Kapitel 93 - Unglaublich nah

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Ich stieß einen unzufriedenen Laut aus. »Du weißt ganz genau wie ich das meine! Er würde denken, zwischen uns läuft was und dieser Gedanke macht ihn krank!«

Onkel Harry war in der Hinsicht unerträglich.

Josh nahm mir meine Jacke aus der Hand. »So ist das also. Er würde eifersüchtig werden, wenn ich ihm seine kleine Nichte wegnehme«, lachte er auf.

Ich drehte mich um, damit er mir die Jacke anziehen konnte. »Nein, er würde denken, dass du mich gegen meinen Willen anfasst.«

Ich steckte den rechten Arm in die Jacke, gefolgt vom linken. Josh zog meine Jacke hoch. Aber seine Hände blieben an meinen Schultern. »Meinst du so?«, raunte er mir plötzlich von hinten zu. Sein heißer Atem strich gegen meinen Hals, als er mir dort einen Kuss gab.

Für einen Moment stockte die Zeit. Eine ungeheure Wärme machte sich in mir breit und drohte mich umzuhauen. Ich vergaß zu atmen.

Ich verharrte in der Postion. »W-was soll das?«, stotterte ich.

»Du willst es wirklich wissen?«, hauchte er mir vorsichtig zu, als wäre es etwas Gefährliches, an dem ich mir die Finger verbrennen könnte.

Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, aber ich spürte seinen Oberkörper an meinen Rücken und seine Arme, die meine leicht berührten. Und ich musste sagen: Es machte mich wahnsinnig. Ich wollte wissen, was das war, das Josh in mir auslöste. Also drehte mich um und sah in seine dunklen Augen. »Ja...«, erwiderte ich heiser, aber bestimmt.

»Hast du dich jemals gefragt, was mich dazu antreibt, dich nicht aus den Augen zu lassen? Zu sehen, ob es dir gut geht oder nicht? Dich auf andere Gedanken zu bringen, wenn es dir mal schlecht geht?« Seine Lippen umspielte ein sanftes Grinsen, als er den Kopf schüttelte. »Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber du hast irgendwas an dir... das mich fasziniert.«

Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen stieg. Woher kamen auf einmal diese Worte? Und was war das in meinem Magen? Dieses Kribbeln? Warum fühlte ich mich so... so anders?

Plötzlich legte Josh seine Hand auf meine Wange. Eine Gänsehaut machte sich dort breit, wo er mich berührte. »Allyson...«, flüsterte er, »...du bist schlicht und ergreifend etwas Besonderes. So stark. Klug. Entschlossen. Wenn du etwas willst, dann holst du es dir. Wenn dir etwas nicht passt, dann änderst du es. Wenn du runterfällst, stehst du wieder auf. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so viel Mut besitzt. So viel Stärke. Wenn ich in diese wunderschönen, blauen Augen sehe, sehe ich ein atemberaubendes Mädchen, das trotz ihrer Narben perfekt ist.«

Sprachlos starrte ich ihn an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Oder wie ich mich verhalten sollte.

Das Einzige, was ich spürte war diese unglaubliche Hitze, die in mir aufstieg. Dieses Gefühl in meinem Magen, als hätte mich ein Blitz durchfahren.

Joshs dunklen Augen blickten mich direkt an. Sanft strich er mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Ich hätte das hier viel früher tun sollen...«, fügte er ruhig hinzu.

Ich erschauderte. Was hatte er vor?

Sein Blick wanderte über meine Augen, Nase, Lippen. Bevor ich auch nur blinzeln konnte, hatte er seine Lippen auf meine gelegt.

Der Kuss dauerte vielleicht drei Sekunden, dann machte er einen Schritt zurück. Drei klitzekleine Sekunden. Nicht mehr. Nicht weniger. Aber drei Sekunden waren genug. Genug, um mir die Wahrheit vor Augen zu führen.

Ich starrte in Joshs Augen, die direkt vor meinen waren. Ich spürte seinen Atem immer noch auf meiner Haut, so nah stand er.

Ich war überwältigt, von den Gefühlen, die wie ein Sturm in mir tosten. Dieses Gefühl seine Lippen auf meinen zu spüren, das Prickeln welches auf meinen hängen geblieben war, war einfach berauschend.

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