Kapitel 23 - Schulden über Schulden

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Müde schlug ich meinen Spind zu. Ich war einfach nur erschöpft. Gestern hatte ich mir nämlich die ganze Zeit den Kopf darüber zerbrochen, wie ich an Moms DNA kommen sollte. Letztendlich war ich zu dem Entschluss gekommen, damit erstmal zu warten. Vielleicht gab es auf dem Zettel nicht einmal Spuren? Dann wäre alles umsonst gewesen. Außerdem musste ich die ganze Zeit an Jayden denken. Ich hatte nicht einmal die Hälfte von der Summe, die ich ihm schuldete. Verzweifelt raufte ich mir das Haar und machte mich auf den Weg zum Basketballtraining.

»Guten Tag, Coach Hill!«, begrüßte ich unseren Trainer mit einem Lächeln und lief mich warm. Die anderen Teammitglieder waren noch in der Umkleide und zerbrachen sich wahrscheinlich das Maul über mich. Nach wie vor weigerten sich alle mit mir zu reden. Stattdessen erachteten es alle für sinnvoller, hinter meinem Rücken über mich herzuziehen. Von Meggie hatte ich seit Samstag auch kein Wort mehr gehört. Wahrscheinlich hatte sie keine Möglichkeit gehabt, mich heimlich anzurufen.

Während ich abwechselnd meine Beine dehnte, dachte ich an Danny. Ich konnte es kaum erwarten, mit ihm auf die Party zu gehen. Dann könnte ich endlich wieder auf andere Gedanken kommen. Aber bis dahin gab es leider noch eine Menge zu tun.

Als ich nach dem Training noch einmal zu meinem Schließfach musste, wartete Jayden dort auf mich. Ich umfasste meine Tasche fester und verlangsamte meine Schritte. Ich hatte gehofft, ihm nicht zu begegnen, aber anscheinend musste es so kommen. »Hallo«, murmelte ich befangen und öffnete meinen Spind, während Jayden mich von der Seite musterte.

Sofort kam er auf den Punkt. »Wo ist mein Geld?«

Nervös starrte ich überall hin, aber bloß nicht in seine Augen. »Ich... ich habe es nicht...«

»Das ist ein Witz, oder?«, lachte Jayden überzeugt auf und stieß mir in die Seite.

Schön wär's! Ich schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf.

Jayden verging das Lachen.

Ich zupfte zaghaft an meinem Pullover herum. »Ich habe leider nur ungefähr die Hälfte«, fügte ich schließlich hinzu. Die Situation war mir unangenehm. Ich hatte ihm fest versprochen, das Geld heute zu haben.

Jayden war enttäuscht. »Allyson, ich brauche dieses Geld ganz dringend.«

»Du hast doch genug Geld. Schon vergessen? Familie ist reich«, platzte es aus mir heraus. Er besaß einen verdammten Lamborghini! So ein Wagen war arschteuer.

Jayden lachte verbittert auf. »Wenn es so wäre, würde ich doch nicht bei dir ankommen!« Auf einmal war er derjenige, der meinem Blick auswich.

»Wie meinst du das?«

Jayden zögerte, dann sah er sich hastig im Schulflur um. Scheinbar wollte er nicht, dass jemand uns hörte. Dies bestätigte sich, als er mich plötzlich am Handgelenk fasste und in die Besenkammer zog.

Er schloss die Tür hinter sich und drehte sich zu mir. »Irgendein Vollidiot hat sich an unseren Konten zu schaffen gemacht!«, begann er aufgebracht zu erzählen, »Wir sind am Arsch! Genauso wie deine Familie!«

Ich zog die Augenbrauen hoch. Jaydens Familie war ebenfalls davon betroffen? Mom, Max und ich waren nicht die Einzigen?

»Zum Glück haben wir im Safe noch genug Geld, um jemanden auf den Fall anzusetzen, aber bis dahin, müssen wir vom Lohn meiner Mutter leben«, erzählte er mit verbitterter Miene, »Deshalb brauche ich das Geld.«

Jaydens Vater, der einen unglaublich hochbezahlten Beruf ausübte, hatte eine Operation hinter sich und musste deshalb für mehrere Wochen aussetzen. Und da seine Mutter nur einen kleinen Nebenjob hatte, verstand ich wo das Problem lag.

»Reicht dir nicht erst einmal die Hälfte?«, fragte ich schüchtern, »Den Rest zahle ich dir wann anders zurück.«

Jayden schien von meiner Idee nicht so begeistert zu sein, was ich wirklich nachvollziehen konnte, aber andere Möglichkeiten hatte ich nicht. »Komm schon, bitte!«, flehte ich ihn an und nahm seine Hand in meine.

