei der Polizei verpfiffen!«

Alle Blicke waren starr auf uns gerichtet. Manche von den Jungs guckten verwirrt oder misstrauisch.

»Können wir unter vier Augen miteinander sprechen?«, seufzte ich schließlich und sah Collin abwartend an.

Nur zögernd folgte er mir nach draußen auf den Flur. »Ich weiß, dass es so aussieht, als wäre ich bei der Polizei gewesen. Aber ich war es echt nicht!«

Seufzend hob ich die Hand. »Ich weiß doch, dass du es nicht warst!«

Collin stutzte. »Echt?«

Ich nickte. Eigentlich war mir von Anfang an klar gewesen, dass Collin zu so etwas gar nicht in der Lage war. Ich war mir fast schon sicher, dass mein Verfolger etwas mit der Sache zu tun hatte. Er war ja drauf und dran, mir das Leben zur Hölle zu machen.

»Weißt du vielleicht, wer es war oder hast du jemanden gesehen? Irgendetwas?«, fragte ich Collin eindringlich.

Nachdenklich rückte er seine Brille zu Recht. »Als ich in mein Zimmer kam, war plötzlich das Fenster offen und der Zettel sowie deine DNA verschwunden«, klärte er mich auf, »Aber mehr habe ich nicht gesehen. Wer auch immer die Sachen gestohlen hat, hat keine einzige Spur hinterlassen. Nichts!«

Ich ließ die Schultern sacken. Das hätte ich mir denken müssen.

* * *

Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Aus Josies alten Klamotten hatte ich ein passables Outfit für die Party heute Abend kreiert. Das weiße Top mit den dünnen Trägern passte perfekt zu meiner schwarzen Jeans. Die Gliederkette, die einst Josie gehörte, verlieh dem ganzen noch den gewissen Touch. Ich verstand gar nicht, warum sie so schöne Sachen hier zurückgelassen hatte, nachdem Onkel Harry und sie sich geschieden hatten.

Schnell schlüpfte ich in meine Chucks, die eigentlich nicht besonders partytauglich waren, aber ein anderes Paar Schuhe hatte ich ja nicht. Zumindest könnte ich mir auf diese Weise keine Blasen laufen.

Bevor ich mein Zimmer verließ, warf ich noch einen letzten Blick in den Spiegel. Dadurch, dass ich kein MakeUp benutzt hatte, wirkte meine Haut sauber und gepflegt. Meine blauen Augen kamen besonders zur Geltung. Meine Haare hingen wie immer glatt herunter.

Zufrieden stolzierte ich nach unten. Ich hatte mir vorgenommen diesen Abend trotz meiner momentanen Lage zu genießen. Jeder brauchte mal eine Auszeit und die Zeit mit Danny wollte ich wirklich sinnvoll nutzen, auch wenn ich mir dabei irgendwie Jayden vom Hals schaffen musste.

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