Kapitel 12 - Herzensbrecher

8.4K 521 62
                                    

Mit der Gabel stocherte ich in meinem Essen herum und massakrierte die Kartoffeln. Niemand verstand das, was ich durchmachte. Nachdem ich ins Sekretariat gegangen bin, hat der Direktor mir indirekt sogar mit einem Verweis gedroht.

»Allyson, passen Sie in Zukunft besser darauf auf, wie Sie sich verhalten. Wir wollen doch nicht, dass Sie wegen Fehlverhalten von der Schule fliegen«, äffte ich ihn nach. Anders gesagt: Ich soll mich gefälligst zusammenreißen und den Ruf der Bruleshigh bloß nicht ruinieren.

Ich gabelte die versalzenen Kartoffeln in meinem Mund. Das Essen der Cafeteria war wie immer furchtbar. Die Tatsache ganz alleine an einem Tisch zu sitzen und zu wissen, dass über einen geredet wurde, machte es auch nicht besser.

Ich versuchte alle zu ignorieren, aber besonders gut gelang es mir nicht. Die Zeit verging genauso wie in den Fächern, die ich bis jetzt hatte, im Schneckentempo. Bis auf Melissa hatte keiner mehr mit mir geredet. Und so saß ich hier, alleine neben zehn leeren Stühlen und dabei bemüht, mich nur auf mein ungenießbares Essen zu konzentrieren.

Nachdem ich zwei Stunden Mathe überlebt hatte, machte ich mich auf den Weg zum Basketballtraining. Das würde wahrscheinlich sehr amüsant werden, da ich Teamkapitän unserer Mädchenmannschaft war.

Ich zog mich trotz meiner Verletzungen um. Meine Sportsachen waren mir zum Glück erhalten geblieben, da sie sich genauso wie meine Schulbücher während des Brands nicht in meinem Zimmer befunden, sondern in meinem Schließfach hatten.

Als ich die Sporthalle betrat, saßen alle Teammitglieder bereits auf der Bank. Coach Hill joggte auf mich zu. »Guten Tag, Allyson!«, lächelte er mich an. Zumindest eine Person, die über mein Dasein erfreut war.

»Ich habe ein paar wichtige Sachen mit dir zu besprechen«, berichtete er mir, nachdem wir uns auf eine der Bänke gesetzt hatten. Die anderen liefen sich währenddessen warm.

»Was gibt's?«, fragte ich, obwohl ich mir eigentlich schon denken konnte, um was es ging. Nachdem Mom festgenommen wurde, blieb mein Leben wohl nirgendswo verschont. Nun würde sicherlich auch noch meine Stellung als Teamkapitän verlieren.

»Gerade haben sich die Mädchen bei mir beschwert«, fing er an, »Sie wollen dich aufgrund der Umstände nicht mehr als Mannschaftskapitän haben.«

Ich seufzte auf. Ich hatte gehofft, dass es doch um etwas Anderes ging. »Und jetzt wollen sie das ich mein Amt aufgebe, nicht wahr?«, murmelte ich enttäuscht.

Coach Hill schwieg einen Moment, dann fuhr er fort. »Nein, genau das will ich nicht. Allyson, du bist eine tolle Spielerin mit exzellenten Führungsqualitäten. Dich kann keine andere Spielerin ersetzen.«

Meine Miene hellte sich auf.

»Zwar ist es wegen deiner momentanen Lage vielleicht etwas schwieriger zu den Mädchen durchzudringen, aber ich bin mir sicher, dass das kein Problem für dich darstellen wird!«, fügte er zwinkernd hinzu.

Ich konnte es nicht fassen! Der Coach verurteilte mich nicht, sondern gab mir noch mehr Mut und Zustimmung.

Ein Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen.

»Und jetzt los!«, motivierte er mich weiter.

Eifrig nickte ich und ging auf mein Team zu. Die meisten schienen nicht besonders erfreut darüber zu sein, dass ich immer noch Kapitän war, aber das war mir egal. Solange Coach Hill an mich glaubte, war alles gut.

Und so leitete ich das Training und versuchte es noch besser zu machen als sonst. Am Ende trieften alle vor Schweiß.

Da ich mit dem Coach noch einiges bezüglich der Trainingsplanung der nächsten Schulwochen zu bereden hatte, verließ ich als Letzte die Sporthalle.

UnderratedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt