Kapitel 24 - Verteidige dich selbst

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Da die Verfolgungsjagd von Samstag mir große Bedenken bezüglich meiner Sicherheit gegeben hatte, machte ich mich am Mittwoch auf den Weg ins Trainingscenter, wo gratis Selbstverteidigungskurse angeboten wurden. Mit dreizehn Jahren hatte ich aufgehört diese Kurse zu nehmen, doch jetzt empfand ich es wieder für nötig. Unglaublich was in der Zeit alles passiert war.

Vorsichtig öffnete ich die Tür und betrat die Sporthalle. Auf einer Bank in der Mitte der Halle saßen bereits ein paar Leute - größtenteils Jugendliche und Erwachsene. Da ich nicht wie eine Außenseiterin am Rand sitzen wollte, steuerte ich direkt auf einen Jungen zu, der mir irgendwie bekannt vorkam. Sein unverkennbar rotes Haar stach mir direkt ins Auge. Erst als er mich schüchtern anlächelte, wusste ich wer er war: Der Typ, dem ich am Samstag meinen Zwei-Dollar-Schein geschenkt hatte!

»Hey«, grinste ich ihn an und setzte mich neben ihm.

Er räusperte sich. »Ähm«, machte er, »Danke nochmal wegen Samstag.« Er zwang sich zu einem Lächeln und kratzte sich am Hinterkopf. Irgendwie war er mit diesen großen blauen Augen hinter den Brillengläsern schon süß.

Ich fragte ihn, warum er hier war. Daraufhin brachte ich in Erfahrung, dass es in der Schule bei ihm nicht so rund lief. Er sprach es nicht aus, aber ich konnte mir denken, dass er von seinen Mitschülern schikaniert wurde und deshalb an diesem Kurs teilnahm.

»Und du? Wieso bist du hier?«, fragte er mich unsicher.

Ich stützte die Hände auf die Knie und senkte den Kopf. »In letzter Zeit fühle ich mich nicht mehr ganz so sicher.«

Er nickte verständnisvoll.

Als sich die Tür zur Sporthalle öffnete, kam eine hübsche Brünette zum Vorschein, die direkt auf uns zu lief.

»Louis«, grinste sie und fiel dem schüchternen Jungen, der sofort aufsprang, in die Arme.

Louis. So hieß er also. Und er hatte eine Freundin? Mein Herz begann zu schmelzen. Das war ja so süß!

»Hey!«, grinste mich das Mädchen an, als sie meinen Blick bemerkte, »Bist du neu hier?«

Sofort fiel mir ihr Nasenpiercing auf. Aber das war nicht das Besondere an ihr, sondern ihre unglaublich schönen Augen, die wie Smaragde leuchteten.

»Ja, kann man so sagen«, lächelte ich sie an, »Ich bin Allyson.«

»May«, stellte sie sich vor und machte eine ausschweifende Handbewegung, um sich zu präsentieren. Mir fiel auf, dass sie von ihrem Auftreten das Gegenteil von Louis war. Er war eher introvertiert und schüchtern, sie selbstbewusst und offen - das perfekte Gegenstück.

»Wie lange macht ihr das schon?«, erkundigte ich mich.

»Ach, seit drei Wochen. Das war meine Idee. Louis wird das sicherlich helfen«, sie deutete auf ihren Freund, wohingegen er verlegen den Kopf senkte.

Ehe ich ein Wort erwidern konnte, echote eine Männerstimme durch die Halle: »So Leute, das Training beginnt!«

Voller Vorfreude klatschte ich in die Hände und blickte zu unserem Trainer. Doch im selben Moment verging mir das Lachen.

Das durfte doch nicht wahr sein.

Mir sank das Herz in die Hose, während ich Josh mit geweiteten Augen anstarrte.

Josh? Er war unser Trainer? Wieso gab er Selbstverteidigung? Er war doch derjenige, vor dem man sich fürchten musste!

Als er mich sah, schlich sich ein breites Grinsen auf seine Lippen.

Oh, oh, das war gar nicht gut!

»In der heutigen Trainingseinheit behandeln wir den Würgegriff von hinten!«, fing er an zu erzählen, als alle sich in einem Kreis um ihn herum aufgestellt hatten. Sein Blick wanderte durch die Runde und blieb bei mir hängen.

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