Nachdenklich sah er mich an. »In Ordnung«, gab er schließlich nach, »Aber in spätestens zwei Wochen musst du den Rest haben.«

Ich nickte. Das bedeutete wohl noch eine Schicht Kuchenbacken.

»Allyson?«, fragte er leise. »Bitte erzähle niemanden davon, ja?« Ich sah Jayden zum ersten Mal verzweifelt.

»Keine Sorge. Ich schweige wie ein Grab!«, sagte ich und drückte aufmunternd seine Hand, »Das wird schon wieder!« Wenn es mich nicht umbrachte, dann überlebte er das auch.

»Hoffentlich«, seufzte er und nahm mich in den Arm.

Ich stockte. Okay, das war eindeutig wieder seine Macho-Seite. So verzweifelt war Jayden nicht, dass er wie ein Baby getröstet werden musste. Er nutzte die Situation aus. Kurz erwiderte ich seine Umarmung, dann drückte ihn behutsam von mir weg.

»Weißt du, was mich noch mehr aufheitern würde?«, fragte er mich plötzlich. Auf seine Lippen lag ein Grinsen, das nichts Gutes zu verheißen mochte.

Ich ließ die Schultern sacken. Und da war er wieder - der Jayden, den ich kannte. Da ich wusste, was seine Antwort war, wollte ich mich so schnell wie möglich, an ihm vorbei zur Tür mogeln. Doch leider kam er mir zuvor und versperrte mir mit seinen Armen den Weg. »Du kriegst keinen Kuss, Jayden!« Mahnend hob ich den Finger.

Er lachte auf. »Das weiß ich doch, aber vielleicht änderst du deine Meinung am Freitag.«

»Freitag?«

Jayden grinste. »Du und ich werden am Freitag auf eine der angesagtesten Partys des Jahres gehen! Im Headclub in Raystown. Ich akzeptiere kein nein, sonst fordere ich das restliche Geld auf der Stelle zurück!«

Mir klappte der Mund auf. Ich wusste, dass Jayden eiskalt war, aber das ging ja fast schon in Erpressung über! Und die Tatsache, dass er mit mir auf dieselbe Party gehen wollte, auf die Danny mich schon eingeladen hatte, machte die ganze Situation noch schlimmer.

»Eine Frage hätte ich da noch«, sagte ich genervt, nachdem ich Jayden das Geld gegeben hatte. »Wenn du dich in so einer Notlage befindest, wieso gehst du dann nicht einfach arbeiten?« Ich hatte auch schon überlegt, mich nach einem kleinen Nebenverdienst umzusehen. Vielleicht genauso wie Danny in einem schicken Café?

Jayden zog die Augenbrauen hoch. »Mein Image wäre ruiniert!«

Sein Image? Darüber machte er sich Sorgen? Darüber, was andere von ihm denken könnten?

Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Wenn dir dein Image wichtiger als deine Gefühle ist, dann brauchst du am Freitag auch nicht mit mir auf die Party zu gehen.«

Jayden schmunzelte. »Du willst also Gefühle sehen?«, flüsterte er plötzlich und kam mir näher.

Ich stieß ihn weg. So wie Jayden sich aufführte, würde er bei mir niemals eine Chance bekommen. Ich hasste es, wie er jedes hübsche Mädchen anschmachtete. Ich wusste, dass ganz tief in ihm drin auch ein guter Geist schlummerte. Das Problem war, ihn herauszulocken. »Weißt du was?«, seufzte ich schließlich, »Dein Verhalten ist das Problem! Das bist nicht du! Hör auf jemand sein zu wollen, der du nicht bist!«

Und mit diesen Worten suchte ich mir den Weg aus der Besenkammer. Doch Jayden rief mir noch etwas hinterher. »Am Freitag zeige ich dir mein wahres Ich, versprochen!«

Das war gelogen. Ich sah es schon vor meinen Augen: Jayden würde die ganze Zeit lächerliche Anmachsprüche ziehen, anderen Mädchen auf den Hintern glotzen und dann so dermaßen betrinken, dass er nicht einmal mehr wusste, wer ich war.

Ich hatte schon so einige Geschichten über ihn gehört. Und immer kamen heiße Frauen und Geld darin vor. Sein Lamborghini war ohnehin die perfekte Karre zum Abschleppen. Man konnte es auch so sehen: Jayden hatte jedes Wochenende unheimlich viel Spaß.

Schnaubend verließ ich das Schulgelände. Ich wollte mit ihm nicht auf diese Party. Wenn sie wenigstens an einem anderen Tag wäre, hätte ich es eher vertragen können, aber nein. Es musste ja ausgerechnet dieselbe Party sein, zu der Danny mich eingeladen hatte! Ich hoffte, dass ich zumindest so aufkreuzen konnte, dass Jayden und Danny nichts voneinander merkten. Ich mochte Danny nämlich echt gerne und wollte nicht, dass Jayden es ruinierte.

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