Kapitel 27 - Fester Freund

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»Komm schon, Allyson!«, forderte Max mich auf und zerrte mich hinter sich her.

Gähnend folgte ich ihm. Ich war fertig. Die ganze Nacht hatte ich kein Auge mehr zugetan. Die blutige Nachricht ließ mich selbst jetzt auf dem Weg zur Schule noch erschaudern.

Welcher Mensch war bitte so krank, mit echtem Blut an das Fenster anderer zu schreiben? Spätestens jetzt wusste ich, dass ich es vermutlich mit einem Wahnsinnigen zu tun hatte. Ich fragte mich, was ich bloß falsch gemacht hatte. Warum hat man es so sehr auf mich abgesehen? Ich hatte doch nichts Unrechtes verbrochen!

Verzweifelt folgte ich Max, der hoch motiviert Richtung Kindergarten lief. Und dieser heftige Muskelkater machte es mir auch nicht gerade leicht. Ich hatte keine Kraft mehr. Wie sollte ich diesen Schultag nur überleben?

Nachdem ich mich von Max verabschiedet hatte, lief ich weiter Richtung Schule. Am liebsten wäre ich mit Onkel Harrys Mustang zur Schule gefahren, aber leider war der Tank leer. Und ich konnte es mir nicht leisten, wieder aufzutanken. Ich schuldete Jayden nämlich noch locker 150 Dollar. Ich hatte zwar eine Idee, wie ich an ein bisschen Geld kommen könnte, aber das müsste wohl bis nach der Schule warten.

Das Einzige, was mich momentan positiv stimmen konnte, war der Gedanke, morgen endlich Danny wieder zu treffen. Er war einer der Wenigen, die mich trotz Moms Haft immer noch akzeptierten. Vielleicht könnte ich mit ihm wieder all meine Sorgen vergessen.

Wäre da nicht noch Jayden, mit dem ich ebenfalls auf diese Party gehen musste! Zwei verschiedene Dates auf einer Party und keiner durfte etwas vom anderen wissen. Das konnte doch nur schiefgehen.

Mit schlechter Laune betrat ich das Schulgebäude. Während ich durch die Flure ging, fiel mir auch, dass viele meiner Mitschüler schmunzeln mussten, als sie mich erblickten. Wieder war da leises Geflüster, das mich stutzig machte.

Ich runzelte die Stirn. Eigentlich hatten sich die Diskussionen um meine Mutter und mich etwas gelegt. Was war jetzt das Gesprächsthema? Hatte irgendjemand ein neues Gerücht über mich verbreitet?

Plötzlich kam mir Melissa entgegen. Auf ihren Lippen trug sie ein siegessicheres Grinsen. Ich verdrehte die Augen, als sie vor mir stehen blieb. »Was willst du?«, brummte ich.

Ihre grünen Augen gifteten mich an. »Allyson, ich wusste ja gar nicht, dass du so verzweifelt bist!«, kicherte sie und hielt mir ihr Handy vor die Nase.

Es begann ein Video.

Von Collin und mir?

In seinem Zimmer!

Mit geweiteten Augen verfolgte ich das Geschehen. Das Video stammte eindeutig von dem Tag, an dem ich Collin besucht und ihm den Zettel gegeben hatte. Verdammt, wusste jetzt etwa jeder, was für einen Auftrag ich ihm gegeben hatte?

Doch dann musste ich feststellen, dass das Video gar nicht darauf abzielte. Die abgespielte Szene erweckte einen ganz anderen Anschein. Im Video fiel ich Collin überglücklich um den Hals, woraufhin er meine Umarmung erwiderte. »Und das bleibt wirklich zwischen uns? Niemand wird davon erfahren?«, fragte ich. Collin nickte. »Nur wir beide! Das verspreche ich dir!« - »Gut, dann gehe ich jetzt! Du bist ein echter Schatz!«, lachte ich und verschwand hinter der Tür. Dann war das Video vorbei.

Mir fiel der Mund auf. Das Video zeigte zwar nur einen kleinen Ausschnitt, aber ausgerechnet diese Stelle kam total falsch rüber. Ich wusste, worauf Melissa hinaus wollte. Es sah eindeutig so aus, als wären Collin und ich heimlich ein Paar.

»Es ist nicht so wie es aussieht!«, brachte ich entsetzt hervor.

»Natürlich nicht!«, gluckste Melissa und machte, nachdem sie sich schwungvoll die braunen Locken über die Schulter geworfen hatte, einen Abgang.

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