Teil 15 - Was ist das Wichtigste?

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"Ich glaub mir wird schlecht." sagte ich und hielt mir die Hand vor den Mund.
"Nicht hier im Aufzug, wir sind ja gleich oben." Harry strich mir über den Rücken und schloss die Tür auf, nachdem wir aus dem Lift geeilt waren. Ich lief sofort ins Bad, klappte den Toilettendeckel hoch und übergab mich. Ich hörte Schritte hinter mir und spürte dann, wie Harry meine Haare hielt und mir über den Rücken strich. Mehrmals übergab ich mich und fühlte mich dabei elend. Für mich war es nicht nur schlimm, dass ich mich wegen des Alkohols übergab. Viel schlimmer war es, dass ich es vor Harry tat. Als das Ziehen in meinem Bauch nachließ, sackte mein Körper nach hinten. Ich hatte keine Kontrolle über ihn. Zum Glück fing Harry mich auf. Ich wollte mich aufrichten und das selber machen, weil die ganze Situation schon unangenehm genug war, doch es ging nicht. Harry legte seine Arme um mich und hielt mich fest. Als ich versuchte, etwas zu sagen, jedoch nichts raus kam, hob er mich hoch und trug mich ins Schlafzimmer. Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und ließ es geschehen. Vorsichtig legte er mich auf das Bett und zog mir die Stiefel ab. Sanft strich er mir über die Wange und die Haare aus dem Gesicht.
"Ich hole dir schnell etwas Wasser und einen Eimer.", flüsterte er. Ich nickte, doch er war wohl schon weg. Kurz darauf kam er wieder und ich hörte, wie er alles abstellte. Er deckte mich zu und wollte wieder gehen.
"Harry?", krächzte ich mit heiserer Stimme.
"Ja?", fragte er und setzte sich neben mir auf das Bett.
"Kannst du hier bleiben?" Er deckte mich zu und strich mir erneut über die Wange.
"Natürlich. Ich hole nur schnell noch etwas." Harry ging und sofort vermisste ich ihn. Ich mochte es nicht, alleine zu sein und in diesem empfindlichen Moment noch weniger. Ich drehte mich auf den Rücken und sah an die Decke. Meine Sicht war noch leicht verschwommen, doch nachdem ich ein paar mal geblinzelt hatte, wurde sie klar. Voll beladen kam Harry zurück in den Raum und setzte sich neben mich.
„Stört es dich, wenn ich etwas fern sehe?", fragte er und deckte sich zu.
Ich drehte mich auf die Seite und sah ihn an.
„Nein, kannst du gerne machen." Harry nahm die Fernbedienung und schaltete das Gerät ein. Ich zog die Decke etwas höher und rückte zu Harry. Er legte seinen Arm zu meiner Seite, sodass ich meinen Kopf darauf platzieren konnte. Während Harry nun fern sah und dabei etwas Schokolade aß, beobachtete ich ihn.
„Wie geht es deinem Magen?", fragte er plötzlich. Ich senkte den Blick.
„Ganz gut. Zumindest besser als eben noch. Und deinem?" Harry lachte und zwickte mich etwas in die Seite.
„Gut, nur etwas hungrig. Bist du müde?", fragte er. Ich sah zu ihm auf und er zu mir herab. Dann schüttelte ich den Kopf.
„Du?" Auch Harry schüttelte den Kopf. Ich lächelte und lehnte meinen Kopf auf seine Brust. Harry strich mir über den Rücken und drückte mich noch etwas an sich. Dort ruhte ich gemütlich für die nächsten Minuten und dachte nach.
Wieder drehten sich meine Gedanken um Lucas und das ganze Chaos, das er verursachte. Wie sollte ich damit nur am besten umgehen? Ich wollte mich mit ihm treffen und es schien tatsächlich so zu sein, dass da noch etwas zwischen uns war. Doch die Zweifel blieben. War es wirklich so, wie meine Mum und Lya sagten? Konnte er sich überhaupt ändern oder würden wir bald wieder in die selben Muster zurückfallen, wegen derer wir uns getrennt hatten? Zurzeit sah es noch nicht so aus, doch mich drauf verlassen wollte ich auch nicht. Ich wusste nicht einmal, ob ich im Moment eine Beziehung wollte. Brauchen tat ich sie sicher nicht. Es war ja nicht mal unwahrscheinlich, dass sie alles verkomplizieren würde. Außerdem hatte ich ja auch noch Ha-
„Mary? Schläfst du schon?", flüsterte Harry. Schmunzelnd öffnete ich meine Augen und sah zu Harry auf. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass meine Augen zugefallen waren.
„Nein. Wie spät ist es?", fragte ich und gähnte.
„Kurz nach 2. Wie geht's dir?"
„Gut und dir?" Ich zog die Decke höher und kuschelte mich in das Kissen. Harry lächelte und legte sich mir direkt gegenüber.
„Gut. Sehr gut sogar, jetzt wo ich was gegessen habe.", sagte er und lächelte. Ich lachte und legte meine Hand auf seine. Harry umfasste meine und drückte sie leicht. Ich schloss meine Augen und lächelte. In diesem Moment war ich glücklich.
Nicht, weil ich von Lucas begehrt wurde oder weil ich in meinem Metier so erfolgreich war. Ich war glücklich, weil es mir gut ging und ich Harry bei mir hatte. Selbst wenn wir nichts taten, als nebeneinander zu liegen und zu schweigen. Er war bei mir und das war alles was zählte.
„Mary?"
„Ja?", antwortete ich und öffnete ein Auge.
„Stört es dich, wenn ich mich umdrehe?" Ich schmunzelte aufgrund dieser Frage und schloss mein Auge wieder.
„Nein, mach ruhig."
„Gut", sagte Harry und drehte sich dann um. Ich hielt meine Decke fest, damit er sie nicht mit sich zog. Als er wieder still und leise lag, öffnete ich meine Augen. Die Lücke zwischen uns störte mich. Ich hatte es gemocht, wie Harry meine Hand gehalten hatte. Es war schön, zu spüren, dass jemand da war. Außerdem gab es mir das Gefühl, als würde er mich jederzeit halten, egal, was passieren würde. Ohne lange darüber nachzudenken schloss ich den Spalt zwischen uns, indem ich zu Harry ran rutschte. Ich legte meinen Arm um seinen Bauch und meinen Kopf in seinen Nacken. Erst rührte Harry sich nicht, doch dann griff er nach meiner Hand und zog sie etwas höher. Sie lag in seiner und wurde ganz umschlossen.
„Gute Nacht.", murmelte Harry. Ich grummelte, da ich schon den Reich der Träume entgegen driftete. Kurz bevor ich einschlief, fühlte ich noch, wie Harry einen sanften Kuss auf meine Hand hauchte. Mit einem wohligen Gefühl im Magen schlief ich ein.

Roses (II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt