Kapitel 43 - Opfer wider Willen

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»Hilfe!«, schrie ich zum gefühlt hundertsten Mal und hämmerte gegen die verdammte Schranktür. Seit einer halben Stunde tat ich das schon und hoffte immer wieder, dass vielleicht doch jemand in der Schule war oder der Hausmeister mich hörte. Aber es war zwecklos. Niemand kam, um mich aus diesem Schrank zu befreien.

Verbittert verharrte ich am Boden. Ich war gefangen! Ich müsste wohl oder übel bis morgen früh hier drin verharren. Ohne Essen, ohne Trinken. Nachts, ganz alleine.

Erneut haute ich gegen die Tür. »Bitte hilft mir doch jemand!«, flehte ich und vergrub das Gesicht in meinen Händen.

Die ganze Zeit musste ich an Melissas und Brees Gespräch denken. Was zum Teufel hatte Melissa vor und mit was für einen Typen wollte sie sich auf der Halloweenparty treffen? Was war das Zeug, das er besorgen sollte? Wollte Melissa etwas unser Haus abbrennen? So hörten sich die Worte feuriges Spektakel nämlich an! Brees Nervosität hatte mir verraten, das sie etwas Gefährliches vorhatten. Egal, was sie planten, ich hatte Angst. Ich wusste nicht, wozu Melissa in der Lage war.

Plötzlich hörte ich, wie jemand die Tür zu den Umkleiden aufstieß.

Sofort hämmerte ich wie eine Verrückte gegen die Schranktür. »Hier drin! Hilfe!«, rief ich hoffnungsvoll.

Dann kam die Rettung. Jemand schloss die Tür auf. Dieser Jemand entpuppte sich als Collin.

Er musterte mich verwirrt. »Ich hätte echt nicht gedacht, dass du dir ein Vorbild an meinen Verstecken nimmst.«

»Ich habe mich nicht versteckt! Ich wurde eingesperrt!« Aufgebracht war ich die Arme in die Luft.

Collin sah mich überrascht an. »Von wem?«

Bree. Aber das war ja keine Absicht gewesen.

Ich schüttelte den Kopf. »Ist jetzt egal. Das war nur ein Missverständnis. Was machst du eigentlich noch hier?«

Collin rückte aufgeregt seine Brille zu Recht. »Der Chemieclub hat heute eine Extraschicht eingelegt, um den molekularen Aufbau von-«

»Ja, ja! Schon verstanden!«, unterbrach ich ihn und ließ mich erschöpft auf eine der Bänke nieder.

Ich war so verwirrt. Ich wollte wissen, mit was für einem Typen sich Melissa traf!#

Was war, wenn doch Melissa hinter all diesen Sachen steckte und mein Verfolger nur ihr Gehilfe war? Vielleicht wollte sie mir ja etwas Schlimmes antun, weil sie immer noch dachte, dass Mom George Haal ermordet hatte?

Nachdenklich legte ich die Stirn in Falten. Ich musste wissen, inwiefern Melissa diesen George kannte. Wenn er ihr Onkel oder sowas gewesen war, hatte sie ein eindeutiges Motiv.

»Hey, Collin kannst du mir einen Gefallen tun?«

Collins blauen Augen blitzten misstrauisch auf. »Was für einen Gefallen? Nicht, dass Jayden mich am Ende wieder verprügeln will.«

Ich hob die Hände. »Ich will nur wissen, inwiefern Melissa mit George Haal verwandt ist! Nur eine Kleinigkeit!«

Collin weitete die Augen. »Der Mann, den deine Mom beim Raubüberfall getötet hat?«, fragte er entsetzt, wofür ich ihn böse anfunkelte.

»Äh, ich korrigiere: >angeblich< getötet hat!«, stammelte er mit hochrotem Kopf, »Tut mir Leid! War nicht so gemeint!«

Ich seufzte. »Ja, der George! Ich will wissen, ob Melissa irgendetwas mit ihm zu tun hat.«

Collin nickte. »Ja, das kann ich machen, aber ich würde gerne den Grund erfahren!«

Er verschränkte die Arme vor der Brust. Anscheinend wollte er sich dieses Mal nicht wieder so einfach in Schwierigkeiten bringen lassen, was ich echt nachvollziehen konnte.

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