Kapitel 47 - Verfeindete Kämpfer

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Dean war doch so ein netter Kerl. Wie konnte er bloß mit jemandem wie Josh befreundet sein?

Aber andererseits wusste er vielleicht Dinge über Josh, die von Bedeutung sein könnten. Doch ehe ich nachfragen konnte, ging die Haustür auf.

»Dean! Alter Kumpel!«, grinste Josh sichtlich überrascht und schlug direkt mit ihm ein.

Augenrollend beobachtete ich die Begrüßung zwischen den beiden Freunden. Das musste wohl ein Witz sein.

»Aber was macht Parker denn hier?«, fragte Josh schließlich und musterte mich.

Ich starrte ihn nur böse an, weil ich immer noch wütend auf ihn war.

»Allyson hat angefangen bei uns in der Tankstelle zu arbeiten«, sagte Dean plötzlich, wofür ich vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre. Josh würde sich garantiert darüber lustig machen!

Doch das tat er nicht. Ganz im Gegenteil: Er setzte eine ernste Miene auf. »In der Tankstelle?«, fragte er mit einem eiskalten Unterton. Seine harten Gesichtszüge ließen ihn in der Dunkelheit noch bedrohlicher wirken als sonst.

Ich hielt seinem Blick stand und schluckte schwer.

»Hoffen wir mal, dass kein Räuber ausgerechnet dann auftaucht, wenn du am Arbeiten bist«, sagte er mit einem mysteriösen Grinsen.

Auf meinem ganzen Körper machte sich eine unheimliche Gänsehaut breit.

Dean haute ihm gegen den Arm. »Hey, verschreck die Kleine doch nicht!« Er sah mich an. »Er will dir nur Angst machen. Niemand überfällt unsere Tankstelle.«

Josh versuchte mir seit dem Tag unserer ersten Begegnung Angst einzujagen. Das Schlimme war, dass es funktionierte.

»Komm rein, Dean.« Josh hielt ihm die Tür auf und sah mich eindringlich an. »Parker weiß doch, dass das alles nur Spaß ist.«

Das Einzige, was ich wusste, war, dass Josh gerne Lügen erzählte.

Ich funkelte ihn an. »Ich gehe jetzt!«, brummte ich schlecht gelaunt, winkte Dean noch ein letztes Mal zu und verschwand dann, ohne Josh auch nur eines Blickes zu würdigen.

* * *

Entschlossen starrte ich in den Spiegel und zog meinen Zopf fester. Ich hatte mir meine lange Sportleggins angezogen. Unter der Laufjacke trug ich ein altes Top von Josie. Das Outfit war perfekt, um bequem Basketball spielen zu können. Die Wunde war inzwischen kein Problem mehr. Das Einzige, was geblieben war, waren zwei rote Linien. Zwei weitere Narben in meiner Sammlung.

Ich sah auf die Uhr. 13:46 Uhr. Heute Nacht hatte ich noch lange über Deans Worte nachgedacht. Ich war zu dem Entschluss gekommen, dass meine Albträume und alles andere, was mit meiner Vergangenheit zusammenhing, jetzt erst einmal in den Hintergrund treten musste. Es gab Wichtigeres. Ich musste herausfinden, wer mein Verfolger war, um ihn anschließend bei der Polizei anzeigen zu können.

Hastig sprintete ich die Treppen herunter. Ich hatte mir einen guten Plan überlegt. Doch ob er funktionierte, lag allein bei mir. Ich wusste nicht, ob ich die Nerven dazu hatte.

Ich nahm den alten Basketball aus der Abstellkammer und verließ das Haus. Da Onkel Harry und Max nicht zu Hause waren, hatte ich freie Bahn.

Mit festen Schritten lief ich auf Joshs Haus zu. Ich musste es tun. Ich brauchte Informationen. Ich musste einfach mehr über ihn erfahren. Ob er wollte oder nicht, ich würde ihm keine Wahl lassen. Trotzdem würde ich auf sicherem Boden bleiben. Am helllichten Tag konnte er mir nichts tun.

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