Kapitel 90 - Happy Birthday

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Der übernächste Tag war mein Geburtstag. Der 24. November.

Die erste Überraschung kam mir entgegen, als ich aus dem Fenster blickte. Alles war weiß! Jeder Ast war mit einen Hauch von Kristallen bedeckt und glitzerte im Schein der Sonne. Es hatte zum ersten Mal geschneit.

Ich schlug die Fenster auf und zog die eiskalte Luft ein.

Mein achtzehnter Geburtstag. Hoffentlich ging heute nichts schief.

Ich beschloss, frühstücken zu gehen. Als ich die Küche betrat, kam mir ein herzhafter Duft entgegen. Neugierig betrachtete ich den Tisch, der schön dekoriert war. Mein Blick blieb an den leckeren Pancakes und dem Obstsalat hängen.

Keine drei Sekunden später kam mein Onkel in die Küche. Mit einem breiten Lächeln grinste ich ihn an. »Das wäre doch nicht nötig gewesen!«, lachte ich und fiel ihm direkt um den Hals.

Onkel Harry erwiderte meine Umarmung. »Doch natürlich ist das alles nötig! Allyson, alles Gute zum achtzehnten Geburtstag!«, gratulierte er mir und strich mir über den Rücken.

»Danke!«, brachte ich glücklich hervor und hielt ihn länger als nötig in den Armen. Der Wunsch, Onkel Harry als Vater zu haben, wurde von Tag zu Tag größer. Er gab sich so viel Mühe und war ein unglaublich liebevoller und gütiger Mensch. Man konnte nicht anders, als ihn einfach zu lieben.

Wir setzten uns an den Küchentisch und begangen zu essen. Nach einer Weile fiel mir das einzig Traurige ein. »Schade, dass Max jetzt nicht da ist...«, meinte ich und nahm noch einen Bissen.

Onkel Harry grinste mir aufmunternd zu. »Allyson, wenn du willst können wir ihn jederzeit besuchen! Lukes Mutter hat nichts dagegen.«

Ich nickte. Er hatte Recht. Nichts hielt mich davon ab Max zu sehen.

»Wenn du fertig mit Frühstücken bist, erwartet dich noch eine Überraschung«, sagte mein Onkel plötzlich.

Ich hob meine Gabel. »Hey, ich habe dir doch gesagt, dass ich kein Geschenk will!«

Er schüttelte den Kopf. »Zu spät. Ich habe dir schon eins besorgt!«

Obwohl ich wirklich nicht beschenkt werden wollte, brachte ich ein Lächeln zustande.

Nachdem wir fertig gegessen hatten, räumten wir den Tisch ab. Während ich die Gläser und Teller in die Spülmaschine räumte, verschwand Onkel Harry kurz. Er holte offensichtlich das Geschenk.

Die Neugier packte mich. Was er mir wohl geholt hatte?

Ich stützte mich am Tresen ab und wartete ab. Dann fiel mein Blick auf die Zeitung von heute. Jegliche gute Laune war wie weggeblasen, als ich die Schlagzeile las:

>> PROZESS GEGEN ROSE PARKER <<

Sofort verschlang ich jedes einzelne Wort, aber ich wünschte mir, ich hätte es nicht getan.

Als ich fertig war, musste ich mich vor Übelkeit hinsetzen. Verkrampft versuchte ich mir die Tränen zu unterdrücken. Zwei Wochen. In zwei Wochen müsste Mom sich vor Gericht verantworten. Dann würde entschieden werden, ob sie freigesprochen oder für immer im Gefängnis schmoren wird. Alle Beweise sprachen für ihre Schuld.

Und mein Vater war der einzige Zeuge - ein Krimineller. Ein Mann, der bereits vier Jahre im Knast gesessen und seinen eigenen Sohn entführt hatte. Die Chancen standen nicht nur schlecht, sie waren kaum da.

Ich presste die Lippen aufeinander. Zwei Wochen und die Geschworenen würden sich dafür entscheiden, meine Mutter für immer wegzusperren.

Ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen. Mein Bruder würde ohne Mutter aufwachsen! Er hatte doch schon keinen Vater gehabt. Und dann auch noch keine Mutter?

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