Kapitel 38 - Lügen über Lügen

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Verwirrt ging ich zu meinem Schließfach, um noch mein Mathebuch zu holen. Mit den Gedanken war ich jedoch immer noch bei Bree. Die ganze Zeit fragte ich mich, ob ich mich nicht doch verhört hatte.

Ich konnte einfach nicht glauben, was sie da gesagt hatte. Woher wusste sie von meiner Wunde? Wusste sie, wer mir das angetan hatte oder wie das passiert war? War sie auch auf der Party gewesen?

Ich lehnte mich gegen meinen Spind und schloss für einen Moment die Augen. Das machte doch überhaupt keinen Sinn. Gar nichts machte mehr Sinn. Es war als hätte ich tausend Puzzleteile, die einfach nicht zusammenpassen wollten.

Wäre Jayden hier! Mit seiner Hilfe könnte ich mir zumindest ein bisschen Klarheit in mein Leben schaffen!

Ich spürte, wie jemand seine Hand auf meine Schulter legte. Sofort schlug ich die Augenlider auf und sah in Jaydens olivgrünen Augen. Ein Engel hatte meine Bitte erhört.

»Jayden!«, rief ich überglücklich und fiel ihm direkt um den Hals. Ich war niemals in meinem Leben so glücklich gewesen, ihn zu sehen.

Sichtlich überrascht erwiderte er meine Umarmung. »Es tut mir so unglaublich Leid, dass ich auf der Party andauernd abgehauen bin!«, entschuldigte ich mich sofort bei ihm.

Wir lösten uns voneinander. Jayden zwang sich zu einem Grinsen und fuhr sich durchs Haar. »Genau über die Party wollte ich mit dir reden...«, seine Stimme war ganz rau. Es hörte sich so an, als wüsste er, was in der Nacht vorgefallen war. Das würde seinen beklommenen Gesichtsausdruck erklären.

»Ein Glück!«, murmelte ich, »Ich habe nämlich wegen dem Alkohol alles vergessen.«

Mit überraschter Miene musterte Jayden mich. »D-du hast vergessen, was passiert ist?«, fragte er ungläubig.

Ich nickte, woraufhin ich meinte, für einen kurzen Moment ein erleichtertes Lächeln auf seinen Lippen wahrzunehmen.

»Ja, alles ist einfach weg«, seufzte ich, »Weißt du, was ich gemacht habe? Ist irgendetwas passiert?«

Ich musste unbedingt herausfinden, wer für die Wunde an meinem Bauch verantwortlich war.

Jayden mied meinen Blick. »I-ch hatte dich auf der Party gesucht, aber du warst nirgends zu finden.« Er fasste sich an die Nase. »Also dachte ich, dass du nach Hause gefahren bist und habe mich abholen lassen...«, erzählte er und kratzte sich dann am Hinterkopf.

Enttäuscht ließ ich den Kopf sinken. Die ganze Zeit hatte ich mir Hoffnungen gemacht, aber Jayden wusste anscheinend genauso wenig wie ich.

»War es denn so wichtig, was auf der Party passiert ist?«, hakte Jayden nach.

Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Sollte ich ihm vielleicht von meinem Verfolger und den Drohbriefen erzählen?

Jayden hatte mir auch etwas anvertraut. Vielleicht war ich jetzt an der Reihe, ehrlich zu sein? Außerdem brauchte ich dringend jemanden, mit dem ich darüber sprechen konnte. Lange konnte ich das nämlich nicht mehr nur für mich behalten.

Doch dann fiel mir plötzlich Meggie ein. Sofort fand ich die Idee, Jayden etwas zu erzählen, hochgefährlich. Mein Verfolger hatte keine Hemmungen, anderen Menschen etwas anzutun. Ich durfte Jayden auf keinen Fall nicht auch noch in Schwierigkeiten bringen.

»Nein, ist schon in Ordnung...«, seufzte ich schließlich und öffnete meinen Spind, um mein Englischbuch herauszuholen.

Plötzlich fasste Jayden an mir vorbei in mein Schließfach und schnappte mir meine Halloween-Einladung vor der Nase weg. »Du bist auch eingeladen?«, fragte er sichtlich überrascht.

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